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Neues Leiharbeitsgesetz bremst Digitalisierung der Wirtschaft aus

Dr. Bernhard Rohleder
Dr. Bernhard Rohleder

Eingeschränkte Arbeitnehmerüberlassung erschwert Beschäftigung externer IT-Experten
■   Digitalisierungsprojekte werden bürokratischer, teurer und langwieriger
■   Bitkom fordert Ausnahmeregelung für Digitalbranche

Ein neues Gesetz zu Zeitarbeit und Werkverträgen erschwert die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft. Mit der Neuregelung werden wichtige IT-Projekte ausgebremst, der Zugang der Unternehmen zu IT-Spezialisten wird unnötig erschwert. Davor warnt der Digitalverband Bitkom angesichts der geplanten Einschränkungen bei der Arbeitnehmerüberlassung.

Am Freitag berät der Bundesrat abschließend über das Gesetz, dem der Bundestag bereits zugestimmt hat. Die Neuregelung sieht vor, Arbeitnehmerüberlassungen im Regelfall auf maximal 18 Monate zu beschränken. Ein längerer Einsatz kann in Tarifverträgen geregelt werden, sofern die zuständige Gewerkschaft zustimmt. „Es ist richtig, dass die Bundesregierung gegen prekäre Arbeitsverhältnisse vorgeht“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Die Reform hätte sich allerdings auf Problembranchen mit Lohndumping beschränken müssen. IT-Unternehmen gehören definitiv nicht dazu. Die Gesetzesverschärfungen bringen für die Digitalbranche, ihre Kunden und ihre Mitarbeiter ausschließlich Nachteile.“

Dieses Problem hat auch die Politik erkannt, aber ohne daraus rechtssichere Konsequenzen zu ziehen. So heißt es in der Gesetzesbegründung zwar nun, die unternehmerische Tätigkeit von Beratungsunternehmen – speziell auch der IT-Branche – dürfe nicht eingeschränkt werden. Rechtsverbindlichen Charakter hat dies allerdings nicht, wie Rohleder kritisiert. „Nun werden wieder Gerichte entscheiden müssen, was erlaubt ist und was nicht. Statt klarer Regeln bringt das Gesetz für die Unternehmen erneut eine große Rechtsunsicherheit.“

 

Bitkom fordert, die Digitalwirtschaft grundsätzlich von den Einschränkungen der Arbeitnehmerüberlassung auszunehmen. „Die Digitalwirtschaft bietet gut bezahlte Arbeit für hoch qualifizierte Spezialisten“, sagt Rohleder. „Zudem laufen viele IT-Projekte länger als 18 Monate. Wenn das Personal vor Ablauf eines Projekts ausgetauscht werden muss, bedeutet das mehr Bürokratie, steigende Kosten und langwierigere Projekte. Das erschwert die digitale Transformation der deutschen Wirtschaft.“

 

Bitkom warnt zudem davor, dass sich der Fachkräftemangel weiter verschärft. „Durch die strikteren Regelungen müssten die Unternehmen mehr eigenes Personal vorhalten, das auf dem Arbeitsmarkt aber gar nicht zur Verfügung steht“, sagt Rohleder. Aktuell fehlen in Deutschland laut einer Bitkom-Umfrage 51.000 IT-Spezialisten, davon allein 20.500 in der IT- und Telekommunikationsbranche – Tendenz: steigend.

 

Stimmt der Bundesrat zu, soll das Gesetz zum 1. April 2017 in Kraft treten. In einer früheren Fassung hätte es bereits zum Jahreswechsel gelten sollen. Der Bitkom begrüßt es, dass den Unternehmen nun zumindest mehr Zeit zugestanden wird, um ihre Personalplanung umzustellen. Die Novelle betrifft auch Unternehmen aus den Anwenderbranchen, etwa Maschinenbauer, Banken und Versicherungen, die ihre Unternehmensstrategie im Zuge der Digitalisierung an neue Anforderungen anpassen und dabei auf externe IT-Spezialisten zurückgreifen.

Weitere Informationen zum Thema IT-Fachkräftemangel sind hier verfügbar.

 

Bitkom vertritt mehr als 2.400 Unternehmen der digitalen Wirtschaft, davon 1.600 Direktmitglieder. Sie erzielen mit 700.000 Beschäftigten jährlich Inlandsumsätze von 140 Milliarden Euro und stehen für Exporte von weiteren 50 Milliarden Euro. Zu den Mitgliedern zählen 1.000 Mittelständler, mehr als 300 Start-ups und nahezu alle Global Player. Sie bieten Software, IT-Services, Telekommunikations- oder Internetdienste an, stellen Hardware oder Consumer Electronics her, sind im Bereich der digitalen Medien oder der Netzwirtschaft tätig oder in anderer Weise Teil der digitalen Wirtschaft. 79 Prozent der Unternehmen haben ihren Hauptsitz in Deutschland, weitere 9 Prozent kommen aus Europa, 8 Prozent aus den USA. 4 Prozent stammen aus Asien, davon die meisten aus Japan. Bitkom fördert die digitale Transformation der deutschen Wirtschaft und setzt sich insbesondere für eine innovative Wirtschaftspolitik, eine Modernisierung des Bildungssystems und eine zukunftsorientierte Netzpolitik ein.

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