Headcount out – Headcontent in
Ein Gastbeitrag von Markus Müller
Recruiting: Es kommt nicht auf den Headcount an, sondern auf das, was in den Köpfen drin ist! — Banken im Wettbewerb um die klügsten Köpfe
Wir sind mitten in der Konsolidierung des Bankensektors in Europa. Niedrigzinsen, Regulierung und zunehmende Digitalisierung sind die Treiber. EU-weit sind damit nur noch 2,8 Millionen Menschen im Bankensektor beschäftigt, so wenige wie seit 1997 nicht mehr. Die Ausnahme bilden Experten im Finanzbereich. Einerseits erfordern Digitalisierung und Automatisierung der Prozesse einen steten Bedarf an IT-Spezialisten und Datenmanagern. Andererseits brauchen wir mehr Finanzmathematiker und Physiker für die Analyseabteilungen wie etwa das Risikocontrolling. […]. (Quelle:http://www.handelsblatt.com/my/meinung/gastbeitraege/recruiting-in-der-bankenbranche-auf-die-kultur-kommt-es-an/20373996.html?ticket=ST-4733766-1cZRHwqFrSbj3KX1egcC-ap2).
Um sich einen ersten Überblick über die Wünsche und Anforderungen zu verschaffen, die die potenziellen Bewerber an ihren möglichen neuen Arbeitgeber haben, ist es unerlässlich, sich als Arbeitgeber darüber klar zu werden, wer die zukünftigen Mitarbeiter und damit die Stakeholder bzw. die Anspruchsgruppe potenzieller neuer Arbeitnehmer sein soll.
Ebenso wie das im Marketing unumstrittene „know your customer Prinzip“ wird sich […] der derzeitige „know your employee Ansatz“ hin zu einem „know your employee / know your (high) potentials Prinzip“ hin (weiter-)entwickeln das über den […] zumeist darunter verstandenen Screening Ansatz hinaus geht und auch die Wünsche und Anforderungen potenzieller Mitarbeiter an den idealen Arbeitgeber in einem stärkeren Maß als bislang berücksichtigen wird. (ISBN: 9783844294743 , vgl. Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Interaktionsmodell i.V.m. Primärem, sekundärem und tertiärem Recruitingschwerpunkt: https://www.worldcat.org/title/arbeitgeber-bundeswehr-die-attraktivitat-der-bundeswehr-als-arbeitgeber-im-lichte-der-offentlichen-gut-problematik-und-die-personalbeschaffung-im-militarischen-kontext-recruiting-arbeitgeberattraktivitat-work-life-balance-personalgewinnung-offentlicher-arbeitgeber-am-beispiel-der-bundeswehr/oclc/886755534&referer=brief_results).
Wer will heute noch zu den Banken?
In der letzten Dekade aus Finanz-, Euro- und Staatsschuldenkrise und dem Flop der ein oder anderen „Volksaktie“, bzw. deren bulligem Bruder aus der New Economy, haben nicht nur die Glastürme in Frankfurt an ihrer Strahlkraft verloren. Auch das „Berufsbild Banker“ per se hat an Anziehungskraft auf die neue Generation von Uni-Absolventen und Azubis, ähnlich einem Börsencrash, an Marktwert eingebüßt. […] Personalmarketing, Recruiting und Talentmanagement müssen Hand in Hand gehen! Neben der Mitarbeitergewinnung müssen vor allem Mitarbeiterforderung, -förderung und -entwicklung gestärkt werden. Das Argument Geld verliert spätestens dann an seiner Allgemeingültigkeit, wenn andere mit genau dem gleichen Argument einen guten Mitarbeiter einfach abwerben können und gerade in schlechten Zeiten diejenigen gehen oder nicht kommen, die der neue Unternehmenserfolg dringend bräuchte.
Das Zauberwort heißt: ATTRAKTIVITÄT. […]. (Quelle:https://bankingclub.de/wer-will-heute-noch-zu-den-banken/). Daher wird es immer wichtiger, die eigene Arbeitgebermarke aktiv herauszustellen. Was derzeit im Bankensektor allzu gerne vergessen wird, „es kommt nicht auf den Headcount an, sondern auf das, was in den Köpfen ist“! Das sich die Anzahl der Bankmitarbeiter in Deutschland reduziert hat und auch noch weiter konsolidieren wird, ist sicherlich unumstritten. Dies betrifft jedoch überwiegend die Tätigkeiten, die im Rahmen von neuen Filialstrukturen verschwinden oder durch FinTech-Lösungen substituiert werden.
Dennoch haben gerade die extrem angestiegenen aufsichtsrechtlichen Anforderungen nach der Finanzkrise dazu geführt, dass der Markt an Spezialisten in diesem Umfeld (Risikocontrolling, Regulatory und Compliance u.ä.) nahezu leergefegt ist und sich in Teilen der Finanzindustrie allmählich ein Arbeitnehmermarkt bildet. Hinzu kommt nun der BREXIT. Auch wenn generell die Diskussion in der Öffentlichkeit eher über den Wegfall von Arbeitsplätzen im Bankenumfeld geführt wird, sollten sich gerade Personaler darüber bewusst sein, dass hier nicht der Headcount oder anders ausgedrückt, die Anzahl der Mitarbeiter, die kritische Größe ist.
Bedauerlich
Bei etwas genauerer Betrachtung dürfte schnell nachvollziehbar sein, dass aus einem exzellenten Kundenbetreuer kaum über Nacht ein Risk-Spezialist werden kann. Auf einen durch die zunehmende Regulatorik also nahezu leergefegten Markt trifft nun auch noch der Brexit. In der Anfangsphase wird es noch nicht ganz so spürbar sein, dennoch sollten sich Personalentscheider recht bald bewusst werden, das der Zuzug von Brexit-Bankern nach Frankfurt auch für Sie seine Sonnen- und Schattenseiten hat. Sonnig ist, sie werden selbst gefragter! Warum? Ein englischer Personaler wird mit Sicherheit kein Spezialist für deutsches Arbeitsrecht und lokale Arbeitsverträge sein. Ähnlich wird es sich aber auch mit Spezialisten bei Bilanzen und Steuern (z.B. das deutsche HGB), Risikocontrolling (MaRisk,…), Datenschutz, Compliance, etc. verhalten. All diese Spezialgebiete sind neben internationalen Vorschriften in starkem Maße von nationalen Aufsichtsbehörden überwacht und unterliegen ausgeprägten nationalen Vorgaben und Regularien.
Von daher droht hier ein gravierender Mismatch, denn sowohl Qualifikationen sind nicht über den Headcount 1:1 substituierbar noch englische Banker vollständig 1:1 auf eine migrierte „Lokation Frankfurt“ matchbar. Die Auswirkungen lassen sich auf jeden Fall nicht einfach wegdiskutieren und wenn man die aktuellen Recruitingoffensiven der großen Unternehmensberatungen betrachtet, so kann man sich ableiten, dass bei diesen ein gewisser Weitblich verfolgt wird um einen antizipierten Ressourcenengpass und Advisory-Bedarf am Markt bedienen zu wollen.
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