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Pimp your pay: Elite-Diskussion um Frauenführungsquote oder mehr soziale Gerechtigkeit durch Equal Pay?

Welche Prioritäten gelten in der Frauen-Politik? Kristina Schröder, Ursula von der Leyern, Angela Merkel

[To pimp, slang: Aufmotzen, aufdonnern]

Bei der Diskussion über Frauenquoten für Führungspositionen oder soziale Gerechtigkeit durch gleichen Lohn für gleiche Arbeit kann man sich schon einmal nach dem Jahreskalender der Welttage richten. Im März 2012 war es wieder einmal so weit. Das Thema Frauenführungsquote stand auf der Agenda – rasch gefolgt vom Equal Pay Day. In beiden Fällen geht es um mehr soziale Gerechtigkeit, einmal im Zusammenhang mit einer Elite-Diskussion über einen höheren Frauenanteil in Führungspositionen und Aufsichtsräten, ein anderes Mal um die Gleichberechtigung bei der Bezahlung von Frauen und Männern, die die gleiche Arbeit leisten, also um den Gender Pay Gap.

Dieser wird von Sozialpolitikern und Statistikern weltweit als Phänomen der sozialen (Un)Gerechtigkeit postuliert – nur getan hat sich dabei wenig. So wundert es auch nicht, wenn SPD-Politiker Sigmar Gabriel medienwirksam und auf allen Kanälen ein Lohngleichheitsgesetz fordert. Es ist Zeit, es ist oppertun, diese Forderung zu stellen. Gabriel und die ganze SPD hatten während der Rot-Grünen-Regierungskoalition und auch danach in der großen Koalition ausreichend Gelegenheit, sich um dieses Thema nachhaltig zu kümmern. Das ist nicht geschehen. Nun erweckt die Forderung des Oppositions-Politikers Gabriel ein „Geschmäckle“ in Form des Populismus.

Welttage und Agenda-Setting

  • Weltfrauentag am 8. März
  • Equal Pay Day (variables Datum, zuletzt 23. März)
  • Weltmännertag 3. November
    Am Weltmänndertag soll das Bewusstsein der Männer im gesundheitlichen Bereich erweitert werden, denn die Lebenserwartung der Männer liegt 7 Jahre unter der der Frauen.

 

Wer gedacht hätte, daß die Besetzung der politischen Schaltstellen in der Frauenpolitik mit Kristina Schröder (Frauenministerin), Ursula von der Leyen (Arbeit- und Soziales) und Richtlinienkompetenzträgerin Angela Merkel rasch für klare Prioritäten sorgen könne, sieht sich enttäuscht. Und im Parlament zeigten sich die Politikerinnen jeder Partei-Coleur nicht von ihrer besten Seite: Der vorgelegte Gleichstellungsbericht enttäuschte auf der ganzen Linie – Zickenkrieg war angesagt. So berichtete die WELT Online „Am Frauentag flogen im Bundestag die Zicken-Fetzen“.

Agenda-Setting für die wirklichen Prioritäten

Überhaupt ist ein Leichtes, die jeweiligen Einzelforderungen zu unterstützen: Mehr Frauen in Aufsichtsräte und Vorstandspositionen? Klar, macht Sinn. Gleicher Lohn für Frauen und Männer bei gleicher Arbeit? Logisch – ist ja nur gerecht. Doch das Hick-Hack bei diesen Themen offenbart auch noch einen anderen Konflikt – das sich im politisch-gesellschaftlichen Agenda-Setting zeigt: was ist wichtiger, welche Forderung sollte die höchste Priorität haben? Die Politik ist sich selbst uneins, die Wirtschaft verfolgt eine andere Agenda. Und EU-Kommissarin Viviane Reding will auch noch ein Wörtchen mitreden.

Gender Pay Gap

Elke Holst hingegen nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Diskussion von Frauenquote in Führungspositionen oder das Ungleichgewicht in der Entlohnung von Frauen („Gender Pay Gap“) geht. Zu klar ist die Faktenlage, zu nebulös ist die politische Agenda.

 

Elke Holst

Frauen müssen auch heute mit Wettbewerbsnachteilen auf dem Arbeitsmarkt rechnen: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist überwiegend ihr Problem und geht mit zum Teil erheblichen Abschlägen beim Verdienst einher. Teilzeitarbeit gilt als Karrierekiller. Und selbst Frauen, die auf der individuellen Ebene genauso frei über ihre Zeit entscheiden können wie Männer, sind mit Stereotypen konfrontiert, die auf dem Arbeitsmarkt zu ihrem finanziellen Nachteil wirken.

