Stolpersteine und Chancen einer nebenberuflichen Selbständigkeit

Stolpersteine und Chancen einer nebenberuflichen Selbständigkeit

Rund ein Drittel der Deutschen sind neben ihrem Hauptberuf selbständig. Diese hohe Zahl überrascht viele Menschen, jedoch lohnt sich das Arbeitsmodell nicht nur in finanzieller Hinsicht. Es bringt noch zahlreiche weitere Vorteile mit sich, sei es bei materiellen Faktoren wie den Sozialversicherungen oder bei immateriellen wie dem Wunsch nach
Selbstentfaltung. Es kann somit viele gute Gründe geben, um sich nebenberuflich selbständig zu machen. Allerdings bringt das Modell auch Stolpersteine mit sich, die es zu kennen und zu umgehen gilt.

Definition: Wann ist eine Selbständigkeit nebenberuflich?

Wer sich sowohl in einem Angestelltenverhältnis befindet als auch selbständig ist, dessen Selbständigkeit gilt nicht automatisch als nebenberuflich. Stattdessen gibt es auch Fälle, in denen eine hauptberufliche Selbständigkeit mit einem Nebenerwerb bei einem festen Arbeitgeber kombiniert wird. Dieser kleine, aber feine Unterschied hat große Auswirkungen auf steuerliche sowie (versicherungs-) rechtliche Belange. Deshalb ist es für jeden Menschen, der beide Arbeitsmodelle ausübt, wichtig zu wissen, welcher als haupt- und welcher als nebenberuflich gilt. Gemeinhin ist von einer nebenberuflichen Selbständigkeit die Rede, wenn das Angestelltenverhältnis zeitlich überwiegt. Allerdings gibt es bekanntlich keine Regel ohne Ausnahme.

Als grobe Faustformel gilt, dass die Arbeitszeit der Selbständigkeit nicht mehr als ein Drittel, in einigen Fällen auch die Hälfte der gesamten Arbeitszeit einnehmen darf. Häufig werden maximal 18 bis 20 Stunden als Richtwert genommen. Ist diese Einteilung nicht klar nachvollziehbar, wird eventuell im Einzelfall entschieden, was als Haupterwerb gilt. Eine solche Einzelfallentscheidung kann es auch geben, wenn das Einkommen aus der Selbständigkeit jenes im Angestelltenverhältnis übersteigt, obwohl dafür weniger Arbeitszeit aufgewendet wird. Es ist somit nicht möglich, pauschal zu beantworten, ab wann die Selbständigkeit vom Neben- zum Hauptberuf wird. Überwiegt die Arbeitszeit oder das Einkommen der Selbständigkeit, so kann diese zum Haupterwerb werden, wodurch beispielsweise Besonderheiten bei der Sozialversicherungspflicht greifen. Daher gilt es vor der Gründung sowie bei größeren Veränderungen von Einkommen oder Arbeitszeit mit dem zuständigen Amt zu klären, welche Regelungen im Einzelfall greifen. Dadurch lassen sich die Chancen bestmöglich ausnutzen und mögliche Risiken wie hohe Nachzahlungen präventiv verhindern.

Übrigens: In rechtlicher sowie steuerlicher Hinsicht wird nicht zwischen der haupt- und der nebenberuflichen Selbständigkeit unterschieden. Letztere muss also ebenfalls angemeldet werden, beispielsweise als Freiberuflichkeit oder Nebengewerbe, und ist gemäß der gültigen Gesetzeslage steuerpflichtig. Auch andere Vorschriften wie jene zu den Buchhaltungspflichten greifen uneingeschränkt.

Chancen der nebenberuflichen Selbständigkeit

Für viele Menschen stehen finanzielle Gründe im Fokus, wenn sie sich für die nebenberufliche Selbständigkeit entscheiden. Der Plan kann entweder sein, diese dauerhaft nebenberuflich zu betreiben. Oftmals soll sie aber der Startschuss für eine zukünftige hauptberufliche Selbständigkeit sein. Sie bietet somit die Chance, sich langsam an das neue Arbeitsmodell heranzutasten; ohne finanzielles Risiko. In der nebenberuflichen Selbständigkeit lässt sich wertvolle Berufserfahrung sammeln und eine Geschäftsidee austesten, bis sie eines Tages ausreichende sowie regelmäßige Einnahmen ermöglicht, um das Angestelltenverhältnis aufzugeben.

