Nachts, wenn alle Personalchefs schlafen…schlägt die Stunde der Jobsuchmaschinen
7.5.2004 [ghk] Nachts, wenn alle Personalchefs schlafen, entwickeln sich im Internet-basierten e-Recruiting unsichtbare und selten wahrgenommene Aktivitäten, die fast an die nachtaktive Fauna und Flora erinnern, die die Evolution im Laufe der Jahrmillionen hervorgebracht hat. Dann ist die Stunde der Jobsuchmaschinen gekommen.
Ähnlich wie die Fledermaus-Vorbilder in der Natur durchforsten zahlreiche Suchmaschinen nachts Karriere-Webseiten in Deutschland auf der Suche nach neuen aktuellen Stellenanzeigen. Diese werden dann Stellensuchenden passend aufbereitet auf Abruf präsentiert. Doch für das Glück der Stellensuchenden haben die Entwickler dieser Suchmaschinen, auch Robot oder Spider genannt, selbst einige schlaflose Nächte investiert – denn die Suchmaschinenprogramme müssen wie die Ultraschall-Orientierung der Feldermäuse in einem komplexen Verfahren entwickelt und permanent verfeinert werden.
Web-Suche als Odyssee?
Ohne Suchmaschinen würde das Surfen im Internet angesichts der in die Milliarden zählenden Webseiten im WWW in einer hoffnungslose Odyssee enden – und der geübte Umgang mit diesen Werkzeugen ist fast genauso wichtig wie Straßenschilder, Landkarten oder eingebaute Satteliten-Navigationssysteme für den Autofahrer. Altavista, Yahoo oder Google sind nur die bekanntesten Vertreter und haben ihren Bekanntheitsgrad im breiten Publikum längst sichergestellt. Mit dem Börsengang von Google wird jetzt auch unter Beweis gestellt, daß mit solchen Werkzeugen auch enorme Kapitalbeträge beschafft werden können.
Im e-Recruiting haben sich Suchmaschinen ebenfalls etabliert. Die jüngste Diskussion um den Virtuellen Arbeitsmarkt der Bundesagentur für Arbeit (BA) hat die Rolle und die Erfolgserwartungen der BA-eigenen Stellensuchmaschine in das Licht der Öffentlichkeit gezerrt. Doch während der BA-Roboter nur in den Amtsstuben der Staatsbehörde genutzt werden kann, stehen eine Reihe von leistungsfähigen Roboter-Programmen den Personalchefs und Stellensuchenden zur Verfügung.
Mit dem Joboter von der Adpartner Stellenmarkt AG kommt nun ein neuer Roboter auf den Markt, der für Arbeitgeber und Stellensuchende nützliche Dienste verrichtet. Der neue Roboter, besticht durch einen modernen Entwicklungsansatz, wie Carsten Bleek, Chef der Softwarefirma CROSS in Frankfurt/M und Entwickler des Spiders erläutert. Im Gegensatz zu Suchmaschinen, die auf proprietären Programmen wie z.B. Verity basieren, wurde Joboter komplett mit Bestandteilen aus den Open-Source-Bereichen entwickelt.
Open-Source Konzept
Nach dem „Open-Source“ Konzept stellen Software-Entwickler ihre Quelltext-Lösungen der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung. Im Gegenzug werden spezifische Weiterentwicklungen oder Zusatzmodule ebenfalls kostenlos bereitgestellt – so kommt nach den Vorstellungen der Open-Source-Community fast so etwas wie ein Perpetuum Mobile zustande: Kostenlose Entwicklung, qualifizierte Weiterentwicklung, eine Evolution der softwaretechnischen Intelligenz pur.
Die wirtschaftlichen Vorteile bei der Nutzung von Open-Source-Stellensuchmaschinen sind enorm: schnelle Marktreife, kurze Entwicklungszyklen und überschaubare, finanzierbare Kosten sind die wesentlichen Merkmale, von denen nun auch der Joboter profitiert hat.
Steckbrief: Joboter – ein Spider für Stellenanzeigen
Joboter durchsucht das Internet gezielt nach Stellenanzeigen und bündelt diese in einer leistungsfähigen Suchmaschine. Dabei besucht der „Spider“ Tag für Tag über 400 Internetauftritte von Firmen, immer auf der Suche nach offenen Positionen. Die textlichen Inhalte der Stellenanzeigen werden analysiert und wesentliche Stellen, wie der Job-Titel oder die Unternehmensbeschreibung, extrahiert. Das Auftauchen der Suchbegriffe in den unterschiedlichen Textpassagen beeinflußt die Reihenfolge der Treffer.
