Verwaltungsmodernisierung bleibt hinter Möglichkeiten zurück
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Bundesregierung stellt Programm „Digitale Verwaltung 2020“ vor
- Haushaltsmittel laut BITKOM unzureichend
Der Hightech-Verband BITKOM sieht bei der „Digitalen Verwaltung 2020“ der Bundesregierung Licht und Schatten. Die Regierung hat heute ihr Programm zur Zukunft der Verwaltung vorgestellt. Es dient unter anderem der Umsetzung der Digitalen Agenda und des Koalitionsvertrags. „Die Bundesregierung will die Verwaltung digitalisieren und modernisieren, das ist gut – leider ist das Programm an einigen Stellen zu halbherzig“, sagt BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. So fehlten entsprechende Gelder zur Finanzierung der Pläne. Zudem sei die Chance vertan worden, Online-Behördengänge durchgängig zu vereinfachen.
Laut Koalitionsvertrag sollen mit dem Programm „Digitale Verwaltung 2020“ Standards zur flächendeckenden Digitalisierung der Verwaltung angeschoben werden. Insbesondere sollen die hundert wichtigsten Verwaltungsleistungen innerhalb der nächsten vier Jahre bundesweit einheitlich online angeboten werden. Doch die dafür nötigen Investitionen sind bislang nicht in der Haushaltsplanung eingestellt. Beispielsweise soll die Bundesverwaltung zukünftig mit elektronischen Akten arbeiten. Das sieht schon das E-Government-Gesetz aus dem Jahr 2013 vor. Bislang jedoch werden in der Regel Ordner und Mappen aus Papier und Pappe vom Sachbearbeiter zum Vorgesetzten und wieder zurück geschoben. Für die Umstellung auf die elektronische Akte sind nach Schätzungen der Regierung Investitionen von 242 Millionen Euro notwendig. Entsprechende Gelder tauchen in dem jetzt vorgestellten Programm „Digitalen Verwaltung 2020“ jedoch nicht auf. „Wenn tatsächlich eine gemeinsame elektronische Aktenführung für die Bundesverwaltung eingeführt werden soll, dann muss sich das auch in der Finanzplanung niederschlagen“, sagt Rohleder.
Auch bei der Verlagerung von Behördengängen ins Internet bleibt das Programm hinter den Möglichkeiten zurück. Bürger erwarten, dass entsprechende Anträge und Formulare möglichst einfach zu nutzen sind. Leider stehen dem häufig gesetzliche Bestimmungen entgegen, die zum Beispiel eine Unterschrift auf dem Formular verlangen. Zwar muss laut E-Government-Gesetz ein Formular nicht mehr allein deshalb unterschrieben werden, weil eine Unterschrift schon immer notwendig war. Aber diese gesetzliche Klarstellung reicht nicht aus, um den Gang zum Amt durch eine Mail oder ein Online-Formular zu ersetzen. „Wir brauchen eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, die systematisch Formulare vereinfacht und so rein elektronische Prozesse ermöglicht – jedenfalls dort, wo eine Unterschrift nicht gesetzlich vorgeschrieben ist“, sagt Rohleder. Bisher seien diese Schritte unterblieben.
Das Angebot digitaler Bürgerdienste ist in den vergangenen Jahren laut BITKOM zwar umfangreicher und besser geworden, dennoch stagniert in Deutschland deren Nutzung. Im Jahr 2013 luden sich 49 Prozent aller Bundesbürger über das Internet amtliche Formulare herunter, schickten Anträge an Behörden oder baten um Auskunft. Das sind nicht mehr und nicht weniger als im Jahr 2009. E-Government tritt damit trotz des verbesserten Angebots seit vier Jahren auf der Stelle. Nach Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat liegt Deutschland bei der Nutzung von E-Government-Angeboten gerade einmal auf Rang 9 aller EU-Mitglieder. Spitzenreiter ist Dänemark. Dort verwenden mittlerweile 85 Prozent der Einwohner solche Dienste, es gab eine deutliche Steigerung innerhalb weniger Jahre. „Der Trend zum E-Government ist an der Hälfte der Bevölkerung vorbei gegangen“, sagt Rohleder. Viele Bürger wüssten schlicht nicht, welche Online-Angebote es gäbe. Rohleder: „Wenn die Verwaltung neue elektronische Dienste einführt, muss darüber breit informiert werden. Werbung zum Beispiel für die umfangreichen Möglichkeiten des neuen elektronischen Personalausweises gab es nicht.“
Zur Methodik: Die Berechnungen zur Nutzung von E-Government-Angeboten in den einzelnen EU-Staaten (Ranking) basieren auf Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat. In allen EU-Mitgliedsstaaten wurden Bürger im Alter von 16 bis 74 Jahren gefragt, ob sie in den 12 Monaten vor der Erhebung das Internet für die Interaktion mit staatlichen Behörden genutzt haben, etwa für die Informationsbeschaffung, das Herunterladen amtlicher Formulare oder Rücksenden ausgefüllter Formulare.
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