Arbeitsmarkt

Frauenquote überall? OECD-Studie zeigt Ungleichgewicht der Geschlechter

Unbezahlte Arbeit trägt erheblich zum Wohlstand einer Gesellschaft bei – und ist meistens Frauensache

Berlin/Paris. Unbezahlte Arbeit wird in Deutschland noch immer deutlich häufiger von Frauen verrichtet als von Männern. Wie die Studie „Gesellschaft auf einen Blick“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt, beträgt die Differenz zwischen den Geschlechtern hierzulande mehr als hundert Minuten pro Tag. „Gesellschaft auf einen Blick“ beleuchtet alle zwei Jahre die sozialen Trends in den Mitgliedsländern der OECD. In der aktuellen Ausgabe stehen verschiedene Formen der unbezahlten Arbeit – etwa Kochen, die Pflege von Angehörigen oder Reparaturen – im Mittelpunkt: Ein Sonderkapitel versammelt dazu Daten aus 26 OECD-Ländern sowie aus China, Indien und Südafrika.

Unbezahlte Arbeit kommt bei der Messung des Wohlstands einer Gesellschaft häufig zu kurz, da sie nicht in die Kalkulation des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einfließt. Schätzungen der Studie zufolge würde sich das BIP eines durchschnittlichen OECD-Landes um 30 bis 50 Prozent erhöhen (je nachdem, welcher Stundensatz für die erbrachte Leistung zugrunde gelegt wird), wäre unbezahlte Arbeit denn Teil der Rechnung.

Fast dreieinhalb Stunden am Tag verbringt der OECD-Durchschnittsbürger mit unbezahlter Arbeit, die Deutschen liegen mit 3,6 Stunden leicht über diesem Schnitt (Österreich: 3,4 Stunden). Ein Großteil der Arbeit fließt in Routinetätigkeiten im Haushalt: Kochen, Putzen, Gartenarbeit und Reparaturen stehen ganz oben auf der Liste. Mit einigem Abstand folgen die Betreuung von Familienangehörigen oder Mitgliedern des Haushalts und Einkaufen. Freiwilligenarbeit, zum Beispiel in Vereinen, macht den geringsten Teil der unbezahlten Arbeit aus, in Deutschland aber immerhin 7 Minuten pro Tag und damit beinahe doppelt so viel wie im OECD-Durchschnitt.

 

 

Die Arten der Tätigkeit variieren zwischen den Geschlechtern stark: Etwa doppelt so viele Frauen wie Männer kochen und kümmern sich um die Kinder. Beim Putzen ist das Verhältnis sogar eins zu drei (22 Prozent der Männer versus 62 Prozent der Frauen). Typisch männliche Arbeiten dagegen sind Bauen und Reparieren (13 Prozent der Männer versus 5 Prozent der Frauen). Das Beschäftigungsverhältnis von Männern zu Frauen lässt allerdings nicht immer Schlüsse auf die Intensität der Beschäftigung zu: So geben zum Beispiel 21 Prozent der Frauen an, dass sie regelmäßig Gartenarbeit verrichteten und sich um Haustiere kümmerten, bei den Männern sind es nur 17 Prozent. Die Zeit, die beide Geschlechter dieser Arbeit widmen, ist mit 15 Minuten (Männer) beziehungsweise 14 Minuten (Frauen) aber fast dieselbe.

Kein Zweifel möglich ist allerdings bei der Gesamtverteilung unbezahlter Arbeit. Von Norwegen bis Italien, von Mexiko bis Japan ist eines in allen OECD-Ländern gleich: Unbezahlte Arbeit ist weiblich. Selbst dänische Männer, die mit durchschnittlich drei Stunden am Tag OECD-weit am längsten unbezahlt arbeiten, werden noch von norwegischen Frauen abgehängt. Die arbeiten zwar von allen ihren Geschlechtsgenossinnen in der OECD am wenigsten ohne Verdienst, aber mit drei Stunden 45 Minuten immer noch mehr als die Dänen.

 

Ein Grund für dieses Verteilungsmuster dürfte der relativ hohe Anteil von Frauen sein, die keiner Lohnarbeit nachgehen oder nur Teilzeit arbeiten. In Ländern, die eine hohe Vollbeschäftigung von Frauen haben, übernehmen Männer zusehends auch unbezahlte Arbeiten. In aller Regel ist die Gesamtarbeitszeit (bezahlt und unbezahlt) zwischen den Geschlechtern in jenen Ländern ausgeglichener, die über einen höheren Anteil erwerbstätiger Frauen verfügen – in anderen Konstellationen arbeiten Frauen häufig länger.

Weitere Ergebnisse der Studie, die den gesellschaftlichen Wandel innerhalb der OECD anhand verschiedener Indikatoren greifbar machen möchte, finden Sie in den Ländernotizen zu DeutschlandÖsterreich und der Schweiz.
Quelle:

Society at a Glance 2011 -OECD Social Indicators

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