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Der Innovationstransfer von Start-ups braucht einen langen Atem

Start-ups sind sexy, erfolgreich und beliebt. Die Garagen-Gründerväter wie Bill Gates (Microsoft) oder Larry Page und Sergey Brin (Google, pardon Alphabet) haben es ja vorgemacht und demonstrierten gleichzeitig den „American Dream“, der zusehends als unternehmerisches Leitbild der Gen Y dient. Der Hype und die Verblendung nimmt zu – doch hinter den Kulissen zeigt sich, dass bei jedem Start-up knochenharte Arbeit und entbehrungsreiche Zeiten stecken. Jobbörsen-Start-ups sind da keine Ausnahme. in Berlin haben die Macher von truffls.de bewiesen, dass Technologie-Innovation keine Nebelwolke ist, in Köln haben die Gründer von TalentsConnect offensichtlich die unternehmerische Kurve gekriegt und streben die weitere Expansion an. Ein anderer Kölner Start-up (ja, auch ausserhalb Berlins gibt es innovative Gründungen) ist die Jobbörse HelloJobs, die sich in der Schlussphase der Software-Entwicklung befindet, die Finanzierungsrunde mit Fördergeldern der Öffentlichen Hand erfolgreich initiiert und nun den Launch vor Augen hat.

Ein besonderer Aspekt der Start-ups ist das Coworking. Stefanie Hornung hat zu diesem Aspekt ein lesenswertes Interview geführt.

Foto: Max von der Ahé

Foto: Max von der Ahé

Im Gespräch mit Maximilian von der Ahé, Gründer und CEO von betahaus

Start-ups gelten aktuell nicht nur als hipp, sondern dienen vielen etablierten Unternehmen auch als Vorbild. Gerade wenn es um die Innovationsfähigkeit und die Schnelligkeit der Gründer geht, möchten sich etablierte Firmen gerne eine Scheibe abschneiden. Doch wie können Arbeitgeber Innovationen der Entrepreneure aufgreifen oder deren Denke in der eigenen Kultur und in den Köpfen der Mitarbeiter verankern? Wir sprachen mit Max von der Ahé, Gründer des Coworking Space betahaus, der seit vielen Jahren weltweit an der Schnittstelle von etablierten Unternehmen zu Start-ups und Freelancern arbeitet.

Herr von der Ahé, betahaus gehört zu den Pionieren unter den Coworking Spaces. Wie funktioniert Coworking denn in der Praxis – kommen da lauter Einzelkämpfer zusammen oder Networken alle, was das Zeug hält?

Coworking gibt es in ganz verschiedener Couleur. Bei uns im betahaus heißt Coworking, dass sich verschiedene Marktteilnehmer begegnen und an einem Ort zusammen sind. In Berlin haben wir ungefähr 550 aktive Mitglieder aus rund 350 verschiedenen Firmen. Die Gruppe unterteilt sich in ein Drittel Freelancer, ein Drittel Start-ups und ein Drittel Corporates. Eine Besonderheit ist auch die hohe Internationalität: Über 50 Prozent der Leute, die hier arbeiten, kommen nicht aus Deutschland.

Wir bieten eine ganze Reihe von Formaten an, die dazu führen, dass sich diese Gruppen gut kennenlernen und oft zusammenkommen. Da ist zum Beispiel das beta-Breakfast, bei dem jeden Donnerstag drei Teams aus dem Haus – mal Corporates, mal Start-ups, mal Freelancer – für die anderen pitchen. Dann gibt es beta-Bier, im Grunde das gleiche am Abend, und den Tupperware Tuesday, bei dem Mitglieder dienstags zusammen essen. Dazu bieten wir jede Menge Meet-ups zu unterschiedlichen Themen. Häufig kommen dazu auch externe Gruppen ins Haus.

Auch große Unternehmen wie Daimler, Deutsche Telekom oder SAP mieten sich im betahaus ein. Was haben sie davon?

