Management

Corporate Responsibility im Personalmanagement

Interview mit Daniel Smuda, Geschäftsführer CareerBuilder München GmbH

Daniel Smuda

Herr Smuda, Unternehmen übernehmen heute gern soziale, ökologische oder ökonomische Verantwortung und schmücken sich mit diversen Corporate-Responsibility-Maßnahmen. Ist CR mehr als ein Trend, um das eigene Image aufzupolieren?

Dass Unternehmen ökonomische Verantwortung übernehmen, ist ja nichts Neues. Viele Unternehmen haben traditionell auch schon soziale und ökologische Verantwortung übernommen. Neu sind allerdings drei Aspekte:

Zunächst reden/kommunizieren Unternehmen stärker über ihr Engagement, z.B. in Form von Nachhaltigkeitsberichten. Zweitens haben Unternehmen verstanden, dass es bei der Verantwortungsübernahme nicht um Philanthropie, Mäzenatentum oder Spenden geht, sondern dass Verantwortung beim Kerngeschäft anfängt. Und drittens geht es immer mehr Unternehmen nicht nur um Risikomanagement, also z.B. um die Vermeidung von Boykotten oder negativen Schlagzeilen, die das Image schädigen. Vielmehr versuchen immer mehr Firmen, sich durch verantwortungsvolles Verhalten z.B. in Form von nachhaltigen Produkten oder besonders gutem Datenschutz vom Wettbewerber zu differenzieren. Daher sehe ich in der übernahme von Verantwortung oder angelsächsisch Corporate Responsibility (kurz: CR) alles andere als nur einen Trend. Wichtig bleibt jedoch, dass durch CR tatsächlich ein Mehrwert geschaffen wird – und zwar für das Unternehmen und seine Stakeholder, zu denen ja auch die Shareholder gehören.

Sie plädieren für CR-Strategien, die sämtliche Unternehmensbereiche integrieren. Wo ist Ihrer Meinung nach die Schnittstelle zum Personalmanagement?

Hier sehe ich zwei Schnittstellen: Zum Einen befinden wir uns bereits jetzt in einem sog. „war for talents“. Jedes Unternehmen sucht gut ausgebildete talentierte Mitarbeiter. Gleichzeitig möchte es die vorhandenen Mitarbeiter an das Unternehmen binden. Daher muss es zusätzlich zu einer guten Bezahlung und Aufstiegschancen mehr bieten als der Wettbewerber. Kein Mitarbeiter arbeitet gern für ein Unternehmen, das wegen unverantwortlichen Verhaltens in den Schlagzeilen steht und für das er sich vor anderen und sich selbst permanent rechtfertigen muss! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Aufstiegschancen unabhängig von Geschlecht oder Herkunft, gute Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie die Chance, sich im Namen des Unternehmens für die Gesellschaft zu engagieren – das sog. Corporate Volunteering – sind nur einige Beispiele für eine verantwortungsvolle Personalpolitik. Mitarbeiter sind ja nicht nur Stakeholder, sondern gleichzeitig die Mittler zu den anderen Stakeholdern, sind also doppelt wichtig im Rahmen der CR. Als Stakeholder wurden die aktuellen Mitarbeiter häufig vernachlässigt. Dem Unternehmen waren Shareholder und Kunden wichtiger, es herrschte eine gewisse Kurzfristsicht vor. Im Rahmen der Werteverschiebung (Stichwort Generation Y) steigt jedoch das Selbstbewusstsein der Mitarbeiter und die – berechtigten – Ansprüche an eine langfristig ausgerichtete Personalpolitik werden deutlicher artikuliert.

