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Mit einer Goldmedaille zum HR Innovation Day 2018 – Fanny Cihlar und Irg Torben Bührer im Gespräch

Ein Beitrag von Prof. Dr. Peter M. Wald

Der HR Innovation Day 2018 kommt. Wie in den letzten Jahren werde ich auch diesmal zur Einstimmung auf das Event mit allen Beteiligten Interviews führen. Heute spreche ich mit Fanny Cihlar (bekannt unter ihrem Geburtsnamen Rinne) und Irg Torben Bührer, die gemeinsam einen Workshop unter dem Titel „Projekt Goldmedaille – oder warum sind Spitzensportler scheinbar immer motiviert und Mitarbeiter nicht?“ anbieten werden. Ganz herzlichen Dank an beide bereits vorab für die Mitwirkung beim HR Innovation Day und auch für dieses Interview.

Wald: Liebe Frau Cihlar, mit dem Titel dieses Workshops wecken Sie die Erwartung, das Geheimnis sportlicher Erfolge zu erfahren. Sollten wir zweifeln, dass Spitzensportler nicht immer motiviert sind?

Fanny Cihlar

Cihlar: Stellen Sie sich vor, Sie sind im Trainingslager bei brütender Hitze und wissen, dass Sie die nächsten zwei Tage hintereinander stundenlang immer die gleiche Bewegung trainieren müssen – und das nicht mit Ihren Mitspielern sondern alleine. Das ist dann durchaus vergleichbar mit der Aufgabe z. B. eines Fachspezialisten in der Produktion von Porsche oder BMW hier in Leipzig, die über den Arbeitstag hinweg hochspezialisierte Abläufe und Handgriffe sehr konzentriert und fokussiert einhalten müssen. Natürlich ist man dabei nicht immer voller Freude über die Aufgabe, die man zu erfüllen hat. Das Motiv ist aber eben am Ende die Bewegung so perfekt zu beherrschen, dass sie zum Erfolg beitragen kann. Spitzensportler werden vor allem im Wettkampf, im Spiel in großen Stadien vor hoffentlich begeisterten Zuschauern wahrgenommen. Für uns Athleten bedeutet Spitzensport aber vor allem hartes Training, Fokus auf die nächste Herausforderung und auch Verzicht. Wir ziehen unsere Motivation aus den Zielen, die wir mit unserem Sport (unserer Arbeit) verfolgen. Der Wunsch, die Olympische Goldmedaille oder den Weltmeistertitel zu gewinnen, gibt uns Sportlern so viel Lust und Energie, dass wir bereit sind, die sogenannte Extrameile zu gehen – und uns einen Großteil unserer Zeit mit Trainingsinhalten befassen, die nicht unbedingt Spaß machen. Aus meiner Sicht ist der Schlüssel allen Tuns, uns stets bewusst zu machen, wofür wir etwas tun. Ob Sportler oder Nicht-Sportler, jeder Mensch hat Ziele, die sie/er erreichen möchte. Entscheidend ist, sich bewusst dafür zu entscheiden und dann sich ebenso bewusst dafür zu entscheiden, das Notwendige für die Erreichung der Ziele zu tun.

 

Wald: Sehr geehrter Herr Bührer, Motivation im Spitzensport: Gibt es hier Tipps und Kniffe? Oder anders gefragt, was bringen Sie an Erkenntnissen für die Teilnehmer am Workshop mit?

