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Lügen im Bewerbungsprozess – nur ein Kavaliersdelikt?

Armin Betz
Armin Betz

Interview Armin Betz, Vorstand HR Consult Group AG

In Bewerbungsgesprächen wird kräftig gelogen, zeigt eine Studie von Wissenschaftlern der US-Universität Massachusetts. Dort lügt ein Kandidat im Schnitt 2,19 Mal während eines viertelstündigen Jobinterviews.

Ein Bewerber behauptete, er arbeite seit 1970 mit Microsoft Windows und das war schlichtweg gelogen. Internationalität ist bei Personalern sehr gefragt. Wer aber behauptet, zwei verschiedene Praktika zur gleichen Zeit in zwei Ländern absolviert zu haben, hat schlechte Karten. Gefälschte Diplome gibt es wahrscheinlich genug. Wenn dann das gefälschte Zertifikat noch einen Rechtschreibfehler enthält, fliegt der Täter schnell auf. Personalmanager müssen nicht Aufzug fahren, um zu wissen, wer im Unternehmen arbeitet. Pech für den Bewerber, der fälschlicherweise angibt, in der Firma gearbeitet zu haben, in der zum selben Zeitraum auch der Personaler beschäftigt war.

 

Armin Betz, Vorstand HR Consult Group AG erläutert, warum Bewerber lieber bei der Wahrheit bleiben sollten und wie schwierige Fragen im Bewerbungsgespräch am professionellsten beantwortet werden können.

 

Kleine Unwahrheiten oder kleine Abweichungen von der Wahrheit scheinen heute bei Bewerbungen normal zu sein – wie gehen Sie als Personalberatung damit um?

Herr Betz: Recruiter sind mittlerweile stark sensibilisiert für dieses Thema und wir schauen deshalb auch genau darauf, ob ein Kandidat die Wahrheit sagt. Fallen uns im Lebenslauf oder während des Interviews Ungereimtheiten auf, versuchen wir herauszufinden, weshalb der Kandidat versucht an dieser Stelle zu kaschieren. Das sind wir auch unserem Auftraggeber schuldig!

 

Was sind die häufigsten Gründe für Kandidaten im Bewerbungsprozess zu lügen?

Herr Betz: Ein häufiger Grund ist, dass der Kandidat oder die Kandidatin sich übernimmt und sich eigentlich nicht als qualifiziert genug für den angestrebten Job fühlt! Ein zweiter Grund ist, dass eine Kündigung oder eine einvernehmliche Trennung vom letzten Arbeitgeber vorliegt, die man als persönliche Niederlage empfindet und daher zu vertuschen versucht. Ein weiterer Grund sind häufige Arbeitgeberwechsel, die beim Kandidaten einen unsteten Berufsweg aufzeigen und Ihn damit scheinbar als ungeeignet ausweisen.

 

Wie wird mit dem Thema Gehalt umgegangen?

Herr Betz: Beim Gehalt wird traditionell gerne „optimiert“! Zum Einen sagen uns Kandidaten oft, dass das Gehalt alleine nicht zählt – sondern das Gesamtpaket ausschlaggebend ist. Zum Anderen wird gern beim Gehalt aufgeschlagen.

 

Kommt es auch vor, dass sie im Netz oder bei ehemaligen Arbeitgebern zu Kandidaten nachforschen?

Herr Betz: Die Online-Recherche über die Sozialen Netze ist heute Routine in der Personalberatung, als auch in der Anforderung der meisten Personalabteilungen. In Einzelfällen macht es Sinn, auch beim ehemaligen Arbeitgeber Referenzen über den Kandidaten einzuholen.


Bewirbt man sich denn wirklich für den richtigen Job, wenn man ihn nur mit einer Lüge bekommt?