 

Als Mittler zu den anderen Stakeholdern haben die Mitarbeiter eine Vorbild- und Multiplikatorfunktion. Dies birgt im Falle von Non-Compliance Risiken, bei positiver Vorbildfunktion jedoch auch erhebliche Chancen für das Unternehmen. Um den Anforderungen der aktuellen und potenziellen Mitarbeiter gerecht zu werden sowie Chancen zu nutzen und Risiken zu vermeiden, sollte das Unternehmen Verhaltenskodizes (Intern, Compliance,…) aufstellen, vor allem aber die Anreizsysteme derart umgestalten, dass auch CR-Ziele explizit formuliert und ihr Erreichen honoriert werden. In vielen Unternehmen werden CR-bezogene Anforderungen an die Mitarbeiter formuliert, diese finden jedoch keinen Eingang in die Anreiz- bzw. Vergütungssysteme und werden dementsprechend von den Beschäftigten geringer gewichtet bzw. im schlimmsten Fall sogar komplett missachtet, falls incentivierte Ziele diesen entgegenstehen. Hier gibt es das klassische Dilemma zwischen Honorierung von Auftragseingängen, jedoch fehlender Incentivierung, diese Aufträge ausschließlich ohne Bestechung oder andere Compliance-Verletzungen zu akquirieren. Hier muss das Unternehmen konsistent handeln. Aber nicht nur in den eben beschriebenen strategischen Bereichen muss das Unternehmen konsequent nachhaltig und verantwortlich handeln. Auch im Operativen kann es von der Beachtung der Diversity-Anforderungen im Recruiting über die fortlaufende Schulung der Mitarbeiter bis hin zu Fairnessaspekten bei einer Entlassung in allen Bereichen der Mitarbeiterkontakte vorbildlich agieren.

Welche personalpolitischen Ziele lassen sich mit einer integrierten CR-Strategie erreichen?
(Stichwort Employer Branding, Loyalität & Identifikation,…)

Wie bereits gesagt haben attraktive Arbeitgeber einfacher, gut ausgebildetes Personal zu finden und zu halten. Für die Talente sind Bezahlung und Aufgabeninhalte Hygienefaktoren, die sie einfach erwarten. Eine sichtbare und implementierte CR-Strategie kann den entscheidenden Motivator oder Differenzierungsfaktor darstellen, der diese potenziellen Mitarbeiter dazu bringt, sich für das Unternehmen zu entscheiden. Auch bestehende Mitarbeiter, die sich mit ihrem Unternehmen identifizieren, werden weniger Wechselgründe haben, so dass die Fluktuation sinkt – übrigens auch ein Beitrag zur Kostenvermeidung. Gleichzeitig muss sich ein Unternehmen bewusst sein, dass es bereits heute an der Reputation arbeiten muss, die die Mitarbeiter und Kandidaten in der Zukunft überzeugen soll.

Trotz aller positiven Effekte, die eine CR-Strategie mit sich bringen kann, sehen Sie auch potentielle Risiken für das Unternehmen? (Stichwort: Inkonsistenz -> Unglaubwürdigkeit)

Eine gute CR-Strategie muss genauso professionell geplant und implementiert werden wie jede andere Strategie im Unternehmen. Sie ist quasi integraler Bestandteil und normalerweise auch Basis für Wettbewerbsvorteile und langfristige Profitabilität. Einer der größten Fehler ist gerade in diesem Zusammenhang der Mangel an Glaubwürdigkeit bzw. das sogenannte „Greenwashing“. Ein Unternehmen kann sich am Standort mit noch so vielen Projekten engagieren, wenn es gleichzeitig nicht auch im Kerngeschäft verantwortlich handelt, wird es irgendwann die Quittung erhalten.

Können Sie Beispiele nennen, mit welchen konkreten Maßnahmen das Personalmanagement zur Corporate Responsibility beitragen kann?

Ein gutes Beispiel haben wir gerade im Rahmen der Finanzkrise in vielen deutschen Unternehmen erlebt. Statt sofort Leute zu entlassen, wurde Kurzarbeit eingeführt. Die Mitarbeiter waren dankbar, dass sie ihren Job behalten haben. Gleichzeitig waren die Unternehmen nach der Krise nicht darauf angewiesen, neue Mitarbeiter zu suchen, einzustellen und anzulernen, sondern konnten auf das altbewährte Personal zurückgreifen. In diesem Fall hat das Personalmanagement die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität gesichert. Im Rahmen einer Barwertbetrachtung kann das Personalmanagement die langfristigen positiven Effekte der aktuellen Aktionen (Halten der Belegschaft auch in extremen Downturns) durchaus monetär abbilden und den Kurzfristeffekten gegenüberstellen. Hier ist der Mut gefragt, die eigenen Aktivitäten in längerfristig orientierte finanzwirtschaftliche Kenngrößen zu transferieren.