Liste der Funktionen
- Indizieren unterschiedlicher Formate wie HTML, PDF, …
- Indizieren von HTML Frames.
- Analyse der textlichen Inhalte wie Job-Titel oder Unternehmensbeschreibung
- Suche nach Sätzen
- Suche nach Synonymen (z.B. PC und Computer) und nach abgeleiteten Wörtern (z.B. Arzt und Ärztin)
- Suche nach Teilbegriffen
- Suche nach logisch verknüpften Begriffen (z.B. „Unix“ oder „linux“ und nicht „windows“)
- Suche nach Kategorien
Quelle: CROSS-Solutions
Der Roboter durchsucht das Internet anhand einer Katalog-Liste von vordefinierten Web-Adressen (URLs) und führt eine gezielte Volltextanalyse des Inhaltes durch. Anhand von Referenzen erkennt der Suchroboter Informationen, die auf den Arbeitgeber-Karriere-Webseiten abgespeichert sind. Für die inhaltliche Analyse wird die Stellenanzeige in ihre inhaltlichen Bestandteile zerlegt, und Titel der Stelle, Ort, Unternehmensbeschreibungen oder Tätigkeit werden herausgefiltert und in den Index des Roboter abgespeichert. Programmtechnische Erfassungsformulare oder firmeneigene Datenbanken können ebenfalls durchsucht werden.
Doch bei allen Vorteilen der Automation kommt keine „Big-Brother-Mentalität“ auf: Arbeitgeber melden ihre Webseiten als Durchsuchungs-Kandidat dem Roboter an und für etwaige sensitive Informationen berücksichtigt der Roboter das Vertraulichkeitsprinzip, das in den Metatags der HTML-Seiten die Durchsuchung generell freigibt. Ein einfaches HTML-Statement wie z.B.
<META NAME=“ROBOTS“ CONTENT=“NOINDEX, NOFOLLOW“>
hingegen blockt die Webseite für jeglichen Robot-Besuch, der Robot sollte diesen Anweisen zufolge das Web-Dokument weder indizieren noch nach Links analysieren.
Nocturnes
Aus Performance-Gründen sind die zeitlichen Ablauf-Phasen der Roboter aufgebrochen worden, sie laufen asynchron in der Regel nachts ab, da dann die Web-Computer weniger ausgelastet sind. In der ersten Phase durchsucht der Robot alle für ihn relevanten Websites. Hier muß das Robot-Programm erkennen, wann es zuletzt diese spezielle Webseite zuletzt besucht hat und ob in der Zwischenzeit Änderungen im Inhalt vorgenommen wurden. In einer zweiten Phase wird der Inhalt der Webseite einer semantischen Analyse unterzogen, und Schlüsselbegriffe werden als Treffer indiziert und gespeichert. Unabhängig von diesen Phasen kann nun der Roboter eine Suchanfrage eines Surfers entgegen nehmen und beantworten: Das Programm braucht dann nur in den vorbereiteten und aktualisierten Indizes nach den gewünschten Begriffen suchen und die Trefferliste aufbereiten und dem Benutzer in der gewünschten Form anzeigen. Diese asynchrone Handhabung der diversen Ablaufschritte stellt sicher, daß das Web einerseits unablässig durchsucht werden kann und andererseits der Benutzer gewünschte Treffer in Sekundenschnelle angezeigt bekommt.
Roboter für e-Recruiting
Für den intensiv suchenden Bewerber ist es von großem Vorteil, Job-Suchmaschinen zu nutzen. Einer der am häufigsten eingesetzten Roboter ist Jobturbo, die Stellensuchmaschine der Firma Internext GmbH, die bei verschiedenen Medienportalen, so z.B. dem Handelsblatt, DIE ZEIT, CESAR, eVita/Job-World, UNICUM oder auch im Crosswater Job Guide eingesetzt wird.
Mit Jobsafari ist eine Job-Suchmaschine der dänischen Firma Jobindex auf dem Markt, sie durchsucht Jobbörsen und Firmenseiten nach Stellenangeboten. Jobsafari ist auch in anderen europäischen Ländern, so z.B. Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Österreich, Schweden, der Schweiz und Spanien im Einsatz.
