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Von echten und herbeigeredeten Trends im Recruiting von Auszubildenden

Interview mit Felicia Ullrich, Geschäftsführerin von u-Form Testsysteme, über die aktuelle Ausgabe der Studie „Azubi-Recruiting Trends“.

Felicia Ullrich
Felicia Ullrich

Crosswater Job Guide: Welche Rolle spielt die Candidate Experience bei der Gewinnung von Auszubildenden?
Felicia Ullrich:
Arbeitgeber sollten Bewerbungsverfahren an die Bedürfnisse und Mediengewohnheiten der Bewerber anpassen. Dieser Gedanke ist immer dann besonders wichtig, wenn es sich um enge Kandidatenmärkte handelt. Gerade bei den Auszubildenden ist der ansonsten leicht herbeigeredete „Fachkräftemangel“ keine Science Fiction. Durch unsere Studie sowie zahllose Gespräche mit Ausbildungsbetrieben sowie Industrie- und Handelskammern in ganz Deutschland wissen wir: Auf dem Markt für den Azubi-Nachwuchs wird es schon jetzt eng. „Azubi-Experience“ ist daher ein wichtiges Stichwort für alle Ausbildungsbetriebe, die ihre Chancen auf gute Azubis verbessern möchten. Wir haben dazu einige Trends identifiziert.

Über die Studie Azubi-Recruiting Trends 2015
Die regelmäßig durchgeführte und von Prof. Dr. Daniela Eisele (HSBA Hamburg School of Business Administration) wissenschaftlich begleitete Studie Azubi-Recruiting Trends ist in diesem Jahr zum sechsten Mal erschienen. Den umfangreichen Fragebogen haben 799 Ausbildungsverantwortliche und 1.428 Auszubildende sowie Bewerber im Frühjahr ausgefüllt. Erstmals hat u-form Testsysteme in diesem Jahr neben der allgemeinen Ausgabe der Studie die Branchenedition „Hotel und Gastronomie“ herausgegen. Zudem ist eine Österreich-Edition erschienen. Neben den Vollversionen sind auch ein Büchlein mit Stimmen von Azubi-Teilnehmern sowie ein Management Summary erhältlich. Der Bruttoerlös aus dem Verkauf des Management Summarys geht an die Initiative „ROCK YOUR LIFE!“, die mit Hilfe eines Mentoringprogramms Schülern aus schwierigen Verhältnissen den Weg in die Aus- oder Schulbildung ebnet.Downloads unter:www.testsysteme.deHYPERLINK „http://www.testsysteme.de/studie“/HYPERLINK „http://www.testsysteme.de/studie“studie

 

Crosswater Job Guide: Welche Trends bestimmen die Azubi-Experience?
Felicia Ullrich:
Nicht alles, was die HR-Beratungsindustrie zum Trend erklärt, ist auch einer. Die Ergebnisse der 2014er und 2013er Ausgabe haben uns zum Beispiel eindeutig gezeigt, dass Ausbildungsseiten der Betriebe auf Facebook einfach nicht relevant sind. Facebook ist es nicht. 2015 haben wir weitere Mythen wie die mobile Bewerbung aufs Korn genommen. Nur 18 Prozent der Azubi-Bewerber befürworten die mobile Bewerbung. Am beliebtesten ist nach wie vor die klassische Papierbewerbung. Hier sehen wir ähnliche Fehlschlüsse wie beim Thema Facebook: Weil bestimmte Geräte, Medien und Kanäle die Lebenswirklichkeit von Schülern prägen, heißt es nicht unbedingt, dass sie auch fürs Azubimarketing und –recruiting automatisch die erste Wahl sind.

Crosswater Job Guide: Ist also das ganze Gerede um die mobile Bewerbung bei jungen Zielgruppen Unfug?
Felicia Ullrich:
Ja und Nein. Wenn damit Druck dahingehend aufgebaut werden soll, dass jetzt alle Ausbildungsbetriebe ganz schnell den gesamten Bewerbungsprozess per Smartphone darstellbar machen müssen, ist das nach unserer Überzeugung Unsinn. Unumgänglich ist es dagegen, Online-Stellenanzeigen und generell Internetseiten für Azubis ordentlich mobil abzubilden. Seit April 2015 ist das ja ein hartes Kriterium für das Ranking der Suchtreffer bei Google.

Crosswater Job Guide: Warum das Festhalten der Azubi-Bewerber an der Papierform?
Felicia Ullrich:
Zum einen liegt das am nach wie vor starken Einfluss der Eltern auf das Bewerbungsgeschehen. Aber das ist nicht der einzige Grund. Azubi-Bewerbern geht es um die individuelle Darstellung und Wahrnehmung ihrer Person, hier trauen sie der klassischen Bewerbung einfach mehr zu als Online-Formularen. Mir ist bewusst, dass Online-Systeme viele Vorteile bieten – auch für Bewerber. Sie sind zum Beispiel schnell und kostengünstig. Aber Ausbildungsbetriebe sollten dem Wunsch nach persönlicher Darstellung entsprechen, zum Beispiel indem sie Raum für Persönliches und einfache Uploads für individuelle Dokumente bieten.

