Suchmaschinen-Dompteuse Barbara Braehmer zähmt Active Sourcing
Wieder einmal mehr punktet Professor Dr. Peter M. Wald, wenn es um die Zustammenstellung der Referenten-Liste beim HR Innovation Day in Leipzig am 28.5.2016 geht. Mit hohen Erwartungen tritt dabei Barbara Braehmer in die Manege. Sie erläutert, wie Unternehmen mit Active Sourcing eine alternative zu den herkömmlichen Recruiting-Kanälen nutzen können, und ob Active Sourcing das Allheilmittel – also so etwas wie ein Schweizer Armee-Messer – gegen den Fachkräftemangel ist.
Peter M. Wald im Interview mit Barbara Braehmer
Peter: Dem „ Active Sourcing“ wird zuweilen der Charakter des heiligen Grals des Recruitings zugeschrieben. Andere betrachten Active Sourcing als Handwerk des modernen Recruiters. Ohne dem Workshop vorzugreifen, wo ordnest Du diesen Begriff ein?
Barbara: Ich finde, wir sollten damit anfangen, das Active vor dem Sourcing wegzulassen. Dabei entsteht das Gefühl, dass Recruiter vorher nicht ‚aktiv‘ waren. Und das ist ja nicht der Fall. Die klassischen Formen des Recruitings werden heute durch viele neue Wege, Methoden und digitale Tools des Social Recruiting ergänzt. Sicherlich wird die eine oder andere Vorgehensweise komplett ersetzt, aber z.B. sind die totgesagten Printanzeigen ganz schön lebendig und richtig gemacht sogar immer noch erfolgreich. Eine der neuen Methoden ist Sourcing – und das ergänzt, so wie die anderen Social Recruiting Methoden, das Recruiting
Peter: Was meinst Du? Kann jeder Active Sourcing? Sollte jeder active sourcen? Oder passt Active Sourcing vielleicht nicht überall?
Barbara: Sourcing ist keine Allzweckwaffe – aber klug eingesetzt ein Katalysator jeden Recruitings. Ich bin der Überzeugung, dass jeder wissen und lernen sollte, wie Sourcing funktioniert. Aber es muss nicht jeder selbst durchführen. Sourcing in die Recruiting-Toolbox zu integrieren ist eine Make- or Buy Entscheidung.
Peter: Make or buy? Was empfiehlst Du Unternehmen, die sich dem Thema Active Sourcing nähern?
Barbara: Leider ist augenblicklich die Integration des Sourcings in die Recruiting-Toolbox noch hauptsächlich eine Do-it-Yourself Entscheidung, weil die meisten Personaldienstleister und -berater nicht professionell sourcen. Die meisten gehen das Sourcing intuitiv und ohne digitales Mindset an: Sie geben einfach aktiv ein paar Suchbegriffe in Suchmasken der Social Media Portale ein. Das ist zwar eben aktiv – aber nicht professionell, denn Talente findet man so nicht oder nur zufällig. Die Voraussetzung für das professionelle Sourcing ist das Verständnis für die Funktionsweise verschiedener semantischer Algorithmen, das Wissen, wie man die Digital Body Language von Usern (das ist der Datenschweif, den ein Mensch online hinter sich herzieht) im Web liest. Voraussetzung für erfolgreiches Sourcing ist heute das Knowhow und die Kompetenz, digitale Tools und Methoden geschickt zu kombinieren.
Peter: Thema „Big Data“: Welche Rolle dürfte dies zukünftig beim Sourcing bzw. Recruiten spielen?
Barbara: Noch spielt Big Data selbst eine geringe Rolle im Recruiting. Da viele Big Data mit großen Datenmengen verwechseln, und denken, wenn Algorithmen Daten analysieren muss sich das immer um Big Data handeln, liest man hier und da davon, dass das in HR schon angewendet wird. Das ist Unsinn – nicht mal in den USA ist das wirklich im Einsatz. Was da ist und kommt ist das sogenannte Data-Driven Hiring oder Data-Driven Recruiting (und dann natürlich auch Sourcing). Dazu gehört zum Beispiel auf Karrieresites Leser anonym und aggregiert zu tracken, wohin diese klicken oder wann sie abspringen und entsprechend den Content anzupassen. Oder ich kann mit Algorithmen wie dem Tool Jobfeed von Textkernel berechnen, welche Jobtitel in welcher Regel wie oft gesucht werden. Das hilft Unternehmen z.B. ihren Wettbewerb zu beobachten und ihre Maßnahmen entsprechend zu planen und anzupassen.
Peter: Diese Frage habe ich Dir auch im letzten Jahr gestellt. Es ist für meine Absolventen zunehmend wichtiger im Netz gefunden zu werden? Gibt es hier aktuelle Entwicklungen, aus den sich Tipps und Hinweise für meine Studierenden ableiten lassen?
Barbara: Ich beobachte zwei Tendenzen (und nehme mich selbst dabei überhaupt nicht aus): Wir glauben nicht mehr so sehr an das, was wir im Web sehen und verifizieren. Wir suchen nach anderen Informationen, fragen Leute und prüfen. Das machen Personaler auch immer mehr. Und das Web vergißt kaum etwas. Deshalb sollte jeder Student nicht nur seine Social Media Präsenzen ‚pflegen‘ und das, was er/sie nicht öffentlich sehen wollen, auch nicht öffentlich posten. Zweitens sollten alle Studenten heute schon damit anfangen, sich einmal in der Woche zu googlen. Denn es gibt leider auch wenig nette Kommilitonen und da sollte man aufpassen, was diese über einen selbst im Web verbreiten.
Der HR Innovation Day 2016 in Leipzig
Der HR Innovation Day 2016 findet am 28. Mai 2016 in Leipzig statt. In drei Keynotes und zwei Workshop-Runden wird breites Spektrum von Personalprozessen (Recruiting, Personaleinsatz, Führung – um nur einige zu nennen) abgedeckt. Dabei stehen sowohl Innovationen im Personalmanagement (vor allem neue Tools und Vorgehensweisen) als auch die klassischen Themen der Personalarbeit im Fokus. Das Programm ist hier zu finden: http://leipzig-hrm-blog.blogspot.de/2016/04/hr-innovation-day-2016-das-programm.html
Anmelden können Sie sich hier: https://www.xing.com/events/hr-innovation-day-2016-1675373