Joboter aus dem Hause Adpartner Stellenmarkt AG und Worldwidejobs (Frankfurt/M) sind weitere Beispiele für Jobsuchmaschinen, die Firmenseiten durchsuchen. XLJobs von HR4You ist eine Hybrid-Lösung, die sowohl Jobbörsen z.B. Health-Job.net oder auch Firmenwebseiten durchsucht. Diesen Stellenanzeigen ist eines gemeinsam: sie werden auf der IT-Plattform von HR4You verwaltet, die eine Reihe von Jobbörsen als ASP (Application Service Provider) betreibt.
Ein besonderes Suchwerkzeug wird von der Firma Wimmex AG Köln/München im kostenpflichtigen Abonnement zur Verfügung gestellt: Der Wimmi-Suchroboter bietet in einer kostenlosen Version die Suche in der Stellenanzeigen-Datenbank der Bundesagentur für Arbeit an, während eine kostenpflichtige Version Karriere-Seiten von Unternehmen, Behörden, Zeitungen oder Spezial-Jobbörsen durchsucht.
Jobsuchmaschinen lassen sich nach ihrer generellen Zielrichtung in drei grobe Typen einordnen:
- Suchen in Firmen-/Arbeitgeber-Webseiten
- Suchen in Jobbörsen-Datenbanken
- Hybrid-Lösungen, d.h. Suchen in beiden Zielbereichen.
Wer intensiv Jobsuchmaschinen für die eigene Stellensuche nutzen möchte, sollte sich zunächst einmal mit dem Jobbörsenmarkt und den Eigenheiten einer Roboter-basierten Stellensuche vertraut machen. Hilfreich ist es, zunächst die einfache Volltextsuche zu nutzen und nach dem gewünschten Begriff, z.B. „Ingenieur“ zu forschen. Rasch erkennt der Stellensuchende, in welcher Jobbörse die größte Anzahl interessanter Stellenanzeigen abgespeichert sind. Die dahinter verborgene Qualität der zu besetzenden Stelle muß der Bewerber in spe jedoch selbst beurteilen, diese Arbeit kann ihm kein Roboter abnehmen.
Beispiel: Volltextsuche – Suchbegriff „Ingenieur“
Beispiel: Volltextsuche Suchbegriff „Ingenieur“ |
Anzahl Treffer |
Such-Ziel | Ermittelt von |
Consultants.de |
58 |
Jobbörse | Jobturbo |
DIE ZEIT |
84 |
Jobbörse | Jobturbo |
Franchisefinder |
0 |
Jobbörse | Jobturbo |
Ingenieurweb.de |
180 |
Jobbörse | Jobbörse |
Hotel-Career.de |
1 |
Jobbörse | Jobturbo |
huntingheads |
1 |
Jobbörse | Jobturbo |
Ingenieurkarriere |
634 |
Jobbörse | Jobturbo |
Joboter |
2042 |
Arbeitgeber | Joboter |
Stellenmarkt.de |
1668 |
Arbeitgeber | Stellenmarkt |
Jobpilot |
2090 |
Jobbörse | Jobturbo |
Jobsafari |
950 |
Hybrid | Jobsafari |
jobsintown |
95 |
Jobbörse | Jobturbo |
Jobware |
150 |
Jobbörse | Jobturbo |
Michael Page |
26 |
Jobbörse | Jobturbo |
Stellenanzeige |
198 |
Jobbörse | Jobturbo |
StepStone |
2081 |
Jobbörse | Jobturbo |
Süddeutsche.de |
112 |
Jobbörse | Jobturbo |
Tagesspiegel.de |
5 |
Jobbörse | Jobturbo |
TopArbeitgeber |
18 |
Jobbörse | Jobturbo |
UNICUM |
68 |
Jobbörse | Jobturbo |
Unister |
257 |
Jobbörse | Jobturbo |
Worldwidejobs |
965 |
Arbeitgeber | wwj |
XLJobs |
314 |
Hybrid | XLjobs |
Gesamt: |
11.997 |
Phänomen Mehrfachplatzierung
Darüber hinaus muß sich der Stellensuchende auch mit dem Phänomen der Mehrfachplazierung von Stellenausschreibungen vertraut machen.
Arbeitgeber veröffentlichen eine Stellenanzeige zunächst auf der eigenen Firmenwebseite. Je nach Größe des Unternehmens können diese Stellenanzeigen auch bei JobStairs, der Jobbörse der TOP-30 Konzerne in Deutschland, publiziert werden. JobStairs wiederum liefert diese Stellenanzeigen zur weiteren Veröffentlichung an den Virtuellen Arbeitsmarkt der Bundesagentur für Arbeit. Aus dieser Quelle beziehen spezielle Kooperationspartner der BA wiederum die Stellenanzeigen, um sie in gesondert aufbereiteter Form und nach flexibleren Suchmechanismen anzubieten: Die BA-Stellenanzeigen finden sich somit u.a. bei MeineStadt.de, Rekruter.de in Berlin oder OpusForum.org, einer regional orientierten Internet-Community für Anzeigen aller Art.
