Ernst & Young-Studie in G-20-Ländern: „Entrepreneurs speak out“ : Rahmenbedingungen für Unternehmensgründer in Deutschland schlecht
Deutsche Unternehmensgründer klagen über schlechte Startbedingungen / Zu wenig deutsche Unternehmensgründungen im G-20 Vergleich / Mangelhafte steuerliche Förderung wirkt abschreckend / Gleichzeitig zu hoher Verwaltungsaufwand / Keine „Kultur des Scheiterns“ in Deutschland
Stuttgart. Die Startbedingungen für Unternehmensgründer sind in Deutschland viel schwieriger als in anderen G-20-Ländern. Nur 22 Prozent der befragten deutschen Unternehmer geben an, hierzulande die besten Bedingungen für ihren Start ins Unternehmertum zu finden. Im G-20-Durchschnitt liegt der Anteil bei 35 Prozent. Angesichts nachteiliger Rahmenbedingungen – etwa der überdurchschnittlich hohen Steuerbelastung, den hohen Kosten und dem bürokratischen Aufwand, die mit einer Unternehmensgründung verbunden sind – ist es wenig verwunderlich, dass bei der Existenzgründerdichte, also der Anzahl der jungen Unternehmen im Verhältnis zur Einwohnerzahl, Deutschland sich nur im unteren Mittelfeld wiederfindet: Pro 1.000 Menschen im arbeitsfähigen Alter wird jährlich nur durchschnittlich ein Unternehmen gegründet.
Das sind Ergebnisse der aktuellen Ernst & Young-Studie „Entrepreneurs speak out – A call to action for G20 governments“. An der Studie beteiligten sich 1.001 Jungunternehmer aus allen G-20-Ländern.
„Selbstbewusstsein ist der Schlüsselfaktor, wenn es um die Existenzgründung geht. Nur wer Vertrauen in die Rahmenbedingungen hat, macht auch den Schritt in die Selbstständigkeit. Hier hat Deutschland noch einen großen Nachholbedarf“, sagt Peter Englisch, Partner bei Ernst & Young. Schlechter als Deutschland schnitten bei der Bewertung der Rahmenbedingungen nur Südkorea, Russland, Italien und Frankreich ab. In allen andern G-20-Länder haben die Jungunternehmer ein deutlich größeres Vertrauen, dass ihre Regierung ihnen die bestmöglichen Startbedingungen bietet. Insgesamt bietet Kanada mit deutlichem Abstand die besten Rahmenbedingungen für Entrepreneure. Das zeigt sich nicht nur im Selbstbewusstsein der kanadischen Jungunternehmer, sondern auch in der Zahl der tatsächlichen Unternehmensgründungen. So ist der Anteil der Gründungen in Kanada und Großbritannien rund neun Mal so hoch als in Deutschland. Nur in einigen Schwellenländern wie zum Beispiel Mexiko und Argentinien ist die Zahl neu gegründeter Unternehmen noch geringer als in Deutschland.
Hohe Steuern schrecken ab
Ein Grund für die skeptische Einstellung deutscher Unternehmer ist die hohe steuerliche Belastung der Start-ups. Hier bietet Deutschland im internationalen Vergleich nur unterdurchschnittliche Bedingungen und landete nur auf Rang 13 der Umfrage. Nur 42 Prozent der befragten Entrepreneure sind der Meinung, in Deutschland gäbe es ausreichend finanzielle Anreize, die Interessierte zu einer Unternehmensgründung bewegen könnten. Somit zeigt die Studie, dass sich das steuerliche Klima für junge Unternehmer in den letzten fünf Jahren noch verschlechtert hat. China (94 Prozent) und Südkorea (72 Prozent) belegen bei der Frage nach den steuerlichen Anreizen die ersten Plätze, Südafrika ist mit 18 Prozent Zustimmung das Schlusslicht.
Auch bei der steuerlichen Förderung der Investitionsausgaben liegt Deutschland im G-20-Vergleich zurück. Die Ausgaben für die Erforschung und Entwicklung innovativer Techniken werden hierzulande im Gegensatz zu den meisten G-20-Ländern nicht steuerlich gefördert. Während jeder US-Dollar, der in den anderen großen Volkswirtschaften für Forschung und Entwicklung ausgegeben wird, mit durchschnittlich 0,148 USD steuerlich subventioniert wird, liegt dieses Verhältnis hierzulande mit -0,020 USD sogar im leicht negativen Bereich. „Die steuerliche Förderung von Investitionen ist ein grundlegender Entscheidungsfaktor bei der Standortwahl eines Unternehmens“ sagt Peter Englisch. Werde in Deutschland nicht bald eine finanzielle Unterstützung für Forschungs- und Entwicklungsausgaben eingeführt, drohe eine Abwanderung gerade junger innovativer Unternehmen und somit des Know-hows in andere Länder. „Schließlich herrscht in anderen EU-Ländern ein wahrer Wettbewerb um die bestmögliche Subventionierung“, berichtet Englisch.
