Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Richtlinie ohne Wirkung
Dr. Oliver Stettes, Leiter des Kompetenzfelds Arbeitsmarkt und Arbeitswelt, IW Köln
Eine neue EU-Richtlinie soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Allerdings löst sie nicht das Hauptproblem, das viele Familien hierzulande haben: Es fehlen Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und pflegebedürftige Angehörige.
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Das Europäische Parlament entscheidet über eine Richtlinie zur Work-Life-Balance, danach müssen die EU-Mitgliedsstaaten noch zustimmen. So sollen insbesondere Väter mehr gesetzlichen Elternurlaub erhalten und flexibler arbeiten können. Für Deutschland hätte das kaum spürbare Auswirkungen. Schließlich gibt es hierzulande bereits viele Gesetze und Rahmenregelungen, die Eltern dabei helfen, Familie und Beruf miteinander zu verbinden.
Jede Familie entscheidet selbst über Betreuung
Die Initiative auf europäische Ebene hat noch mehr Webfehler. So vermengt sie familienpolitische und gleichstellungspolitische Ziele. Und sie verkennt, dass es allein Sache der einzelnen Familie ist, wer Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreut und in welcher Form das geschieht.
Mehr Fachkräfte nur mit besserer Infrastruktur
Dabei sind Rollenbilder zweifelsohne wichtig. Die Hauptprobleme vieler Familien sind aber nicht altmodisch empfundene Familienbilder oder ein zu geringes Engagement der Betriebe. Vielmehr ist die Betreuungsinfrastruktur unzureichend. Deshalb muss die Politik vor allem hier ansetzen – das ist gleichermaßen im Interesse von Unternehmen, Sozialpartnern und Beschäftigten. Nur so stehen dem Arbeitsmarkt zukünftig ausreichend Fachkräfte zur Verfügung.
Quelle: IW Köln