Irg Torben Bührer

Bührer: Natürlich gibt es hier Tipps und Kniffe. Spitzensportler sind Menschen wie Sie und ich, sie haben gute und schlechte Tage, sind mal mehr, mal weniger motiviert. Herausragend bei Spitzensportlern ist jedoch erstens ihre Fähigkeit zur Selbststeuerung, also wie gut sie es vermögen, sich selbst zu steuern bzw. zu führen und zweitens ihr Drang fokussiert an der eigenen Entwicklung zu arbeiten. Das Gute ist, dass dies beides Eigenschaften sind, für die wir uns bewusst entscheiden können. Das nicht ganz so Gute ist, dass es bestimmte Rahmenbedingungen bzw. Voraussetzungen bedarf, um den Willen dafür aufbringen zu können. Fanny hat hierzu bereits etwas sehr Entscheidendes gesagt: Wenn man etwas tut, ist es sehr wichtig, sich bewusst zu sein bzw. sich bewusst zu machen, wofür und warum man es tut. Fanny hat stundenlang in großer Hitze – auch mit Schmerzen – den Eckenschlenz trainiert. Warum? Weil der Eckenschlenz eine sehr wichtige Aktion im Hockey ist, die über Sieg oder Niederlage entscheiden kann. D. h. durch das gezielte Training dieses Spielelements hat Fanny für sich und ihr Team die Wahrscheinlichkeit erhöht, dem gemeinsamen Ziel der Olympischen Goldmedaille näher zu kommen. Das harte Training zu absolvieren hat also für Fanny Sinn gemacht. In gleicher Weise können Sie sich fragen, was für Sie Ihre persönliche Goldmedaille ist. Wenn Sie im Innersten wissen, wofür Sie die ganze Mühe auf sich nehmen, entsteht ganz natürlich Motivation Unliebsames zu erfüllen, um am Ende die persönliche Goldmedaille als großes Ziel zu erreichen. In unserem Workshop wollen wir den Teilnehmern zeigen, dass jeder für sich ein Spitzenathlet ist und wir es selbst in der Hand haben, unsere Ziele zu erreichen. Natürlich werden wir hier auch konkrete Empfehlungen geben, um Denk- und Handlungsweisen von Spitzensportlern in den Alltag übertragen zu können. Mit SAHRPI® haben wir beispielsweise einen Prozess geschaffen, der durch die Arbeit mit Spitzensportlern entstanden ist und jedem im Alltag dabei helfen kann, Herausforderungen zu meistern.

 

Wald: Wie können die Erfahrungen aus dem Spitzensport auf moderne Unternehmen und Organisationen übertragen werden?

Bührer: Indem in Unternehmen erkannt wird, dass Menschen den Unterschied machen. Dass man in Organisationen versteht, dass es Mitarbeiter braucht, die richtig Lust auf ihren Job und ihre Aufgaben haben. Es ist doch ganz einfach: Wenn ich Freude an etwas habe, wenn ich verstehe, warum ich etwas tue, wenn ich meine persönlichen Ziele damit verknüpfen kann, eine angemessene Wertschätzung – vor allem menschliche – erfahre und das Vertrauen der Menschen um mich herum spüre, dann kann ich in eine Verfassung kommen, in der Bestleistung möglich ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein Lerntransfer vom Spitzensport in Organisationen vor allem dann gelingt, wenn Führungskräfte/Mitarbeiter selbst nacherleben können, wie Athleten denken und handeln. D. h. wir schaffen spielerisch – aber sehr real – Situationen, in denen man Spitzensportlern sehr nahe kommt. Wir gehen z. B. mit Teilnehmern an den Biathlon-Olympia-Stützpunkt in Oberhof, lassen sie hinter die Kulissen blicken, eine Art angepassten Biathlon-Wettkampf nacherleben und betten das Ganze in einen thematischen theoretischen Hintergrund, sei es Leadership, mentale Stärke oder Change Management u. a. Wir schrecken aber auch nicht davor zurück, uns Themen wie der digitalen Transformation zu stellen und Unternehmen unsere Erfahrung weiterzugeben. Erkenntnisse aus dem Sport können hier ebenfalls wichtige Impulse für Unternehmen geben. Big Data, Datenanalyse, der Einfluss von Daten auf Entscheidungen sind ebenso Themen bei RB Leipzig oder wenn sich die DFB-Elf auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland vorbereitet.

 

Wald: Wie ist Ihnen diese Übertragung bisher gelungen? Wie gehen Sie dabei konkret vor? Können Sie hier einige Beispiele nennen?

Cihlar: Steve Kerr, der gegenwärtig erfolgreichste Trainer in der NBA hat kürzlich während eines Spiels den Spielern die Verantwortung für die weiteren Spielzüge übertragen. Nach dem gewonnenen Spiel sagte er, dass man als Trainer nicht über die Mannschaft verfügen und die eigenen Vorstellungen nicht auf ein Team überstülpen könne. Es geht vielmehr darum, dass jeder im Team und das Team als Ganzes Verantwortung übernimmt und eine Idee vom ganzen Team Besitz ergreift. So kenne ich das auch vom Hockey. Als Trainer kann man nur versuchen, das Team in die richtige Richtung zu schieben. Wir unterstützen Führungskräfte dabei, dass dies auch in Unternehmen gelingt. Wir arbeiten z. B. derzeit mit einem Unternehmen zusammen, das dabei ist „agile“ Methoden verstärkt im Unternehmen einzuführen, um den Herausforderungen der VUCA-Welt gerecht zu werden. Unsere Aufgabe ist es, eine Kultur der Veränderungsbereitschaft zu schaffen bzw. unsere Erfahrung in Workshops, besonderen Formaten und Coachings weiterzugeben.