Medien-Portale und Internet-Marktplätze wiederum nutzen gerne Stellenanzeigen-Datenbanken von Jobbörsen, um ihre eigene Service-Palette anzureichern. So werden die Stellenanzeigen von Jobware.de bei spezialisierten Medienportalen wie Heise-Online, Stuttgarter Zeitung, Rheinpfalz-Zeitung oder der Süddeutschen Zeitung verfügbar gemacht („Powered by.Jobware“), ähnliche Multi-Channelstrategien verfolgen auch StepStone und andere wichtige Jobbörsen. Am Ende wird die virtuelle Republik mit Stellenanzeigen mehrfach überzogen – doch leider steht hinter den Mehrfach-Plazierungen immer nur ein Original-Stellenangebot.
Für den Stellensuchenden ist das der Preis der Rund-um-die-Uhr Stellensuche: Die Vorteile der Internet-basierten Jobsuche müssen mit oftmals intransparenten Suchprozessen erkauft werden. Dabei vollzieht sich die Jobsuche nach einer hohen Intensität. Einer zur Zeit laufenden Umfrage von Jobpilot / Tomorrow zufolge nutzen nahezu 60% der Umfrageteilnehmer das Internet täglich oder mehrmals die Woche, um nach aktuellen Stellenangeboten per Mausklick zu suchen.
Sie sind fest im Job, aber wollen sich verbessern. Wie oft schauen Sie online nach neuen Job-Chancen?
- Täglich 849 26,07 %
- Mehrmals die Woche 1106 33,96 %
- Mehrmals im Monat 819 25,15 %
- Sehr selten 483 14,83 %
- Gesamtbeteiligung: 3257
Quelle: Online-Umfrage jobpilot / Tomorrow zur Häufigkeit der Online-Suche nach Stellenangebote (Stand: 10. Mai 2004)
Ist die Entwicklung von Job-Suchmaschinen jetzt reine technische Spielerei oder steckt dahinter gar eine ausgeklügelte Marketingstrategie? Für die Teilnehmer am Arbeitsmarkt bieten sich mit den Job-Suchmaschinen unterschiedliche Möglichkeiten und Vorteile.
Arbeitgeber, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, gewinnen durch die Einbeziehung von Stellensuchmaschinen eine bessere „Exposure“, d.h. eine größere Verbreitung ihrer Stellenanzeigen in den virtuellen Arbeitsmarktwelten.Jobbörsen wiederum können Multiplikatoren-Effekte in der Verbreitung der publizierten Stellenanzeigen erreichen, wenn sie die Datenbanken für den Roboter-Besuch freigeben.
Betreiber von Stellensuchmaschinen erschließen neue, zusätzliche Dienstleistungen für den e-Recruiting-Arbeitsmarkt und verbessern so die Transparenz. Diese Dienstleistungen können einerseits als Stand-alone-Service, aber auch in Verbindung oder als Ergänzung zum Service-Mix eines Personaldienstleisters angeboten werden.
Stellensuchende müssen zunächst die Hürden der Lernkurve überwinden und den Umgang mit einer Suchmaschine lernen. Für Google-erfahrene Surfer sollte dies eigentlich keine Schwierigkeiten bereiten. Schwieriger hingegen ist es, sich einen Marktüberblick über die verfügbaren Roboter zu schaffen und deren Leistungsfähigkeit einzuordnen. Nur mit zäher Geduld werden sich schließlich Stellensuchende mit dem Phänomen der Mehrfach-Plazierung von Stellenanzeigen auseinandersetzten, andererseits erschließen sie sich dann aber mit den schnellen und leistungsfähigen Tools neue Informationsquellen.
Fu: Fledermaus oder Glück
Die schrittweise Evolution der präzisen Orientierung im e-Recruiting wird für Stellensuchende mittlerweile so wichtig wie es die Ultraschalltechnik für die Orientierungsfähigkeit und damit das Überleben der Fledermäuse ist.
Dabei erinnert ein Erfolgserlebnis bei der Internet-Jobsuche beinahe etwas an den Glücksbegriff der chinesischen Kultur: Mit dem Begriff „Fu“ umschreiben die Chinesen sowohl das Wort „Glück“ als auch das Wort für „Fledermaus“.
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