Bewerbung Nachrichten

Nur noch arbeiten – Das Beste aus den Bewerbungsanschreiben 2010

von Bewerberberater Gerhard Winkler

Gerhard Winkler, www.jova-nova.com

Berlin. Man glaubt nur, was man sieht. Wohl in Kenntnis dieser Regel leitete ein Bewerber des Jahres 2010 sein Anschreiben so ein: „Sie sehen meine Bewerbung für die ausgeschriebene Stelle als Vertriebsassistent vor sich.“

Das ist leicht zu glauben und sogar wahr, aber vielleicht nicht sehr erhellend. Aufschlussreicher, obzwar nicht unbedingt zielführender, war da schon dieser Anschreiben-Start: „Herr XY, der in der Agentur für Arbeit für die Betreuung der Arbeitgeber zuständig ist, gab mir Ihre Kontaktdaten, da er leider keine E-Mail-Bewerbung verschicken konnte.“

Immerhin bedarf es einer gewissen Kunstfertigkeit, gleich zu Beginn alle Klarheiten zu beseitigen. Wirklich apart war jedoch diese Eröffnungsvariante: „im Frühjahr 2010 traf ich die Entscheidung, einige Zeit in China zu arbeiten.“  Im Herbst war der Kandidat jedenfalls wieder im Lande und ohne Job. Der Sonderpreis 2010 für den Eröffnungszug im Anschreiben, der schon unsere Großeltern sicher in die Anstellung befördert hat, geht allerdings an den unbekannten Ersttexter von: „ich habe Ihre Ausschreibung bei XY gelesen und interessiere mich sehr für diese Stelle.“

Ist es nicht erstaunlich: Eben dieses Interesse teilt man mit allen seinen Mitbewerbern! Deshalb gilt es auch als das perfekte distinktive Merkmal. Wie schon in den Jahren zuvor fand jedenfalls eine gefühlte Mehrheit der Bewerber, dass einen nichts so interessant macht wie das eigene Interesse. Mit der Neugier des Jobanbieters ist es allerdings wie mit dem Schlaf eines betagten Terriers. Der ist kaum wachzukriegen und falls doch, will er sofort seinen Knochen. Was legt man auf den Teller? Vielleicht einen Kauknochen wie diesen: „Die in der Stellenanzeige benannten Anforderungen erfülle ich vollumfänglich.“

Rundum beteuern ist ja auch viel ökonomischer als bloß einzeln nachzuweisen. Dennoch unterzogen sich wie immer viele Bewerber der Mühe, ihre besondere Stärke herauszuarbeiten: „Ich habe eine ausgeprägte Neigung, mich Aufgaben zu widmen, bei denen ein fittes Denkvermögen gefragt ist.“ Die fittesten Bewerber haben nun mal die fettesten Argumente. Übrigens hat die ungebremste Neigung zum Denken mit dem Hang zum Reden etwas gemeinsam. Beide führen auf eine schiefe Bahn.

Der Preis der Jury für die besonders sensible Häufung von Adjektiven geht dieses Jahr an das Statement: „Bei komplexen Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen strategischer Willensbildung und operativer Umsetzung kann ich dabei durch meine sehr guten kommunikativen Fähigkeiten sowie durch meine strukturierte Herangehensweise in Verbindung mit einem sehr hohen Qualitätsanspruch überzeugen.“

Meine Bewerbung als Zoodirektor

Das geheime Bewerbermotto lautete demnach 2010: Gib dem Affen Zucker und jage Deinen Job-Claim mehrfach durch den Milchaufschäumer. Man möchte die PR-Profis, die uns an solche Talkblasen gewöhnt haben, zurück in die Produktion abordnen. (Was heißt, sie nach China zu befördern. Schick!)