 

Gleichwertige Arbeit wird immer noch nicht gleich entlohnt. In  Führungspositionen gezahlte hohe Gehälter, Boni und Zulagen gehen nach wie vor vorwiegend an Männer – während Frauen mit mehr als zwei Dritteln die Gruppe der Menschen mit Niedriglöhnen in Deutschland anführen.

 

Die Fakten sind lange bekannt. Jetzt gilt es zu handeln. Von den Tarifparteien kann erwartet werden, sich endlich auf echte Entlohnungsgerechtigkeit im Sinne einer gleichen Bezahlung für gleichwertige Arbeit zu einigen. Mehr Transparenz im Unternehmen bei den Verdiensten ist zudem ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg, den Gender Pay Gap zu reduzieren. Und auch die Beförderung von mehr Frauen in hohe Führungspositionen führt zu mehr Verdienstgerechtigkeit.

Geschieht weiterhin nichts Grundsätzliches, verschiebt sich das Problem in die Zukunft.

http://www.diw.de/sixcms/media.php/73/11-12-3.pdf

PD Dr. Elke Holst ist Senior Economist bei der Längsschnittstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) und Forschungsdirektorin Gender Studies am DIW Berlin.

 

 

 

Gender Pay Gap in der Buindesrepublik nach Altersgruppen (Quelle: Statistisches Bundesamt / FAZ)
Gender Pay Gap International (Quelle: Eurostat, SPD)

Entstehhungsgeschichte des Equal Pay Day

 

Equal Work for equal pay

2008 wurde der Equal Pay Day, der internationale Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen, auf Initiative der Business and Professional Women (BPW) Germany erstmals in Deutschland durchgeführt. Entstanden ist der „Tag für gleiche Bezahlung“ in den USA. Initiatorinnen waren die amerikanischen Business and Professional Women (BPW/USA), die 1988 die „Red Purse Campaign“ ins Leben riefen, um auf die bestehende Lohnkluft hinzuweisen.

Diesen Gedanken griff der BPW Germany auf und startete die Initiative Rote Tasche, aus der heraus die Idee für die bundesweite Einführung des Equal Pay Day entstanden ist. Die roten Taschen stehen für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen. Bei der deutschen Premiere des Equal Pay Day 2008 nahmen bundesweit 6.000 Frauen und Männer an rund 40 Aktionen und Veranstaltungen in 25 Städten teil.

2009 formierte sich auf Initiative des BPW Germany ein nationales Aktionsbündnis bestehend aus der Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG), der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), dem Deutschen Frauenrat (DF) und dem Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU).

Das Bündnis konnte gemeinsam bereits im ersten Jahr bundesweit rund 60.000 Bürgerinnen und Bürger mobilisieren, die an 180 Veranstaltungen teilnahmen. Zum dritten Equal Pay Day 2010 fanden 259 Aktionen in 173 Städten und Gemeinden statt, die mindestens 70.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zählen konnten. 2011 zählten die Organisatorinnen bereits mindestens 90.000 Frauen und Männer, die sich an rund 370 Veranstaltungen in 250 Städten und Gemeinden beteiligten.

Bundesgeschäftsstelle Entgeltgleichheit / Forum Equal Pay Day

Um die Initiative des Equal Pay Day über den Aktionstag hinaus durch ein ganzjähriges Engagement zu stärken, öffneten im September 2011 die Bundesgeschäftsstelle Entgeltgleichheit und das Forum Equal Pay Day ihre Pforten. Die Bundesgeschäftsstelle Entgeltgleichheit soll Leitfäden für Veranstaltungen, Werbemittel und Informationsmaterial zum Thema Entgeltgleichheit bereitstellen.

Das Forum Equal Pay Day ergänzt den Aktionstag durch ganzjährige Informationsveranstaltungen für UnterstützerInnen, MultiplikatorInnen und SponsorInnen. Dadurch sollen weitere AkteurInnen gewonnen und der Druck auf die Entscheider erhöht werden. Dabei wird jedes Jahr ein neuer thematischer Schwerpunkt festgelegt, zu dem passende Partner eingebunden werden.

(Quelle: http://www.equalpayday.de/ueber-den-equal-pay-day/)

 

Weiterführende Links

Zickenkrieg um die Frauenquote

Frauenquote für Führungskräfte: Die Einsamkeit des Personalchefs Thomas S.

 

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