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Personalbindung und -gewinnung durch unternehmenseigenen Studiengang

Uwe Schöpe
Uwe Schöpe

Ein Gastbeitrag von Uwe Schöpe

Die Zurich Gruppe Deutschland qualifiziert ihre Mitarbeiter mit dem hauseigenen Bachelor-Studiengang „Servicemanagement“. Sie ist damit bislang die einzige Versicherung, die ihre Mitarbeiter im Servicebereich akademisch weiterbildet – ein starkes Alleinstellungsmerkmal für Recruiting und Personalbindung. Wie entsteht ein solches Studienangebot, und für welche Unternehmen lohnt sich die Eigenproduktion? Ein Erfahrungsbericht.

15 Mitarbeiter der Zurich Gruppe Deutschland studieren seit November letzten Jahres an der Bonner Akademie, dem Weiterbildungsunternehmen von Zurich, im berufsbegleitenden Studiengang „Bachelor Servicemanagement Insurance“. Dieses Studienangebot ist das Ergebnis eines wahren Mammutprojekts: Wir haben es – in Kooperation mit der Internationalen Hochschule Bad Honnef • Bonn (IUBH) – eigens für unsere Mitarbeiter entwickelt.

 

Zurich ist bislang die einzige Versicherung, die ihre Mitarbeiter im Servicebereich akademisch weiterbildet. Dabei liegt das vor dem Hintergrund von Branchentrends wie der Industrialisierung und der Digitalisierung des Versicherungsgeschäfts an der Schnittstelle zum Kunden sehr nah. Die Servicequalität in unserer Branche muss das Niveau erreichen, das für andere Industrien schon lange selbstverständlich ist – auch, um das Image der Versicherungsunternehmen zu verbessern. Mit dem Studium wollen wir unsere Servicekultur stärken und so unsere Kunden von uns überzeugen und neue gewinnen.

 

Unsere Mitarbeiter lernen überwiegend orts- und zeitunabhängig mit digitalen Lernmedien. Alle zwei Monate besuchen sie von Donnerstag bis Samstag ganztägige Vorlesungen und Seminare in Bonn. Den Samstag steuern die Studierenden aus ihrer Freizeit bei. Ansonsten stellt Zurich sie für Präsenztage und die Prüfungsvorbereitung frei und finanziert das komplette Studium einschließlich der Reise- und Übernachtungskosten.

 

Eigener Studiengang stärkt die Employer Brand

Ich werde immer wieder gefragt, warum Zurich finanziell und auch personell so viel investiert und ein eigenes Studium entwickelt hat, statt auf vorhandene Angebote zurückzugreifen. Dafür gibt es drei Gründe: Erstens zeichnet uns ein eigener Studiengang als guter Arbeitgeber aus, stärkt also auch unsere Employer Brand und trägt damit neben der Personalentwicklung auch zu Personalbindung und -gewinnung bei. Zweitens lassen sich Studium und Beruf nur mit einem maßgeschneiderten Angebot so gut verzahnen. Das betrifft sowohl die Kombination von Studieninhalten und Praxis als auch das Zeitmanagement, weil die Studierenden ihre Lernzeiten an den Job anpassen können. Drittens ist die Produktivität viel größer: Die Projekte, die unsere Mitarbeiter im Rahmen des Studiums bearbeiten, haben einen Mehrwert für ihre Abteilung. Beispielsweise legen sie das Thema ihrer Bachelor-Thesis bereits im ersten Semester aus ihrem Arbeitsumfeld heraus fest und beschäftigen sich während des kompletten Studiums damit. So amortisiert sich der Studiengang schon währenddessen größtenteils über Produktivitätszuwachs. Ein ganz wichtiges Argument für unsere Entscheidung war aber auch, dass wir bereits sehr positive Erfahrungen mit einem eigenen Studiengang gemacht haben, nämlich mit dem in Kooperation mit der FH Köln entwickelten Bachelor „Financial Services Management“.

 

Erfolgsfaktor Kooperationspartner

Der Erfolg eines eigenen Studienangebots hängt maßgeblich von den Kooperationspartnern ab. Wir entschieden uns für die IUBH, die sich auf Hospitality-Studiengänge spezialisiert hat und als Betreiber einer Fernhochschule langjährige Erfahrung mit berufsbegleitenden Studienangeboten mitbringt. Hospitality Management – das Management von auf den Gast bezogenen Dienstleistungen – ist sehr nah am Thema Servicemanagement. Außerdem pflegen wir bereits seit längerem eine Beziehung zur IUBH, da ihre Studierenden regelmäßig bei uns Abschlussarbeiten schreiben. Dadurch kannte die IUBH uns und unser Geschäft gut und es gelang uns, den Studiengang in sehr kurzer Zeit umzusetzen: Von der ersten Idee bis zum Studienstart vergingen nur 16 Monate.

 

Ein eigener Studiengang für jedes Unternehmen?

Sicherlich lohnt es sich nicht für jedes Unternehmen, einen eigenen Studiengang zu entwickeln. Bei der Make-or-Buy-Entscheidung hilft es, das Mengengerüst kritisch zu hinterfragen, besonders in kleineren Unternehmen. Es muss sichergestellt sein, dass der Studiengang dauerhaft ausgelastet ist. Darüber hinaus empfehle ich, das Kompetenzportfolio zu überprüfen: Auf welchem akademischen Niveau befinden wir uns aktuell? Wie groß ist die Zielgruppe, die wir mit unserem Studienangebot versorgen können? Außerdem muss es natürlich Kompetenzträger geben, die über genügend fachliches Know-how verfügen, um das Studium zusammen mit einer Hochschule inhaltlich ausarbeiten zu können, ebenso wie Kapazitäten in der Personalabteilung. Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, würde ich dazu raten, eher bestehende Studienangebote zu nutzen und diese mit unternehmensspezifischen Weiterbildungen zu kombinieren. Ansonsten kann ich unseren Weg nur empfehlen, gemeinsam mit einem erfahrenen Partner etwas Eigenes aufzubauen.

 

 

Prof. Dr. Kurt Jeschke, Prorektor Unternehmensprogramme Internationale Hochschule Bad Honnef • Bonn:

Drei Voraussetzungen, um erfolgreich einen unternehmenseigenen Studiengang einzuführen

 

Unternehmen müssen ein eigenes Studienangebot

… wollen: Klare Personalentwicklungsstrategie mit Commitment der Geschäftsführung und des Personalvorstandes

… unterstützen: Freistellung der Mitarbeiter für Vorlesungen und Prüfungen

… verfügbar machen: Bereitstellung der notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen

 

 

Autor: Uwe Schöpe, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bonner Akademie GmbH, Zurich Gruppe Deutschland

 

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