Positive internationale Entwicklungen sind in Deutschland kaum spürbar
Insgesamt sind laut der Studie G-20-weit 47 Prozent aller Entrepreneure der Meinung, der Rechtsrahmen für Unternehmensstarts habe sich in den letzten fünf Jahren verbessert. Auch die „Start-up-Kosten“ haben sich in diesem Zeitraum international verringert. In Deutschland ist dies allerdings nur bedingt der Fall, denn die Kosten für eine Unternehmensgründung sind nahezu gleich geblieben. Auch ist diese in Deutschland komplizierter und zeitaufwendiger als in anderen Industrieländern. Mit neun Verwaltungsvorgängen, die zur Gründung eines neuen Unternehmens notwendig sind, liegt Deutschland im Vergleich zu anderen Industrieländern weit über dem Durchschnitt, der bei 5,7 liegt.
Positiv sehen deutsche Unternehmensgründer lediglich die gebotenen Innovationsanreize. 72 Prozent glauben, die Innovationsanreize der Bundesregierung seien eine wirksame Methode Start-ups zu fördern. In den sogenannten „High-Tech-Ländern“ Japan und Südkorea waren die Entrepreneure hingegen am wenigsten von den Maßnahmen ihrer Regierung zur Innovationsförderung überzeugt.
Kulturelle Skepsis bei der Unternehmensgründung hinderlich
Potenzielle Unternehmensgründer schrecken hierzulande jedoch nicht nur vor den finanziellen und bürokratischen Rahmenbedingungen zurück. Auch mit kulturellen Schwierigkeiten haben die Jungunternehmer zu kämpfen. Weltweit sehen 44 Prozent der befragten Entrepreneure das Scheitern einer Geschäftsidee als Chance, etwas zu lernen. In Deutschland überwiegt dagegen wie in keinem anderen Land die Meinung, ein Scheitern auf Business-Ebene sei ein Hindernis beim Start eines neuen Projekts. „Im Gegensatz zu vielen G-20-Nationen, gerade den Schwellenländern, herrscht in Deutschland keine Kultur, in der Scheitern erlaubt ist“, sagt Englisch und fährt fort: „Es herrscht ein großer Zusammenhang zwischen der kulturellen Wahrnehmung des Scheiterns und der Einstellung gegenüber Unternehmensgründungen. Wird eine mögliche Unternehmenspleite als Chance begriffen, fällt die Entscheidung für eine Gründung wesentlich leichter“ Insgesamt stimmen nur 26 Prozent der deutschen Teilnehmer voll und ganz der Aussage zu, die Kultur ihres Landes fördere Unternehmensgründungen.
Bildung und Finanzierung sind Schlüssel für erfolgreiche Start-ups
Auch die entsprechende Ausbildung spielt eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für eine Unternehmensgründung. 70 Prozent aller befragten Entrepreneure sind der Überzeugung, dass Studenten ein spezielles Training benötigen, um erfolgreich ein eigenes Unternehmen starten zu können. Ganze 88 Prozent sehen Berichte über bereits erfolgreiche Unternehmer und Anleitungskurse als Schlüsselfaktor, um Studenten die Unternehmensgründung als Karrierechance näherzubringen.
Ein weiterer Grundstein ist die Finanzierung des eigenen Gründungsprojekts. 62 Prozent der Studien-Teilnehmer empfanden es als schwierig, ihre Unternehmensgründung zu finanzieren und sehen hier Optimierungsbedarf. 80 Prozent meinen, dies könnte durch eine finanzielle Förderung durch die Regierung verbessert werden.
Insgesamt herrscht kein gutes Klima für Entrepreneure
„Entrepreneure kurbeln die Wirtschaft an, schaffen neue Jobs und fördern mit ihren innovativen Ideen den technologischen Fortschritt. Sie sind die Kräfte des Wandels. Trotzdem bietet Deutschland Unternehmensgründern im G-20-Vergleich kein gutes Umfeld“, fasst Englisch die Studie zusammen. Er ergänzt: „Möchte Deutschland weiterhin international mithalten, muss sich dies schnellstmöglich ändern“. Die Regierung steht in der Pflicht, die bestmöglichen rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen zu bieten, um Unternehmensgründungen fördern.“
Über Ernst & Young
Ernst & Young* ist eine der drei großen deutschen Prüfungs- und Beratungsorganisationen. In der Steuerberatung ist Ernst & Young deutscher Marktführer. Ernst & Young beschäftigt 6.900 Mitarbeiter an 22 Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2009/2010 einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro. Gemeinsam mit den 141.000 Mitarbeitern der internationalen Ernst & Young-Organisation betreut Ernst & Young Mandanten überall auf der Welt.
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