Weitere Vorteile der nebenberuflichen Selbständigkeit liegen darin, dass in vielen Fällen der Arbeitgeber noch einen Teil der Sozialversicherungen übernimmt. Das bedeutet hohe Einsparungen, denn wer hauptberuflich selbständig ist, muss die vollen Versicherungsbeiträge selbst bezahlen. Zudem gibt es mehr Möglichkeiten, um berufliche Ausgaben wie jene für die Selbständigkeit steuerlich geltend zu machen. Auch an dieser Stelle lässt sich für nebenberufliche Selbständige also sparen. Sei es somit aus finanziellen Gründen oder, weil noch der Mut beziehungsweise die Erfahrung fehlen, um sich hauptberuflich selbständig zu machen: Das Arbeitsmodell ist aus vielen Gründen eine sinnvolle Wahl. Wie bereits erwähnt, kommt es allerdings nicht ganz ohne Stolpersteine:

Vorsicht bei Regelungen im Arbeitsvertrag

Es gibt zwar keine gesetzliche Grundlage, dass der Arbeitgeber über eine nebenberufliche Selbständigkeit informiert werden muss. Allerdings ist eine entsprechende Klausel häufig im Arbeitsvertrag zu finden. Deshalb ist es wichtig, einen Blick in diesen zu werfen, bevor die nebenberufliche Selbständigkeit angemeldet wird. Ansonsten drohen unter Umständen Konsequenzen wie ein Verbot der Nebentätigkeit bis hin zu einer Kündigung des Angestelltenverhältnisses. 

Weiterhin besteht eine solche Informationspflicht, wenn die Nebentätigkeit dem Arbeitgeber direkte Konkurrenz bereitet, wenn darunter die Pflichterfüllung als Arbeitnehmer leidet, wenn dafür der Erholungsurlaub genutzt wird oder wenn die selbständige Arbeit trotz Krankschreibung stattfindet. Diese Sonderfälle gelten unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen. Nicht immer ist die Kombination aus Haupt- und Nebenjob also ohne weiteres möglich.

Noch Hobby oder schon nebenberufliche Selbständigkeit?

Ein Stolperstein kann außerdem darin bestehen, dass es einige Menschen überhaupt nicht merken, wenn sie mit einer nebenberuflichen Selbständigkeit beginnen – und dadurch eventuell wichtige Pflichten versäumen. Denn die Grenzen zwischen einem Hobby und einer Selbständigkeit sind manchmal fließend. Das gilt immer dann, wenn durch das Hobby auf die eine oder andere Weise Geld verdient wird. Zum Beispiel durch den Verkauf von Selbstgemachtem, durch die erfolgreiche Teilnahme an eSport-Wettkämpfen (Computer- und Videospiele) oder durch Gewinne beim (Online-)Glücksspiel. 

Während kleinere Einnahmen noch nicht rechtlich oder steuerlich relevant sind, kann sich das bei größeren Summen schnell ändern. Als Faustregel gilt hierbei: Nebeneinkünfte bis zu einer Freigrenze von 410 Euro sind steuerfrei. Eine Gewerbeanmeldung ist dann nicht notwendig.  Anders sieht das aus, wenn die Tätigkeit in den freiberuflichen Bereich gehört. Dann ist sie beim Finanzamt meldepflichtig.

Gerade bei eSport gilt es, die Details zu beachten: Während bei Amateur-eSportlern der Spaß im Vordergrund steht und kaum Gewinne erzielt werden, haben professionelle Spielern eine sogenannte Gewinnerzielungsabsicht. Allerdings ist bei Profi-eSportlern wiederum zwischen solchen im angestellten (Spieler in Clans) und selbstständigen Spielern unterschieden. Bei letzteren werden die Preisgelder klar als gewerbliche Einkünfte eingestuft.

