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Zufrieden im Job – Eine Fata Morgana?

Ina Steinbach
Ina Steinbach

Einer Umfrage der Jobsite Indeed.com zufolge sind Arbeitnehmer in Deutschland zufriedener im Job als in Japan. Allerdings rangiert Japan an letzter Stelle, Deutschland an zweitletzer Stelle, wie die Ergebnisse der Umfrage zeigen.

Einem Bericht der WELT zufolge („Wo Arbeitnehmer ihren Job am meisten hassen„) vereinen Arbeitnehmer in Leipzig diese Einstellung ganz besonders. An der Spitze des Zufriedenheitsrankings liegt München, dicht gefolgt von Frankfurt am Main, Stuttgart und Köln. Am Geld allein soll es nicht wirklich liegen.

So schreibt Florian Schmidt in der WELT:

Wo Arbeitnehmer ihren Job am meisten hassen

Ein Jobvermittler hat untersucht, wie glücklich Arbeitnehmer in großen Städten sind. Eine ostdeutsche Stadt schnitt besonders schlecht ab. Experten sehen mehrere Gründe – Geld gehört nicht dazu.

In keiner deutschen Metropole sind Arbeitnehmer so unzufrieden mit ihrem Job wie in Leipzig. Das geht aus einer Untersuchung des Online-Jobvermittlers „Indeed“ von acht deutschen Großstädten hervor. München liegt auf dem ersten Rang. Auf Platz zwei und drei folgten Frankfurt am Main und Stuttgart – wenn auch mit knappen Abständen.

Geld war nur selten ausschlaggebend für schlechtere Bewertungen. „Das Gehalt spielte die kleinste Rolle“, sagte Ina Steinbach von „Indeed“.

Entscheidend war für die Mitarbeiter demnach vielmehr, wie gut sich der Job mit Familie und Freizeit vereinbaren lässt. „Den Menschen scheinen Freizeitangebote und ein ausgewogener Arbeitsalltag wichtiger zu sein als Geld“, sagte Steinbach.

Ebenfalls auffällig: Besonders unzufrieden waren Mitarbeiter in der mittleren Führungsebene. An den Unternehmensspitzen und ganz unten in der Hierarchie gaben hingegen viele Befragte an, mit ihrem Job glücklich zu sein. „Froh sind unserer Erhebung nach insbesondere Geschäftsführer und studentische Mitarbeiter“, sagte Steinbach.

Filialleiter besonders unzufrieden

Einfluss auf die Zufriedenheit habe zudem die Branche: Klassische Handwerker wie Maurer, Tischler oder Elektriker sind demnach glücklicher als Menschen, die etwa in Callcenter-Agenturen arbeiten. „Überrascht hat uns, dass entgegen mancher Klischees häufig auch Lehrer und Krankenschwestern angaben, mit ihrem Job glücklich zu sein.“ Am wenigsten froh waren Filialleiter und Kraftfahrer.

„Die Ergebnisse sind in großen Teilen sehr plausibel“, findet der Motivationstrainer Christian Weilmeier. „Dass Mitarbeiter der mittleren Führungsebene besonders schlechte Bewertungen abgaben, überrascht mich nicht.“ Ursächlich sei vor allem der fehlende Gestaltungsspielraum.

„Das mittlere Management befindet sich in einer Sandwich-Position“, so Weilmeier. „Mitarbeiter dieser Ebene stehen von allen Seiten unter Druck. Gleichzeitig haben sie kaum Macht, um etwa Abläufe zu ändern.“

Fünf Kategorien

Leichter lebe es sich deshalb an der Firmenspitze, wo die Chefs kreative Ideen einfacher durchsetzen könnten, oder am unteren Ende der Hierarchie, wo Mitarbeiter kaum Verantwortung tragen und lediglich Dienst nach Vorschrift verrichten müssten.

Bei der Umfrage des Job-Portals konnten Arbeitnehmer ihr Unternehmen auf einer Skala von eins bis fünf bewerten. Abgefragt werden fünf Kategorien: Unternehmenskultur, Management, Jobsicherheit und Weiterbildung, Vergütung und Leistungen sowie Work-Life-Balance. Daraus ergibt sich ein Gesamtdurchschnitt für die jeweilige Firma.

Insgesamt flossen die Stimmen von zehn Millionen Menschen aus 35 Ländern ein, aus Deutschland stammen mehr als 23.000 Arbeitnehmer-Angaben.

Kinderbetreuung nicht im Fokus

Auch die stadtbezogenen Befunde der Studie geben Experten zufolge ein realistisches Bild ab. „Gerade in puncto Work-Life-Balance sind viele Unternehmen in München denen in Leipzig voraus. Es wundert mich deshalb nicht, dass viele Arbeitnehmer dort glücklicher sind“, sagte die Berliner Karriereberaterin Tanja zum Felde. Zum einen lasse sich das Phänomen mit der Geschichte der ostdeutschen Städte erklären.

„Dort gibt es wenige alteingesessene Firmen. Nach der Wende mussten viele Unternehmen erst aufgebaut werden – da standen Faktoren wie ein ausgeglichener Arbeitsalltag, Kinderbetreuung zunächst weniger im Fokus“, so die Beraterin. „Bei großen Konzernen in München wird diesen Themen viel mehr Bedeutung beigemessen. Gerade für die mittlere Führungsschicht ist das sehr wichtig.“

Entscheidend sei zudem die Arbeitslosigkeit, die in Ostdeutschland höher ist als im süddeutschen Raum. „In München müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern mehr bieten als in Leipzig“, sagte zum Felde. Anders ausgedrückt: Die Konkurrenz um Fachkräfte treibt die Firmen dazu, ein angenehmeres Arbeitsumfeld zu schaffen.

Nur in Japan sind Mitarbeiter unglücklicher

Im internationalen Vergleich der Studie waren lediglich Japans Arbeitnehmer unglücklicher. Der Erhebung zufolge liegen Deutschlands Arbeitnehmer in puncto Unzufriedenheit auf dem zweiten Platz, gefolgt von Südafrika und Frankreich. Die zufriedensten Arbeitnehmer gab es demnach in Kolumbien, Mexiko und Russland.

Als ein Grund für dieses Phänomen gilt die im Vergleich zu anderen Ländern relativ kleine Zahl deutscher Bewertungen. Möglich ist, dass unter ihnen viele Arbeitnehmer sind, die sich über ihren Arbeitgeber beschweren wollen.

Mit rund 180 Millionen Besuchern ist „Indeed“ nach eigenen Angaben die weltweit größte Job-Suchmaschine im Internet. 2010 überholte das kostenfreie Portal die Job-Suchmaschine „Monster“. Das US-Unternehmen mit Sitz im texanischen Austin wurde 2004 gegründet und bietet seinen Dienst in mehr als 50 Ländern in 28 Sprachen an. „Indeed“ ist seit 2012 eine Tochterfirma der japanischen Recruit Holdings.

 

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