Crosswater Job Guide: Wo zeigt sich sonst noch der Wunsch nach Wahrnehmung der Persönlichkeit?
Felicia Ullrich:
Azubi-Bewerber haben keine Angst vor Tests in Auswahlverfahren. Sie sind bei ihnen sogar beliebter als bei den Ausbildungsbetrieben, besonders wenn sie „Persönlichkeit“ zum Inhalt haben. Diese Aufgeschlossenheit hat uns erstaunt, ebenso wie der „innere Abschied“ der meisten Ausbildungsbetriebe von der Auswahl nach Schulnoten. Das ist ein echter Trend.

Crosswater Job Guide: Aber wählen die meisten Ausbildungsbetriebe nicht nach wie vor nach Schulnoten aus?
Felicia Ullrich:
Stimmt. Rund 57 Prozent der von uns 2015 befragten Ausbildungsbetriebe finden Schulnoten „wichtig“ oder „sehr wichtig“ für die Vorauswahl. Allerdings haben sie den rechten Glauben an die Schulnote verloren: Zur Vorhersage des Ausbildungserfolgs (Abschluss der Ausbildung vor der IHK) schätzen nur 34 Prozent ihre Aussagekraft als „hoch“ oder „sehr hoch“ ein, beim längerfristigen Berufserfolg sind es lediglich 12 Prozent. Die Auswahlpraxis hinkt der Überzeugung hinterher.

Crosswater Job Guide: Was hat das für Konsequenzen?
Felicia Ullrich:
Uns steht eine große Veränderungswelle bei den Auswahlverfahren für Azubis bevor. Es werden vermehrt Praxisarbeiten und Tests eingesetzt werden, Noten nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Die Gewohnheit, Azubi-Bewerber für die engere Wahl anhand von Noten auszusortieren, hat sich ja in den goldenen Jahrzehnten des Bewerberüberhangs herausgebildet. Sie passt einfach nicht mehr zu den aktuellen Verhältnissen auf dem Azubimarkt. Wenn kaum noch Bewerber mit guten oder sehr guten Noten zur Verfügung stehen, brauchen Betriebe den genaueren Blick auf die nach Noten „Zweitbesten“. Das ist nicht unbedingt ein Verlust: Jeder für die duale Ausbildung rekrutierte „High Potential“, der das Unternehmen nach hervorragendem IHK-Abschluss wieder verlässt, stellt für Ausbildungsbetriebe eine Fehlinvestition dar.

Crosswater Job Guide: Welche anderen Trends haben Sie aufs Korn genommen?
Felicia Ullrich:
Besonders interessiert hat uns in diesem Jahr zum Beispiel der Einfluss der Eltern auf das Bewerbungsgeschehen. Er ist nach wie vor groß, so berichten rund 51 Prozent der Azubi-Teilnehmern von einem „starken“ oder „sehr starken“ Einfluss der Eltern auf ihre Berufswahl. Mütter und Väter potenzieller Azubis bleiben daher eine wichtige Zielgruppe fürs Azubi-Marketing. Die Umfrageergebnisse zeigen aber auch: Nicht überall werden Helikopter-Eltern aktiv. Ein Teil der Azubi-Bewerber wird engmaschig begleitet bis überbehütet, ein anderer vollkommen alleingelassen. Ausbildungsverantwortliche müssen sich daher ernsthaft fragen, über wen die Qualität von Bewerbungsunterlagen eine Aussage trifft.

 

chart_Azubi-Recruiting Trends2015 Infografik

Über u-form Testsysteme
u-form Testsysteme macht die betriebliche Ausbildung für Unternehmen erfolgreicher. Unternehmen profitieren von den über 30 verschiedenen praxisnahen und tätigkeitsbezogenen Einstellungstests des Unternehmens. Mit opta3 bietet es eine moderne Plattform für Online-Einstellungstests für Ausbildungsplatz-Bewerber und duale Studenten. In Form des „Bewerbernavigators“ stellt u-form Testsysteme ein elektronisches Bewerbermanagementsystem zur Verfügung, das passgenau auf den besonderen Bedarf von Ausbildungsbetrieben zugeschnitten ist. Das Unternehmen fördert Austausch und Wissen zum Thema Rekrutierung von Auszubildenden, zum Beispiel durch die jährlich stattfindenden „A-Recruiter-Tage“ und die regelmäßig erscheinende Studie „Azubi-Recruiting Trends“. Zu den Kunden von u-form Testsysteme zählen namhafte Betriebe wie Kaufhof, McDonald’s, TUI, Obi, Weidmüller, Dräger und Henkel. Die u-form Testsysteme GmbH & Co. KG mit Sitz in Solingen wurde 2007 aus dem renommierten U-Form-Verlag ausgegliedert.
www.testsysteme.de

 

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