Baustelle Diversity – Das falsche Vertrauen in Lebenslauf und Interview
von Hanna Weyer, viasto
Unternehmen mit vielfältiger Belegschaft leisten mehr. Eine Studie von McKinsey aus dem Jahre 2009 konnte zum Beispiel einen Zusammenhang zwischen Gender Diversity und finanzieller Performance eines Unternehmens zeigen: Unternehmen, in denen die Unternehmensführung divers zusammengesetzt ist (mehr als 30% Frauen im Top Management des Unternehmens), hatten beispielsweise eine um 53% bessere EBIT-Marge. So weit, so gut.
Wie kommt man nun zu mehr Diversity in der Belegschaft? Nun, Sie ahnen es: Eine faire Personalauswahl ist die Grundlage. Fairness ist, wenn Personen unterschiedlicher (sozialer) Gruppen vergleichbare Chancen gewährt werden und sie ihre Fähigkeiten unter identischen Bedingungen zeigen können.
ABER: Traditionelle Auswahlinstrumente scheitern oft
Ein erfolgreiches Diversity Management beginnt bei der Personalauswahl. Leider sehen wir das noch nicht allzu häufig. Unternehmen beginnen nur langsam damit, Diversity im Recruiting erfolgreich umzusetzen. Kein Wunder: Oft wird noch auf traditionelle Methoden zurückgegriffen. Diese verhindern jedoch ein Rekrutieren von Vielfalt! Besonders die Lebenslaufanalyse oder das Interview zeigten sich in Studien immer wieder anfällig für vorurteilsbehaftete Auswahlentscheidungen…
So führen herkömmliche Entscheidungsmuster und Gewohnheiten dazu, potenzielle Talente fälschlicherweise abzulehnen (der berühmte „Beta-Fehler“ oder „false negative“) und wichtige Potenziale „zu verschenken“, wie die Ergebnisse verschiedener Studien zeigen.
Problem Lebenslaufanalyse
Bewerber mit türkischem Namen haben bei gleicher Qualifizierung eine 10% geringere Chance auf Grundlage ihrer Bewerbungsunterlagen zu einem persönlichen Gespräch eingeladen
zu werden als Bewerber mit einem deutschen Namen (Kaas & Manger, 2012)Problem Bewerbungsgespräch
Im persönlichen Gespräch verzerren Stereotype und Vorurteile unbewusst das Urteil der Interviewer. Wenn ein erster Eindruck gebildet wurde, passen Interviewer ihre Vorgehensweise
an diesen an und suchen unbewusst nach der Bestätigung ihres „Vorurteils“. Durch die Interaktion verstärkt sich das Vorurteil (Macan, 2009).
Stolperfalle Interview: Fragen variieren zwischen Bewerbergruppen
Konkret sieht eine Ungleichbehandlung dann zum Beispiel so aus:
- Bei Männern: „Geben Sie uns ein Beispiel aus den letzten zwei Jahren, in denen Sie Führungserfahrung sammeln konnten.“
- Bei Frauen: „Warum denken Sie, sind Sie für eine Führungsposition geeignet? Wie werden Sie mit den Anforderungen an eine Führungsperson in den nächsten Jahren umgehen können?“
Um hier eine faire Entscheidungsgrundlage zu treffen, könnten Sie stattdessen auf folgende Tipps zurückgreifen:
- Fragen aus einem (halb)-standardisierten Fragenpool auswählen, in dem alle Fragen gleichwertig sind
- Während des Gesprächs protokollieren, so werden im Nachhinein verzerrte Informationen minimiert
- Bewertungen anhand einer standardisierten Skala vornehmen
Die Wirkung eines fairen Recruiting
Wenn Sie es schaffen, Ihren Auswahlprozess so zu gestalten, dass wirklich objektive Entscheidungen getroffen werden können, hat das sehr positive Folgen, die in den oben genannten wirtschaftlichen Vorteil hineinspielen:
Pool an geeigneten Bewerbern wird größer
Unternehmensimage wird positiver
Diverse Unternehmen ziehen diverse Bewerber an
Für mehr Informationen empfehle ich Ihnen unser Whitepaper „Diversity im Recruiting“.
Im nächsten Beitrag zeige ich Ihnen die 5 Faktoren fairen Recruitings und eine Methode, die nachweislich zu einer fairen, weil objektiven Personalauswahl verhilft!
Weiterführende Literatur:
Desvaux, G., Devillard-Hoellinger, S. and Baumgarten, P. (2007),Women Matter: Gender Diversity, a Corporate Performance Driver, McKinsey & Co., Paris.
Kass, L., and Manger, C. (2010): Ethnic discrimination in Germany’s labour market: a field experiment. IZA Discussion Paper 4741.
Hanna Weyer