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Arbeit muss sich lohnen

Dr. Tobias Hentze

Die letzte große Steuerreform ist knapp 20 Jahre her, damals entlasteten SPD und Grüne die Bürger. Seitdem hat sich nicht viel getan: Inflation und Lohnwachstum haben dazu geführt, dass heute auch kleine Einkommen schon stark belastet werden. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat in einer aktuellen Studie untersucht, wen die Grenzabgabenbelastung besonders hart trifft.

Die Tarifbeschäftigten der IG Metall können seit Anfang des Jahres wählen: mehr Geld oder mehr freie Tage. Ihr Votum ist klar: Die Mehrheit der Arbeitnehmer möchte lieber weniger arbeiten. Das kann am gesellschaftlichen Wandel liegen – allerdings dürfte auch die sogenannte Grenzabgabenbelastung die Entscheidung beeinflusst haben. Die Grenzabgabenbelastung sagt aus, wie viel ein Arbeitnehmer von einer Lohnerhöhung abgeben muss. Das kann über die Hälfte des zusätzlichen Gehaltes sein.

Ein Mindestlohn-Empfänger mit einem monatlichen Bruttogehalt von 1.600 Euro hat nach allen Abgaben noch rund 1.200 Euro übrig – gut ein Viertel seines Gehaltes muss er abgeben. Erhöht der Arbeitgeber den Lohn um 100 Euro, muss der Mitarbeiter nun von dieser Erhöhung prozentual deutlich mehr abgeben als von seinem bisherigen Gehalt, ihm bleiben nämlich gerade einmal 53 Euro. Ein Spitzenverdiener mit einem monatlichen Gehalt von 7.000 Euro hätte von zusätzlichen 100 Euro dagegen 56 Euro netto übrig.

„Sogar Menschen im unteren Einkommensbereich haben von Lohnerhöhungen kaum etwas, vor allem im Bereich des Mindestlohns und im Übergang von Mini- zu Midi-Jobs“, sagt Studienkoautor und IW-Steuerexperte Tobias Hentze.

Inflation und Lohnwachstum haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass heute für Singles mit niedrigem Einkommen die Grenzsteuerbelastung relativ schnell und steil ansteigt. Hinzu kommen die Sozialbeiträge. Auch Arbeitnehmer, die die Mini- und Midi-Job-Zonen verlassen, müssen verhältnismäßig viel von ihrem erarbeiteten Geld an den Staat abgeben.

„Viele glauben, dass die Belastung aus Steuern und Sozialabgaben mit dem Einkommen steigt“, sagt Hentze. „Das trifft nicht in jedem Fall zu.“ Es ist Aufgabe der Politik, Haushalten mit kleinem oder durchschnittlichem Einkommen bei Lohnerhöhungen nicht zu viel wegzunehmen.“

Vor allem Sprungstellen, die beispielsweise entstehen, wenn ein Arbeitnehmer von einem Mini- zu einem Midi-Job wechselt und dadurch mehr Sozialabgaben hat, müssen abgemildert werden. Mit Blick auf den Fachkräftemangel sollten Lohnerhöhungen in den unteren und mittleren Einkommen nicht zum Nachteil werden – Arbeit muss sich für die Arbeitnehmer lohnen. Senkt die Politik also die Grenzabgabenbelastung, steigert sie den Anreiz, zu arbeiten.

Quelle: IW Köln https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/beitrag/tobias-hentze-martin-beznoska-arbeit-muss-sich-lohnen.html

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