Auch bei (Online-)Casino-Spielen wie Poker kann der Grat zwischen „steuerfrei“ und „steuerpflichtig“ durchaus schmal sein. An sich sind Gewinne aus dem Online-Casino steuerfrei. Wer allerdings regelmäßig hohe Gewinne erzielt, wird vom Finanzamt unter Umständen als Berufsspieler betrachtet – mit allen steuerlichen Konsequenzen. 

Um mehr zu den Einzelheiten zu erfahren, sollten Spieler die Community-Website konsultieren. Dort finden sich relevante Informationen zu den unterschiedlichsten Themen rund um das (Online-)Glücksspiel. Denn neben dem Austausch untereinander über Strategien, Erfahrungen und Tipps geht es auch um wissenswerte Aspekte, die allgemein die Glücksspielbranche betreffen. 

Die genannten Beispiele machen es deutlich: Es ist wichtig, im Einzelfall zu prüfen, ob ein Hobby noch privat ausgeübt werden darf oder bereits offiziell angemeldet werden muss. Diesbezüglich ist die Beratung durch einen Steuerberater oder das zuständige Amt selbst sinnvoll. Wer ohnehin plant, das Hobby längerfristig zu einer nebenberuflichen oder sogar hauptberuflichen Selbständigkeit umzuwandeln, für den empfiehlt sich bereits frühzeitig die Anmeldung als Freiberuflichkeit oder Gewerbe.

Steuerliche Besonderheiten und Pflichten

Je nachdem, ob es sich um eine freiberufliche oder gewerbliche Nebentätigkeit handelt, entstehen unterschiedliche steuerliche Pflichten. Werden diese nicht oder fehlerhaft erfüllt, kann das drastische Konsequenzen bis hin zu einer Strafverfolgung haben. Deshalb ist es wichtig, auch diese Besonderheiten bei der nebenberuflichen Gründung zu kennen. 

In der Selbständigkeit lohnt es sich stets, einen Steuerberater zu konsultieren. Denn die Buchhaltung ist spätestens dann komplex, wenn auch Umsatzsteuer fällig wird, sprich keine Kleinunternehmerregelung mehr möglich ist. Zudem weiß ein Steuerberater im Detail, welche Kosten steuerlich geltend gemacht werden können und holt somit größtmögliche Summen vom Finanzamt zurück. Dadurch amortisiert sich die Investition in die professionelle Hilfe häufig von selbst. Je nach Rechtsform und Verdienst müssen zum Beispiel folgende Pflichten gegenüber dem Finanzamt erfüllt werden:

  • Einfache oder doppelte Buchführung
  • Bilanzierung
  • Gewinn- und Verlustrechnung
  • Umsatzsteuererklärung
  • Aufzeichnungspflichten
  • Einkommensteuererklärung

Damit ist die Liste noch nicht zu Ende. Eine nebenberufliche Selbständigkeit bedeutet demnach auch einen deutlich größeren Aufwand bei der Steuererklärung sowie zusätzliche Pflichten – sprich Nebentätigkeiten, die keine Einnahmen generieren, aber zu echten Zeitfressern werden können.

Vor- und Nachteile bei den Versicherungen prüfen

Weitere Nachteile können bei den Sozialversicherungen entstehen. In einem Angestelltenverhältnis übernimmt nämlich der Arbeitgeber bis zur Hälfte der Beiträge für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. In der Selbständigkeit ist dies nicht der Fall. Wann sich das ändert, hängt davon ab, ob die Selbständigkeit neben- oder hauptberuflich eingestuft wird. Es ist deshalb wichtig, diesbezüglich vorsichtig zu sein und eine Veränderung dieser Einstufung sorgfältig zu planen, um böse Überraschungen zu vermeiden. 

Allerdings kann die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht auch ein Vorteil sein, wenn die Selbständigkeit eines Tages zum Haupterwerb wird. Dann steht einem nämlich ohne Einkommensgrenze frei, von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung zu wechseln. Bei den Versicherungen ergeben sich in der Selbständigkeit somit nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile. Welche überwiegen, muss im Einzelfall geprüft werden. 

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