Einschränkungen bei der Arbeitnehmerüberlassung gefährden Digitalisierungsprojekte
IT-Unternehmen brauchen Rechtssicherheit bei Werkverträgen
Der Digitalverband Bitkom sieht bei der jetzt erzielten Einigung innerhalb der Regierungskoalition zur Arbeitsmarktreform Licht und Schatten. So seien geplante Verschärfungen bei Werkverträgen zwar weggefallen, gleichzeitig würden aber die Möglichkeiten der Arbeitnehmerüberlassung unnötig eingeschränkt. „So sehr wir Maßnahmen gegen prekäre Arbeitsbedingungen und für gute Arbeit begrüßen: Die vorgeschlagenen Regelungen zu Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen werden den Anforderungen der digitalen Wirtschaft nicht gerecht“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Die Regelungen werden dazu führen, dass IT-Projekte in Deutschland erschwert werden. Gut gemeinte neue Gesetze, die eigentlich auf einzelne Branchen zielen, dürfen aber nicht dazu führen, dass wir uns arbeitsrechtlich einen Klotz ans Bein binden.“
Bei Werkverträgen wurde auf einen ursprünglich geplanten, strengen Kriterienkatalog verzichtet, stattdessen sollen Definitionen aufgenommen werden, wann ein normales Arbeitsverhältnis vorliegt. Gleichzeitig haben sich SPD und Union aber darauf verständigt, Arbeitnehmerüberlassungen künftig im Regelfall auf maximal 18 Monate zu beschränken. Ein längerer Einsatz hängt von Tarifverträgen und der Zustimmung der Gewerkschaften ab. „IT-Projekte dauern regelmäßig länger als 18 Monate. Greift die Höchstdauer für eine Arbeitnehmerüberlassung, müsste eine IT-Beratungsfirma während eines laufenden Projekts künftig die Experten austauschen“, so Rohleder. „Das ist wirtschaftlich unsinnig, verteuert und verlangsamt die Projekte und hilft niemandem. Angesichts von 43.000 offenen Stellen für IT-Experten ist ein gesetzlich erzwungener Personalwechsel in der Praxis nur schwer umzusetzen.“ Gerade der Mittelstand sei bei Digitalisierungsprojekten auf externe IT-Experten angewiesen, aber auch Großunternehmen benötigen entsprechende Unterstützung. Rohleder: „Wenn Deutschland bei der Digitalisierung Tempo aufnehmen soll, dann brauchen wir keine Verschärfung der bestehenden Regelungen, sondern mehr Flexibilität und Agilität.“
Auch Werkverträge sind in der IT-Branche von großer Bedeutung. „Selbstständige IT-Spezialisten arbeiten zumeist freiwillig auf eigene Rechnung und streben gar keine Festanstellung an“, so Rohleder. Es sei begrüßenswert, dass die Koalition einen ursprünglich geplanten Kriterienkatalog abgelehnt habe, der etwa bei Anwesenheit in den Räumen des Arbeitgebers oder bei Nutzung dessen Betriebsmittel Werkverträge praktisch unmöglich gemacht hätte. „Die jetzt geplante Neuregelung bei den Werkverträgen führt aber nicht zu mehr Rechtssicherheit für die Unternehmen, die aktuelle Rechtsunsicherheit bleibt bestehen“, sagte Rohleder. „Der einzig richtige Weg wäre deshalb eine grundsätzliche Ausnahme der Digitalbranche von den Einschränkungen bei Werkverträgen und eine Konzentration auf jene Branchen, in denen tatsächlich prekäre Arbeitsverhältnisse vorkommen.“