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Warum Webseiten für Auszubildende nicht knallbunt sein müssen

Werbung allein reicht nicht aus. Der Weg zu den Auszubildenden führt über das Gespräch. Und die Eltern.

Interview Sebastian Manhart, Geschäftsführer der Vorarlberger Elektro- und Metallindustrie V.E.M.

Wo sprechen Sie die potenziellen Auszubildenden an?

Sebastian Manhart

Unsere Webseite (http://www.vem.at/) ist der Anlaufpunkt für Alle. Hier lenken wir die Jugendlichen hin. Aber auch deren Eltern. Wir schalten Print-Anzeigen und erstellen Beilagen sowie redaktionelle Beiträge, so Journale zu Ausbildung und Weiterbildung. Im ORF und regionalen Kabelkanälen senden wir TV-Spots zu Lehrlingsberufen. Unsere Unternehmen investieren sehr viel in Werbung, vor allem Außenwerbung.

 

Sie haben auf Ihrer Webseite eine Rubrik „Eltern“ (http://www.vem.at/de/elterninformation/ ) . Kaum ein Verband spricht die Eltern gezielt an. Warum die Mühe?

 

Nach unserer Erfahrung gibt es drei Motivationsfaktoren, die die Berufswahl der Jugendlichen beeinflussen. Entweder sie interessieren sich selber für einen bestimmten Beruf. Das wäre am schönsten, ist aber leider relativ selten der Fall. Dann spielen die Freunde eine wichtige Rolle. Und schließlich sind es die Eltern oder Großeltern. Ich muss die Eltern mit im Boot haben. Das ist der entscheidende Faktor, wenn es darum geht, Lehrlinge für uns zu gewinnen.

Wie binden Sie die Eltern in Ihre Arbeit ein?

Wir sind sehr gut mit dem gesamten Ausbildungsbereich vernetzt. Derzeit sind wir gerade in der Pilotphase eines sehr breit angelegten Projektes, das sich als Standard etablieren soll. In Dialogveranstaltungen versuchen wir, Eltern mit Kindern im Kindergartenalter kennen zu lernen und anzusprechen. Wir wollen erfragen, wo und in welcher Form Eltern Unterstützung benötigen. Nach unserer Erfahrung ist bei Kindern das Interesse an Technik groß. In der Schule rückt Technik dann in den Hintergrund. Es geht uns darum, im Kindergarten das technische Interesse zu wecken und dann zu wahren. Wir versuchen, den Kontakt zu den Eltern über die Jahre zu pflegen, durch regelmäßige Informationen, durch Newsletter und Angebote auf unserer Webseite. Uns kommt es darauf an, nicht nur Werbung zu betreiben. Der Dialog steht im Vordergrund.

 

In vielen Nachwuchskampagnen ist Werbung das Mittel der Wahl.

Damit erreichen Sie die Lehrlinge nicht ausreichend. Sie müssen vor Ort tätig sein. Klassische Kommunikationsmaßnahmen – und da zähle ich Social Media auch schon dazu – können nur dazu führen, dass wir mit unserem Möglichkeiten überhaupt auf dem Radar der Jugendlichen und Eltern erscheinen. Das alles Entscheidende ist aber nach wie vor der persönliche Kontakt und dabei die Möglichkeit zu schaffen, dass unsere technischen Berufe erlebbar gemacht werden.

Viele Webseiten von Nachwuchskampagnen zeichnen sich durch ein knallbunt-hektisches Design aus. Ihre nicht.

 

Unsere Seite richtet sich nicht nur an die Lehrlinge. Die Eltern sind für uns wichtige Ansprechpartner. Das Design ist deshalb teilweise an die Vorstellungen der Eltern angepasst. Zudem sollte unser Erscheinungsbild im Web unseren Industriezweigen entsprechen. Metall- und Elektroindustrie, das sind die Klassiker in der Industrie und ein „ernsthaftes“ Geschäft. Ein verspielter Auftritt passt nicht dazu.

 

Sie sind stark in den Social Media präsent. Was bestimmte die Auswahl der Netzwerke?

