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Vollzeit-Vater mit Beruf

Holger Vogel
Holger Vogel

Im Interview Holger Vogel, Veranstalter der women&work

Bonn. Holger Vogel ist geschäftsführender Gesellschafter der AoN – AGENTUR ohne NAMEN, die als Initiatorin der women&work, Deutschlands größtem Messe-Kongress für Frauen, 2012 mit dem Innovationspreis „Land der Ideen“ ausgezeichnet wurde. Der gelernte Industriekaufmann und studierte Betriebswirt ist ein „Vollzeit-Vater mit Beruf“. Im Interview nimmt er Stellung zum Thema Gleichberechtigung und Gleichstellung von Männern und Frauen und sagt: „Der Mann als Alleinverdiener ist in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ein gefährliches Modell. Wenn Männer und Frauen beide erwerbstätig sind, verteilt sich der Druck der Familiensicherung auf zwei Schultern — das kommt Männern und Frauen zugute.“

Frage: Sie veranstalten seit vier Jahren gemeinsam mit Ihrer Frau, Melanie Vogel, die women&work. Was war Ihre Intention als Mann, einen reinen Frauenevent mit zu organisieren?

 

Holger Vogel: Ich bin ein Vollzeit-Vater mit Beruf und habe von Beginn an das gesamte Familienmanagement mit meiner Frau geteilt. Ich genieße das und habe es mir von Anfang an so gewünscht. Allerdings kenne ich viele Eltern-Paare, bei denen das anders läuft. Ich kenne Frauen mit Kindern, die vom Headhunter abgewiesen werden mit der Begründung „Mit Kindern kann ich sie nicht vermitteln“, ich erlebe Frauen, die an der Doppelbelastung von Beruf und Familienmanagement chronisch unter Stress und Überforderung leiden und Männer, die sich wünschten, mehr Zeit für die Familie haben zu können, aber beruflich im Hamsterrad gefangen sind. Ich erlebe jeden Tag, wie positiv es für die ganze Familie ist, dass meine Frau und ich uns sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich als gleichwertige Partner auf Augenhöhe treffen. Mit der women&work wollen wir vielen anderen Frauen ebenfalls die Möglichkeit geben, diese Form der Unabhängigkeit aber auch die Form der Gleichberechtigung auf Augenhöhe zu erreichen.

Frage: Warum ist für Sie Gleichberechtigung auf Augenhöhe so wichtig?

Holger Vogel: Die Globalisierung lässt uns meiner Meinung nach gar keine andere Wahl, als Männer und Frauen gleichwertig zu behandeln, wenn wir den Wohlstand in unserem Land aufrecht erhalten wollen. Wenn Männer und Frauen beide erwerbstätig sind, verteilt sich der Druck der Familiensicherung auf zwei Schultern — das kommt Männern und Frauen zugute. Außerdem ist der Mann als Alleinverdiener in den volatilen Zeiten, in denen wir leben, ein gefährliches Modell. Wir kennen genügend Familien, in denen der Mann die alleinige Versorgerrolle einnimmt und dessen Job momentan auf wackligen Füßen steht. Der finanzielle und existenzielle Druck in diesen Familien ist immens. Wir selbst betrachten unsere Familie als eine Art Kleinunternehmen. Nur wenn alle Beteiligten mitziehen und für den Erhalt — auch den wirtschaftlichen — der Familie sorgen, ist die langfristige Existenz der Familie gesichert.

Melanie Vogel
Melanie Vogel

rage: Welche Rollenaufteilung leben Sie gemeinsam mit Ihrer Frau?

Holger Vogel: Haben wir eine Rollenaufteilung? Ich bin mir da gerade gar nicht sicher. Auf keinen Fall haben wir die klassische Rollenverteilung — ich als Mann verdiene das Geld und meine Frau kümmert sich um Haushalt und Kind. Ich hab mehr Windeln gewechselt als meine Frau, Hausaufgabenbetreuung ist mein Job, ich koche und kaufe ein. Bin ich jetzt deswegen ein Softie, so wie die modernen Männer gern betitelt werden? Aus meiner Sicht ganz sicher nicht. Im Gegenteil, ich genieße meine Rolle sehr, weil ich das Aufwachsen unseres Sohnes live und täglich miterleben darf. Allerdings ist es meistens so — angefangen vom Kinderturnen und Kinderschwimmen bis hin zum Abholen unseres Sohne von der Schule — dass ich der einzige Mann weit und breit bin. Früher wurde in diesen Situationen häufig vermutet, ich sei arbeitslos.