Das ist sehr unterschiedlich. Manche Corporates wie Daimler, Ernst & Young oder Deutsche Bahn haben vor Ort einen Raum oder einen Schreibtisch. Manche schätzen das nicht-klassische Unternehmensumfeld und schicken zum Beispiel ihre Innovationsabteilungen hierher, die anders arbeiten sollen als man das früher gemacht hat. Andere gehen gezielt an den Standort Berlin, weil sie da vielleicht Leute kriegen, die nicht in anderen Städten arbeiten möchten. Dabei geht es aber immer darum, die eigenen Mitarbeiter in eine innovative Community zu integrieren. Wir haben einen Community-Manager, der sich um nichts anderes kümmert, als die neuen Mitglieder an die Hand zu nehmen und mit denen in Kontakt zu bringen, von denen wir meinen, dass es passt.

Wie bringen Sie Start-ups und etablierte Unternehmen konkret zusammen?

Wir stricken für die Corporates spezifische Accelerator-Programme, bei denen sie in die Start-ups investieren oder mit ihnen zusammen arbeiten. Die Unternehmen können Service-Accelerator sein oder Go-to-Market-Accelerator. Als Early-stage-Partner kennen wir die Start-up-Szene sehr gut. Bei unseren betapitches, bei dem junge Teams aus allen möglichen Bereichen mitmachen können, screenen wir ungefähr 500 Start-ups pro Jahr in verschiedenen Städten wie Berlin, Hamburg, Sofia, Barcelona, Sao Paulo oder Soul in Südkorea. Da haben wir einen unglaublichen Durchlauf und kennen sehr viele Erfolgsgeschichten.

Diese Kontakte in die Community nutzen wir auch für die sogenannten Top-Talent-Programme der Firmenkunden. Denn die Unternehmen haben inzwischen gemerkt, dass die Anzahl der guten Teams da draußen beschränkt ist und viele Unternehmen sich um sie streiten. Deshalb setzen die Corporates nun auch darauf, den eigenen Mitarbeitern eine Art „Entrepreneur-Denke“ einzuimpfen. Sie sollen möglichst viele Start-ups kennenlernen, damit der Funke überspringt.

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Foto: Betahaus, Danique van Kesteren

Worauf kommt es vor allem an, damit die Zusammenarbeit zwischen Corporates und Start-ups erfolgreich verläuft?

Jedes Unternehmen sollte wissen, dass es einen langen Atem braucht, um einen Innovationstransfer zu erreichen. Wenn eine Firma glaubt, dass Innovationsquellen von außen effektiver sind als das, was man intern in der gleichen Zeit entwickeln kann oder dies einfach mal parallel versuchen möchte, muss klar sein, dass diese Innovation von außen nicht von heute auf morgen funktioniert. Das klassische Return-on-Investment-Denken ist hier fehl am Platz. Jedes Corporate funktioniert anders und man muss herausfinden, was für die eigene Firma passt. Das ist eine Kulturfrage. Wichtig sind feste Kapazitäten, die nicht zu stark ergebnisorientiert arbeiten müssen.

Dann sollten sich die Firmen auch überlegen, ob die eigenen Prozesse mit Experimenten von Start-ups kompatibel sind. Klassischer Fall: Wir machen eine Challenge für ein Unternehmen. Da geht es beispielsweise um ein Problem, das in einem Konzern schon lange besteht. Dann gibt es einen Lösungsvorschlag, aber die Zusammenarbeit scheitert daran, dass die Einkaufsbedingungen, bestimmte Rechte oder Datenschutzbestimmungen nicht zu der Lösung passen. Oder alles verzögert sich viel zu lange. Man braucht einen Start-up-Regelkatalog eine Art Start-up-Unit, die sich darum kümmert, sonst wird man an vielen Stellen im Unternehmen Gegenwind bekommen.

Lesen Sie hier das komplette Interview im Blog der Zukunft Personal.

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