Facebook ist wichtig für uns. Hier ist die Reichweite sehr groß. Alle sind dort. Was auf unserer Seite zu kurz kommt, das ist der Dialog. Richtige Interaktion, das findet noch viel zu wenig statt. Twitter wiederum ist für uns nur ein Instrument, um etwas Bewegung auf unserer Webseite zu haben. Der Aufwand ist minimal. Mehr Besucher auf YouTube wären schon gut. Allerdings steht für uns die Einbindung der Videos auf der Webseite im Vordergrund. Unser neuestes Projekt: Wir wollen per Video zeigen, wie eine Lehre über die Jahre abläuft. Vom „Schnupper-Praktikum“ über den Tagesablauf, die Aufgaben bis hin zur Prüfung. Wir sind jetzt auch auf Google+ aktiv, mit guter Resonanz. Allerdings ist die Zielgruppe dort nicht zu finden, so unsere Erfahrung. Es sind Ältere, die sich dort mit uns vernetzen.

 

Wie werben Sie für einen Besuch der Webseite und der Social Media-Präsenzen?

Facebook bewerben wir ebenso wie unsere Webseite aktiv. Durch Inserate, in Anzeigen. Im Netz versuchen wir – neben Banner-Schaltungen – vor allem, unsere Facebook-Page immer wieder mit Ausbildungspages unserer Unternehmen zu vernetzen. Sehr gute Erfahrungen habe ich bei einer Ausbildungsmesse mit der „Social Media Box“ gemacht. Damit werden Fotos von Messeteilnehmern vor einer entsprechenden Rückwand gemacht und unmittelbar auf die Facebook-Page hochgeladen. Das hat uns innerhalb von vier Tagen beinahe 25 Prozent zusätzliche Fans aus einer enorm wichtigen Zielgruppe gebracht.

 

In Deutschland klagen viele Unternehmen über die fehlende Ausbildungsreife der Lehrlinge. Es fehle an der fachlichen und der sozialen Kompetenz.

 

Das ist ein Problem. Wir unterstützen die Schulen bei der Anschaffung von adäquaten Maschinen und beim Know-how-Aufbau durch einen stetigen direkten Kontakt zu Unternehmen. Wir testen seit zwei Jahren den Einsatz von unterstützenden Tools wie beispielsweise die Mathematik-Plattform Mathe plus. Mehr Sorgen bereitet mit derzeit aber die steigende Anzahl der Jugendlichen mit schwindendem Interesse an ihrer Zukunft.

 

Viele Handwerksverbände gehen zurzeit mit eigenen Kampagnen an den Start. Was würden Sie denen raten?

Nur ein schönes Mäntelchen umhängen, das funktioniert nicht. Wichtig ist es, alles aus Kundensicht zu betrachten. Nicht bunt und schillernd zu gestalten, wenn das der inhaltlichen Prüfung nicht standhält. Immer fragen: Was erwarten die Zielgruppen von mir? Nicht nur denken: Was würde ich sagen?

 

Zum Interview:

 

Helge Weinberg

Sebastian Manhart ist Fachgruppengeschäftsführer der Wirtschaftskammer Vorarlberg (http://portal.wko.at/wk/startseite_dst.wk?dstid=685&dstname=Wirtschaftskammer%20Vorarlberg) und Geschäftsführer der V.E.M. – Vorarlberger Elektro- und Metallindustrie/Feldkirch (http://www.vem.at/) . Er hat langjährige Berufserfahrung im Marketing. Ehemals Profi-Sportler beim Handball-Rekordmeister A1 Bregenz. Marketing Supervisor der EHF Champions League.

 

Das Interview führte Helge Weinberg, Berater für Strategische Kommunikation in Hamburg. Den Nachwuchskampagnen von Industrie und Handwerk gilt sein besonderes Interesse. In seinem Blog (http://blog.helge-weinberg.de/) können Sie die ausführliche Fassung des Interviews lesen.

 

Henner Knabenreich, Spezialist für Online- und Social Media-Personalmarketing, beleuchtet in seinem Blog personalmarketing2null den Einsatz von Social Media der V.E.M. (http://personalmarketing2null.wordpress.com/2012/03/21/vorarlberger-elektro-metall-industrie-fachkraeftemangel/)

 

Der karriere.blog der österreichischen Online-Jobbörse karriere.at hat einen Auszug des Interviews veröffentlicht (http://www.karriere.at/blog/suche-lehrlinge-dialog.html ).

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