Frage: Hat Sie diese Unterstellung nicht auch geärgert?

Holger Vogel: Die Einstellung, die offensichtlich hinter dieser Unterstellung steht, deutet auf ein völlig veraltetes Rollendenken, das absolut nicht mehr zeitgemäß ist. Mich ärgert das Rollenbild, die Unterstellung selbst ist ja nur eine Folge. Wir haben mit Beginn des Internetzeitalters ganz andere Möglichkeiten der Zusammenarbeit entwickelt, die auch die klassischen Formen von Arbeitsorganisation revolutionieren könnten, wenn wir es zuließen. Durch die gewonnene Flexibilität könnte der Familienalltag vieler Familien individueller gestaltet und erleichtert werden. Vielleicht ist unsere Familie hier noch Vorreiter, aber wenn man Aussagen der Generation Y zu Familienplanung liest und hört, wird sehr schnell deutlich, dass die Unternehmen zukünftig gezwungen sein werden, sich dieser durch die Technologie errungenen Flexibilität anpassen zu müssen, so dass die familiäre und berufliche Lebensplanung stärker miteinander verschmelzen können.

 

Frage: Sind Sie ein Befürworter der Quote?

Holger Vogel: Ich halte die Quote für ein wichtiges Instrument, um verkrustete Strukturen in den Unternehmen aufzubrechen und einen lange überfälligen Kulturwandel in den Unternehmen einzuleiten. Allerdings ist eine Quote bei Aufsichtsräten alleine nicht zielführend. Ohne entsprechende Quote auch auf Vorstands- und Top-Management-Ebene ist der von der Politik gewünschte Kulturwandel in den Unternehmen nicht realisierbar.

 

Frage: Wie nehmen Sie andere Väter in ihrem Umfeld wahr?

Holger Vogel: Was mir auffällt ist, dass viele Väter immer williger sind, auf Karriereoptionen verzichten, um mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können. Und das finde ich richtig. So wie es für Frauen möglich sein muss, frei zu entscheiden, beruflich erfolgreich zu sein und dennoch eine Familie zu haben, so sollte es in gleichem Maße auch für Männer möglich sein, neben ihrem Job ausreichend Zeit für die Familie zu haben und dort auch Aufgaben des Familienmanagements mit zu übernehmen. Wir als Eltern sind Vorbilder für unsere Kinder. Wenn wir nach wie vor alte Rollenbilder vorleben, brauchen wir uns nicht wundern, wenn unsere Kinder später wieder in diesen alten Rollenbilder zurückfallen. Wir haben jetzt die Chance, neue Rollen zu formen und zu definieren und wir sollten sie nutzen.

 

Frage: Haben Sie als Mann Vorbilder, an denen Sie sich orientieren, wenn es um ein neues Rollenmodell geht?

Holger Vogel: Leider nein! Ich fühle mich oft als Pionier, was ich per se nicht schlimm, sondern sehr spannend finde. Ich hab mich schon immer wohl gefühlt, wenn ich meinen eigenen Weg gehen konnte — und genau das tue ich. Letztendlich muss jede Familie auch ihren individuellen Weg finden, miteinander zu leben. Was unserer Familie gut tut, muss nicht zwangsläufig auch für andere Familien gut und richtig sein. Freiheit bedeutet in allererster Linie, Dinge nicht tun zu müssen, die man nicht tun will. Ich will aktiv beteiligt sein am Großwerden meines Sohnes. Darum lebe ich mit meiner Frau ein Familien- und Berufsmodell was vielen nach wie vor exotisch anmutet, im 21. Jahrhundert aber eigentlich selbstverständliche Realität sein sollte.

 

Frage: Welche Tipps können Sie jungen Männern geben, die ihre Familienplanung noch vor sich haben?