Herr Betz: Wenn man seine Berufseignung und seine Fähigkeiten selbst erschaffen muss, um qualifiziert zu sein, kann das nicht gut gehen. Es ist zumindest sehr kurzfristig gedacht! Denn der Kandidat muss im Anschluss alle Aufgaben meistern und den Anforderungen auch gerecht werden. Das könnte Überforderung, Stress und ein Erhalt des Lügengerüstes von Anfang an bedeuten. Damit ist die Anspannung von Beginn an hoch und der Kandidat muss immer auf der Hut sein, nicht aufzufliegen. Er kommt also nie richtig in seinem neuen Job an.

 

Kann einen eine Lüge im Job wirklich verfolgen?

Herr Betz: Im Bewerbungsverfahren sind in der Regel nicht nur Recruiter, sondern auch der verantwortliche Personaler und der künftige Vorgesetzte dabei. Alle machen sich Ihre Notizen zu Punkten des Auswahlgespräches und zu den Antworten des Bewerbers. Oft verzettelt sich der Bewerber dann im entscheidenden Einstellungsgespräch bereits und fällt damit auf und aus. Oder es gibt Beispiele von Kündigungen in der Probezeit oder auch fristlosen Kündigen danach, weil sich jemand durch Unwahrheiten in die Position geschlichen hat.

 

Lügen im Jobinterview haben Tradition
Lügen im Jobinterview haben Tradition

 

„ Mit ehrlichen Angaben bei der Bewerbung arbeitet es sich nachher deutlich entspannter im Unternehmen, als mit ehrgeizigen.“

Wer bei der Wahrheit bleibt, kann entspannter in den neuen Job starten. Doch nicht jede Lüge im Bewerbungsgespräch ist ein Vergehen – es gibt durchaus unzulässige Fragen in Vorstellungsgesprächen, die man nicht beantworten muss.

1. Fragen nach Schwangerschaft und Familienplanung sind unzulässig.

2. Fragen
nach der Konfession, der Partei- und der Gewerkschafts-zugehörigkeit sind unzulässig. Ausnahmen gelten nur für so genannte Tendenzbetriebe. Wenn der Arbeitgeber zum Beispiel die katholische Kirche wäre, hätte sie ein berechtigtes Interesse daran, die Konfession des Bewerbers zu erfahren.

3. Fragen
nach Lohnpfändungen und Vermögensverhältnissen sind unzulässig. Hier besteht eine Ausnahme nur, wenn der Bewerber sich auf eine Position mit umfangreichem Geldverkehr bewirbt.

4. Fragen
nach Vorstrafen sind unzulässig. Eine Ausnahme greift nur, wenn die Vorstrafe für die Tätigkeit von direkter Bedeutung wäre, etwa ein Verkehrsdelikt bei einem Firmen-Chauffeur.

5. Fragen
nach einer Aids-Infektion müssen dann beantwortet werden, wenn die Tätigkeit andere Menschen z.B. im Gesundheitsdienst gefährden kann. Die Frage nach einer Aids-Erkrankung muss im Bewerbungsgespräch wahrheitsgemäß beantwortet werden.

Generell ist abzuraten, auf unzulässige Fragen mit einem schroffen „Das dürfen Sie mich nicht fragen!“ oder gar mit einem Verweis auf die Gesetzeslage zu reagieren. Sondern versuchen Sie jede der Fragen trotzdem souverän zu beantworten. Hier ein Antwortbeispiel zur Frage nach politischer Ausrichtung: „Ich würde sicherlich eine Partei wählen, die mit ihrer Politik sowohl die Interessen der Wirtschaft als auch der Arbeitnehmer berücksichtigt.“ Wichtig ist, bei kritisch besetzten Fragen gelassen zu reagieren und überlegt zu antworten. Denken Sie daran, eine aufgeflogene Lüge schadet der eigenen Glaubwürdigkeit und stellt die persönliche Integrität infrage. Das kratzt an der Reputation und kann einem sehr lange nachhängen – gerade in Zeiten des Internets.

 

Kontakt:

Armin Betz

CEO

Martin-Kollar Straße 10

81829 München

www.hr-consult-group.de

info@hr-consult-group.de

 

 

 

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