Und was ist mit den Alten? Ausgeschlossen aus dem Arbeitsmarkt.
Wir sprechen an dieser Stelle immer wieder von One-Click Bewerbungen, mobile responsiven Karriereseiten, ChatBots und weiteren digitalen Errungenschaften. All dies, vor allem auch im Zusammenhang mit Employer Branding und Candidate Experience, richtet sich hauptsächlich an die Bedürfnisse der neuen Generation. Immer wieder sehen wir, dass sich Firmen geradezu „verbiegen“, um für die Generationen Y und Z – die sogenannten „digital natives“ – besonders interessant zu wirken. Dass dieser starke Fokus auf „junge Talente“ gesellschaftlich betrachtet diskriminierend ist, liegt auf der Hand. Die „Alten“ haben nämlich durchaus ebenfalls etwas zu bieten…
Genau damit beschäftigte sich die vom Kanton Aargau im Jahr 2013 lancierte Kampagne „Potenzial 50plus“ (siehe Plakate Oben). Ältere Arbeitnehmende bringen oft viele Jahre Berufserfahrung mit, die von einem Arbeitnehmer gewinnbringend eingesetzt werden kann. Die klar verständliche Plakatkampagne ist ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie den Menschen in Erinnerung gerufen werden kann, dass Bewerbende vor allem nach ihrer Qualifikation beurteilt werden sollten, und nicht nach ihrem Jahrgang.
Alter und Langzeitarbeitslosigkeit.
Genau dies geschieht aber leider noch allzu oft. Tatsächlich machen die älteren Arbeitnehmer gemäss ILO (International Labor Organisation) den höchsten Anteil an registrierten Entlassenen aller Altersgruppen aus. Dies hängt jedoch nicht damit zusammen, dass ältere Personen häufiger entlassen werden, sondern damit, dass entlassene Personen im Alter von 55-64 Jahren durchschnittlich länger von Erwerbslosigkeit betroffen sind als jüngere Arbeitnehmer. Denn wenn eine Person der älteren Generation erst einmal arbeitslos ist, wird es für sie umso schwieriger, vor der Pensionierung noch eine neue Stelle zu finden. Im Jahr 2015 beispielsweise lag die Langzeitarbeitslosigkeit bei den 55-64-jährigen rund 10% höher als bei den 40-54-jährigen, und mehr als 20% über derjenigen der 25-39-jährigen.
Zu teuer für den Arbeitsgeber?
Aber woran liegt es nun, dass mehr als 40% der von Langzeitarbeitslosigkeit Betroffenen der Altersgruppe 50+ angehören?
In der Politik und der Verwaltung werden weithin die mit dem Alter zunehmenden Pensionskassenbeiträge als Hürde betrachtet. Dass die älteren Arbeitnehmenden deshalb im Gegensatz zu den Jungen einfach zu teuer sind, wurde in einer Studie als dritthäufigster Grund dafür angegeben, warum man sich für jüngere Kandidaten entschieden habe. Im Gegensatz dazu behauptet die Forschung, dass höhere Pensionskassenbeiträge keine negativen Beschäftigungsfolgen für ältere Arbeitnehmende haben.
Digitalisierung als Hürde?
Eine grosse Hürde ist sicherlich die Digitalisierung, die heutzutage immer schneller voranschreitet, und immer weitere Bereiche unseres Lebens beeinflusst. Und hier lässt es sich einfach nicht leugnen, dass sich die „digital natives“ im digitalen Raum um Einiges zielsicherer bewegen und weniger Mühe haben, sich an diverse Neuerungen anzupassen. Natürlich, hier lässt sich mit Weiterbildung viel machen – vorausgesetzt natürlich, dass die ältere Generation den Mut hat, sich auf den neuesten Stand zu bringen. Die eigene Kompetenz laufend weiter zu entwickeln, um damit die eigene Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten, ist jedoch nur möglich, wenn man dabei von Arbeitgeber und Staat unterstützt wird. Ein rares Beispiel bietet die ABB in Baden, welche Mitarbeitenden in fortgeschrittenem Alter als wertvolle Ressource mit grossem Erfahrungsschatz ansieht. Sie bietet diesen deshalb in zwei Programmen Unterstützung in Form von Standortbestimmungen, Weiterbildung und Hilfe bei Weichenstellungen an.
Es ist ein Umdenken notwendig.
Ansonsten bleibt jedoch solche Unterstützung leider oft aus, was nicht zuletzt mit vorherrschenden Vorurteilen und festgesetzten Denkweisen in unserer Gesellschaft zu tun hat:
Sind ältere Arbeitsgeber wirklich weniger leistungsfähig? Nicht wirklich. Ihre Fähigkeiten liegen einfach in einem ganz anderen Bereich. Besonders dort wo Erfahrungswissen oder Beziehungen gefragt sind, haben ältere Personen oft Vorteile. Hier geht es darum, jeden und jede gezielt dort einzusetzen, wo man am besten von seinem/ihrem persönlichen Wissen profitieren kann – New Work lässt grüssen. Alter ist ein Thema, welches oft tabuisiert wird, weshalb es viel Sensibilisierungsarbeit auf diesem Gebiet braucht – und das nicht nur bei den Führungskräften, sondern auch bei den HR-Verantwortlichen, wie Allesandra Zito in Ihrem Beitrag in HR Today schreibt. Denn diese sind aufgrund ihrer Aufgabe im Unternehmen besonders gut dafür geeignet, sowohl das „Mindset der Entscheidungsträger“ für die Thematik zu öffnen, als auch gemeinsam mit den Betroffenen die beste Lösung für deren verbliebene Arbeitsjahre zu finden.
Zum Glück gibt es da gute Kampagnen wie „Potential 50plus“, oder die Nachfolgekampagne „Tandem 50 plus“, ein Mentoring-Programm für arbeitslose Menschen ab 50 Jahren, welches bereits in verschiedenen Kantonen existiert.