Holger Vogel: Zuerst einmal: Machen Sie sich klar, was Sie wollen und reden Sie offen mit Ihrer Partnerin, wie Sie sich die gemeinsame Lebensplanung mit Kind vorstellen. Je offener Sie über Ihre Wünsche und Erwartungen sprechen, umso entspannter wird das Zusammenleben langfristig. Treffen Sie eine intelligente Arbeitgeberwahl und suchen sich ein Arbeitsumfeld, in dem Sie die Freiheit haben, Beruf und Familie flexibel vereinbaren zu können. Achten Sie auf die Qualität des Diversity-Managements bei Ihrem potenziellen Arbeitgeber, denn dies ist auch ein Gradmesser für den Respekt, den man Ihnen als Individuum entgegen bringt. Haben Sie den Mut, Ihre Familienmangement-Vorstellungen auch beim Arbeitgeber klar zu positionieren. Denn wenn auch die Männer z.B. feste Familienzeiten einplanen, findet in den Unternehmen ein Kulturwandel statt, der nicht nur aus Rücksicht auf die Frauen eingeleitet wird, sondern auch aus Rücksicht auf die Männer, die für ihre Familie da sein wollen. Und dann sind wir wieder am Punkt der Gleichstellung von Männern und Frauen angelangt. Wir brauchen sie dringend, denn sowohl Männer als auch Frauen werden davon profitieren — und damit auch die Unternehmen.

 

Über Holger Vogel

 

Holger Vogel, Vollzeit-Vater und geschäftsführender Gesellschafter der InnoLead Academy und der AoN – AGENTUR ohne NAMEN, die als Initiatorin der women&work, Deutschlands größtem Messe-Kongress für Frauen, 2012 mit dem Innovationspreis „Land der Ideen“ ausgezeichnet wurde. Er ist Initiator der PechaKucha-Nights in Bonn, einem innovativen Vortragsformat aus Japan. Als Business-Incubator und Innovation-Coach sind seine Spezial-Gebiete Innnovations-Management und kreative Problemlösung. Holger Vogel ist Entrepreneur. Seine große Stärke ist Ideen-Infiltration, Unternehmergeist und eine intuitive Weitsicht für Themen, Trends und Märkte. Seit 2013 ist Holger Vogel Mitglied im Innovations-Netzwerk der Stanford University.

 

Über die women&work

 

Auf der women&work, Deutschlands größtem Messe-Kongress für Frauen, treffen am 25. April 2015 in Bonn karriereorientierte Besucherinnen knapp 100 Top-Unternehmen aus der deutschen Wirtschaft. Vorterminierte Vier-Augen-Gespräche, Kontakte am Messestand und ein umfangreiches Kongress-Programm helfen den Besucherinnen beim persönlichen Networking und bei ihrer Karriereplanung. Die fünfte women&work steht ganz im Zeichen des Themas „Wertschöpfung Mensch“.

 

Im Fokus von Vorträgen und Podiumsdiskussionen stehen die Fragen, was Menschen wirklich erfolgreich macht, wie die Leistungsfähigkeit der Menschen in einer alternden Gesellschaft aufrecht erhalten werden kann und was Individuen und Unternehmen benötigen, um menschliche Schaffenskraft langfristig nicht nur in Produktivität, sondern auch in Motivation und Innovationskraft zu transformieren. Als Keynote-Speakerin zum Thema „Wertschöpfung Mensch“ wird die Business-Querdenkerin Anja Förster sprechen, die mit ihrem Buch „Hört auf zu arbeiten“ seit Monaten die SPIEGEL-Bestseller-Liste anführt und den Besucherinnen der women&work eine „Massage zur geistigen Beweglichkeit“ verabreichen wird.

 

Der Messebesuch ist kostenfrei. Weitere Informationen zur women&work gibt es unter www.womenandwork.de./ presse@womenandwork.de

Die women&work, Deutschlands größter Messe-Kongress für Frauen, wurde 2012 beim Wettbewerb *“Land der Ideen“ <http://www.land-der-ideen.de/365-orte/preistraeger/womenwork-messe-kongress-fuer-frauen>* als zukunftsweisende Idee ausgezeichnet. www.womenandwork.de <http://www.womenandwork.de>

 

 

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