Es knirscht – Die öffentliche Selbstdarstellung der Personalmanager auf dem Prüfstand
27.12.2009 (ghk). Google hat ein langes Gedächtnis. Arbeitnehmer, die durch das Trauma einer Entlassung oder Betriebsstillegung gegangen sind, haben ein fast ebenso langes Gedächtnis. In Zeiten der Wirtschaftskrise und Entlassungswellen könnten Personalmanager beweisen, dass man auch in Krisenzeiten mit sinnvoller HR-PR-Arbeit den schlimmsten negativen Meldungen entgegen steuern könnte.
Die Spatzen pfeifen es vom Dach, dass die Personalpolitik in vielen Unternehmen in der Krise ist. Getrieben von Controllern, die einen Personalkostenabbau am liebsten Top-Down, also per Rasenmäher, umsetzen möchten, Insolvenzen, Betriebsschließungen und Übernahmen – die Themen füllen alle TV-Nachrichten, Talk-Formate und Tagespresse.
Die Anpassung an schwankende Beschäftigungsraten schaffen neue Instrumente wie Kurzarbeit, Arbeitszeitkonten zusätzlich zu den klassischen Mitteln wie Überstundenabbau oder die Beendigung von Leiharbeitsverträgen oder Verzicht auf externe Berater. Neue Ansätze, etwa zur Stärkung der Innovationskraft, sind nur sporadisch erkennbar, schreibt Michael Müller im Personalmagazin. „Innovationen sind nur möglich, wenn das Umfeld dazu motiviert, sich einzubringen. Fehlertoleranz und Vertrauen sind hierfür unabdingbar“, so Professor Carsten Steinert von der Fachhochschule Osnabrück.
Talk-Action-Gap
Und Professorin Dr. Jutta Rump, Leiterin des Instituts für Beschäftigungspolitik und Employability (IBE) an der Fachhochschule Ludwigshafen bringt das Dilemma der Unternehmen – und damit auch der Personalmanager auf den Punkt: „Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass diese Krise anders ist als die vorherigen. Dies betrifft sowohl das Ausmaß als auch die Geschwindigkeit. Anders als bisher ist auch: Die Unternehmen versuchen so weit wie möglich ihre Belegschaften zu halten, weil Ihnen bewusst ist, dass das Personal heute und in Zukunft eine wesentliche Rolle spielt. Sie bewegen sich in einem Spannungsfeld: erheblicher Kostendruck bei gleichzeitiger Erkenntnis, dass zumindest die qualifizierten Fachkräfte gehalten werden sollten. Sie wissen zum einen noch um die Fehler im Umgang mit der Krise in den Jahren 2001 bis 2004. Zum anderen sind sie sich der Notwendigkeit von Qualifikationen und Kompetenzen als Wettbewerbsfaktoren in einer globalen, Wissens- und innovationsgeprägten Wirtschaftswelt bewusst.
Zum dritten fürchten sie einen Reputationsverlust als Arbeitgeber, der sich im Aufschwung dann negativ auf Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung auswirken kann. Ein kurzfristiges Trennen von Mitarbeitern in der Krise führt dazu, dass Unternehmen in Zukunft mit Belegschaften arbeiten müssen, die zur Söldnermentalität neigen. Loyalität und Identifikation lassen sich nicht einfordern, wenn man sich selbst nicht daran hält.“ Jutta Rump befürchtet, daß sich in diesen Krisenzeiten ein Talking-Action-Gap beobachten lässt. Abwägende Personalpolitik könnte man es weichgespült umschreiben.
Die öffentliche Selbstdarstellung der Personalmanager ist in Schönwetterzeiten allemal ein Thema, das pflichtschuldig als Lippenbekenntnis herübergebracht wird – in Krisenzeiten ist die HR-Kommunikation und die institutionalisierte Vertretung eines Personalmanager-Verbandes umso wichtiger.
Reiner Straub kommentiert in seinem Editorial (Personalmagazin 08/2009) DGFP im Aufbrauch: „Die Mitgliedsversammlung der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) tauschte fast den kompletten Vorstand aus. Das ist ein ungewöhnlicher Vorgang in der über 50-jährigen Geschichte der Standesorganisation. Offiziell handelt es sich um einen turnusmäßigen Wechsel. Gleichwohl liegt darin die Chance eines Neuanfangs, nachdem zuletzt Zerwürfnisse im Vorstand zu beobachten waren“. Straub gibt ebenfalls zu bedenken, „dass mit der HR-Alliance eine Interessenvertretung der Personalmanager entsteht, die mit ihrer charismatischen Gallionsfigur Thomas Sattelberger eine ernstzunehmende Alternative darstellt“.
Abkehr von der Hochglanzdiskussion
Doch damit nicht genug. Etliche Personalmanager in Deutschland haben den Bedarf an Kommunikation in einem Peer-Netzwerk erkannt und am 18. September den Bundesverband der Personalmanager (BPM) gegründet. „Der BPM versteht sich als berufsständische Vereinigung für Personalmanager und Personalverantwortlichen aus Unternehmen, Organisationen und Verbänden. Sein Ziel ist die Definition und Wahrnehmung der Interessen seiner Mitglieder. Der Verband hat sich am 18. September gegründet, weil die Initiatoren davon ausgehen, dass im Bereich Personalmanagement Bedarf nach einem Netzwerk bestehe, das durch die personengebundene Mitgleidschaft ausschließlich und originär für die Kernzielgruppe der Personalverantwortlichen spreche“.
Joachim Sauer, Geschäftsführer Personal bei Airbus und Präsident des BPM, kritisiert dann auch die Diskussionen um Ideen und Konzepte im Personalwesen, wie demografischer Wandel, Change Management oder Employer Branding. „Ich plädiere dafür, dass wir ehrlicher und pragmatischer werden, wir müssen von diesen Hochglanzdiskussionen runterkommen.“ Und weiter führt Sauer aus: „Wir HR Manager müssen uns viel stärker bewusst werden, dass wir tatsächlich Manager sind. Wir müssen selbstbewusster auftreten. Dazu müssen wir aber auch bereit sein, Konflikte einzugehen und hartnäckig zu bleiben. Aber wir haben ja ohnehin ein Grundproblem im Bereich Human Resources: Wir haben unser manchmal bescheidenes Image ja auch, weil wir häufig zu lieb sind und Konflikten aus dem Weg gehen.
Den Anfang machte der BPM dann auch mit der ersten Ausgabe der Verbandszeitschrift „Human Resources Manager“. Auf der provokant-roten Titelseite wird gefragt: „Gestalten Sie schon oder Verwalten Sie noch? – Die neue Rolle der Personalmanager“.
Vorstandswechel beim DGFP, Konkurrenz durch die HR-Alliance, weitere Segmentierung durch den Bundesverband der Personalmanager: Es bleibt abzuwarten, ob diese Aktivitäten den von Jutta Rampf beschriebenen „Talk-Action-Gap“ noch weiter vergrößert oder ob zielgerichtete Aktionen folgen.
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