 

Dabei kennen wir auch sehr gut unsere Grenzen, d. h. wir wissen, insbesondere aufgrund der Arbeitserfahrung von Irg in internationalen Unternehmen und Banken, sehr genau, dass in Organisationen durchaus eine komplexere Gemengelage vorherrscht als z. B. in einer Hockeymannschaft. Dennoch sind viele Unternehmen und Teams überrascht, wie sehr sich die Herausforderungen gleichen, wenn es darum geht, optimale Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung zu schaffen.

Wald: Dies klingt alles sehr interessant und ich bin auf Ihren Workshop sehr gespannt. Meine Standardfrage stelle ich wie immer zum Schluss: Warum nehmen Sie am HR Innovation Day teil?

Cihlar: Der HR Innovation Day versucht Trends zu setzen und auch verstärkt junge und innovative HRler anzusprechen. Da hoffentlich mutige HRler in Unternehmen in der Zukunft mehr Verantwortung übernehmen können, um einen größeren Beitrag für den gesamten Unternehmenserfolg leisten zu können, ist der HR Innovation Day ein guter Ort, unsere Erfahrungen aus dem Spitzensport weiterzugeben. Außerdem war für mich Leipzig schon immer ein gutes Pflaster. Leipzig ist eine Hockey-Stadt, hier bin ich Hallen-Weltmeisterin geworden.

Bührer: Weil wir grundsätzlich glauben, dass HR in Unternehmen eine selbstbewusstere und bedeutendere Rolle einnehmen muss. Gewissermaßen wollen wir auch HRlern mehr Selbstbewusstsein vermitteln, da aus unserer Sicht der Mensch – auch trotz AI – noch immer der erfolgskritische Faktor im Unternehmen ist. Und da beim HR Innovation Day junge, motivierte und selbstbewusste HRler sein sollen, fühlen wir uns hier gut aufgehoben.

Wald: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch. Ich freue mich sehr auf den 2. Juni 2018.

Zu meinen Gesprächspartnern: 

Zu Gast beim HR Innovation Day 2018 Leipzig: Fanny Cihlar und Irg Torben Bührer

Fanny Cihlar kann auf eine erfolgreiche sportliche Laufbahn als Mannschaftskapitänin der deutschen Hockey-Nationalmannschaft zurückblicken. Ihre sportliche Karriere hat sie mit dem Gewinn der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen gekrönt. Sie hat bereits während ihrer sportlichen Karriere ihr Studium als Sportwissenschaftlerin in Heidelberg abgeschlossen und erste Berufserfahrungen gesammelt. Nach ihrer ersten Karriere als Sportlerin hat sie sowohl bei Stadtmarketing Mannheim als auch bei TK Hockey Equipment im Bereich Marketing gearbeitet bevor sie begonnen hat, verstärkt ihre Erkenntnisse aus dem Spitzensport in den Unternehmenskontext zu setzen, um Organisationen eine zusätzliche Perspektive zur Leistungsentwicklung zu bieten.

Irg T. Bührer hat nach seinem Master in International Economics and Management an der SDA Bocconi in Mailand über 10 Jahre bei international tätigen Finanzinstituten gearbeitet. Zuletzt war er bis 2011 bei der UBS AG im Global Asset Management in Zürich tätig. Seit 2012 liegt sein Fokus auf der Entwicklung von Leistung in Organisationen. Daneben hat er mit Spitzensportlern gearbeitet, um sie bei ihrer Karriere nach der Karriere beratend zu begleiten und einen Lerntransfer vom Spitzensport in die Unternehmenswelt zu leisten.

Mit PATPARIUS bringen Frau Cihlar und Herr Bührer die Welt des Spitzensports und die Unternehmenswelt auf eine besondere Art und Weise zusammen. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht das Voneinander-Lernen und die Eröffnung von Chancen in der Zusammenarbeit von Unternehmen mit Spitzensportlern. Ihr Projekt „CareerOnTop“ verfolgt dabei die Zielsetzung, Potenziale von Spitzensportlern in einen neuen Kontext zu setzen, um Athleten Wege aufzuzeigen, der ersten Karriere eine zweite Karriere in einem Unternehmen folgen zu lassen. Unternehmen profitieren in der Zusammenarbeit, indem wichtige Erkenntnisse aus dem Spitzensport helfen, Rahmenbedingungen zu schaffen, um im Wettbewerb die Nase vorne zu haben. Nicht zuletzt vermittelt PATPARIUS Unternehmen ehemalige Spitzensportler als Mitarbeiter.

 

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