Erfolg muss messbar sein. Wie aber lässt sich der Erfolg einer CR-Strategie beziffern und kann man ihn vom Erfolg anderer Maßnahmen im Personalmanagement abgrenzen?

Das langfristige Ziel sollte es sein, sowohl den Business Case, also die positive Wirkung von CR-Maßnahmen auf den Unternehmenserfolg, als auch den so genannten Social Case, also die Wirkung der CR-Maßnahmen auf die Gesellschaft oder den betreffenden Stakeholder messbar zu machen. Im ökologischen Bereich gibt es schon eine Reihe von Messverfahren, z.B. das Carbon Disclosure Project, bei dem Daten und Informationen zu CO2-Emissionen und Klimarisiken erhoben werden oder die Product Lifecycle Analysis. Im ökologischen Bereich sind Business und Social Case einfacher messbar: Wenn durch Energieeinsparungen im Produktionsprozess Kosten gespart werden, hat das eine positive Wirkung auf den Gewinn. Schwieriger wird es bei der Messung der sozialen Verantwortung. Wenn Sie z.B. ein Corporate-Volunteering-Programm einführen, können Sie anhand der Beteiligungsquote der Mitarbeiter sowie Ihren Bekanntheitsgrad im lokalen Umfeld messen, ob das Projekt positiv aufgenommen wird. Die von vielen Unternehmen genutzte Balanced Scorecard ist ein gutes Instrument, um Nachhaltigkeitsaspekte messbar zu machen und in dieses Werkzeug zu integrieren.

 

Entscheidend ist aber auch, dass ein laufendes Controlling der Effekte stattfindet, so dass auch gemanged wird, was das Unternehmen gemessen hat. Es gibt mittlerweile eine Reihe von externen Institutionen, welche die Nachhaltigkeit bzw. CR von Unternehmen messen. Zu nennen sind z.B. die Rating-Agenturen, welche Unternehmen bewerten, die bei entsprechender Performance in einen Nachhaltigkeitsindex wie den DJSI oder den Naturaktienindex, aufgenommen werden. In Deutschland führt das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung alle zwei Jahre das Ranking von Nachhaltigkeitsberichten durch. Das junge Unternehmen wegreen hat eine Nachhaltigkeitsampel für Unternehmen entwickelt, die auf bestehenden Bewertungen von CR-Informationsquellen beruht und die Frage beantwortet, wie ökologisch, sozial und transparent Unternehmen, Marken und Produkte sind. Entscheidend für eine erfolgreiche Implementierung einer CR-Strategie sind jedoch zunächst nicht die externen Bewertungen sondern klare Ziele und KPIs, die sich Unternehmen setzen.

Schlussendlich sind es auch die Menschen / Mitarbeiter, die in ihrem Verhalten und ihren Entscheidungen die soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung des Unternehmens zum Ausdruck bringen. Wie lassen sich die vielen individuellen überzeugungen zu einer konsistenten Unternehmenshaltung kanalisieren?

Grundsätzlich gilt: Es gibt keinen „One size fits all“-Ansatz. Jedes Unternehmen muss seinen eigenen Weg finden. Eine verantwortungsvolle Unternehmenspolitik kann außerdem nicht von oben verordnet werden. Allerdings ist es unerlässlich, dass die Unternehmensleitung hinter einer solchen Politik steht. Es heißt nicht umsonst, dass eine CR-Strategie eine Investition in die Zukunft darstellt. Für die Umsetzung sind Ressourcen und Investitionen notwendig. Auch Strukturen und Anreizsysteme müssen angepasst werden. Ein Verhaltenskodex reicht nicht. CR muss von den Mitarbeitern verstanden und gelebt werden. Dazu ist es zunächst notwendig, ein gemeinsames Verständnis von Begriffen wie CR und Nachhaltigkeit zu schaffen. Die Mitarbeiter müssen am Prozess der Implementierung der CR-Strategie beteiligt werden. Ziele müssen gemeinsam erarbeitet werden. Schließlich brauchen Sie Verantwortliche, die das Thema tragen.

 

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