Ein rascher Cut zu Schnittstelle. Im Betrieb ist sie ein Ort, wo es wehtut. Was ist in unseren Büros los? Hält es keiner mehr an seinem Schreibtisch aus? Die Hypertrophie der Schnittstellenfunktionen in den Bewerberprofilen mehrt allemal den Verdacht auf eine zunehmende, abteilungsübergreifende Herumwuselei. In einem Anschreiben gilt der Gebrauch von Schnittstelle als sicherer Hinweis darauf, dass sich da ein Rädchen am Transmissionsriemen reißen durfte.

Zurück zu den wahren Bewerberstärken: „Ich kenne die Branche, die Wünsche und Ansprüche der Kunden. Kundenbeschwerden sind mir nicht fremd.“

Gerade der letzte Satz klingt doch wie aus der Hymne der Deutschen Bahn AG. Oder wie ein sicherer Gewinner des Spezialpreises 2010 für die Wahrheit im Anschreiben. Auch die Rechtschreibung ist und bleibt Jahr für Jahr eine bittere Wahrheit: „Selbstverständlich bin ich sattelfest im Umgang mit den modernen Bürokommunikationsmittel.“

Es scheint, dass Deutsch als Verkehrssprache im Jobbereich zunehmend veraltet. Das angesagte sprachliche Mittel ist das Kauderwelsch: „Die persönliche Kompetenz und flexibele Einsatzbereitschaft, die diese Aufgabe erfordert, bin ich jeder Zeit bereit zu investieren.“

Selbst ein humaner Ton wirkt da leicht bedrohlich. „Ich gehe auf Menschen zu und teile auch ihre Freude.“ – Kaum hat man als Mensch ein bisschen Freude, wird sie einem auch schon geteilt.

Insgesamt handelten die Jobsuchenden auch in diesem Jahr bevorzugt ab, wie sie sind, wie sie drauf sind und wie sie sonst sind: „Darüber hinaus sind soziale Kompetenzen schon immer fester Bestandteil meiner Persönlichkeit gewesen.

Hierzulande die meisten Mitarbeitertugenden sozusagen angeboren. Motivation, Kooperation und Loyalität bilden das 3-Säulen-Modell, um das uns die Welt beneidet. Beim Bewerben wird das soziale Ich gebührend gefeiert und auch das Selbstverständliche wird zum Ereignis: „Der selbstverständliche Umgang mit der englischen Sprache stellt für mich keine Probleme dar.“

Keine Probleme sehen erfahrungsgemäß Personen, die welche machen.

„Wie Sie meinem anhängenden Lebenslauf entnehmen können,“  gibt es dann auch noch eine Handvoll Fakten, die für eine besondere Jobeignung sprechen. Doch Fakten sind mehr was für Dumme. Die Meinung zählt! „Da ich sehr Technikbegeistert bin und nicht aufgebe bevor alle Probleme beseitigt sind, könnte ich mir den Technischen Außendienst in der Region sehr gut vorstellen.“

Bewerber-Motivation als ein Mix aus Interesse und Vorstellung. Wie man seinen Anspruch adäquat begründet, das kann man Jahr für Jahr auf jova-nova.com studieren. Auch dieser Bewerbungsgrund könnte noch einen Push-up vertragen: „Da ich selber auch in einem Fitnessstudio trainiere, würde mir eine solche Arbeit besonders viel bedeuten.“

Mit Workout zum Work-in lautete denn auch 2010 das Motto der fitten Bewerber. Schon sind wir am Ende der Anschreiben-Parade. Ziehen wir ein erstes Fazit: „Ich denke, dass ich zu Ihrem Unternehmen gut passen könnte, da ich sowohl die französische Sprache beherrsche, als auch gute Lebensmittel und insbesondere Brot und Käse liebe.“

Das ist ein Punkt. Man spürt, die Jobliebe geht durch den Magen. Vielleicht war darum im Jahr 2010 nicht alles Käse mit dem Brotberuf. Die meisten Bewerber kamen ans Ziel. Mit, trotz und wegen ihrer Bewerbungsschreiben nebst anhängendem Lebenslauf. Und dafür war in diesem Jahr auch allerhöchste Zeit. Schließlich wollte man „nur noch eins, wieder Arbeiten.“

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