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Jobwechsel: Ein neuer Job ist wie ein neues Leben

Die Bandbreite eines Jobwechsels

„Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“ – diese plakativen Worte waren in den Siebzigern Grundlage für den Eintritt in die Hitparaden. Die Hitparade der besten Jobs finden viele Arbeitnehmer nur dann heraus, wenn Sie ihren Job wechseln und so herausfinden, wo sie den besten Cultural Fit, das bestmögliche Gehalt oder die idealen Arbeitsbedingungen vorfinden. Die KÖNIGSTEINER Gruppe hat eine umfangreiche Studie zum Thema vorgelegt. Crosswater sprach mit Nils Wagener, Geschäftsführer der KÖNIGSTEINER Gruppe, über die Ergebnisse der Analyse.

Nils Wagener

Crosswater: Herr Wagener, die KÖNIGSTEINER hat eine Studie zu den Folgen des Jobwechsels umgesetzt. Wie waren die Gründe dafür und wie war das Setting der Studie?

Nils Wagener: Wir haben gemeinsam mit einem Marktforschungsunternehmen 1.110 Arbeitnehmer unterschiedlichen Alters befragt, die eigenen Angaben zufolge planen in 2020 ihren Job zu wechseln. Uns hat interessiert, was die Gründe für einen Jobwechsel sind, unter welchen Voraussetzungen er vollzogen wird und ob wirtschaftliche Rahmenbedingungen einen Einfluss darauf haben, wie stark Menschen ihn vorantreiben oder eben darauf verzichten.

Aus unserer Sicht ist das Thema aus zwei Perspektiven heraus interessant: Einerseits sind die Motive für einen Jobwechsel für rekrutierende Unternehmen extrem wichtig. Denn am Ende geht es im Recruiting natürlich auch immer darum, Menschen davon zu überzeugen das Unternehmen zu wechseln und dafür eben den aktuellen Arbeitgeber zu verlassen – eine für viele Menschen oft schwierige, weil hochemotionale Entscheidung. Wer die Motive dafür kennt, wird sicherlich erfolgreicher überzeugen. Auf der anderen Seite ist es vor dem Hintergrund des so oft beklagten Fachkräftemangels extrem wichtig für Unternehmen bestehende Mitarbeiter zu binden. Um dabei erfolgreich zu sein, sollte man wissen, welche Umstände den Wunsch nach einem Wechsel freilegen, um dann Voraussetzungen zu schaffen, dass ein Wechselwunsch gar nicht erst auftritt.

Kurz und knapp: Unsere Studie hinterfragt die Perspektive des Verlassens und des Bleibens von wertvollen Mitarbeitern.

 

Crosswater: Wie wirkt sich ein Jobwechsel für die Menschen aus?

Nils Wagener: Aus der Perspektive derer, die den Schritt schon mindestens ein Mal vollzogen haben und das waren 90 Prozent unserer Studienteilnehmer, äußerst positiv. 61 % von ihnen würden jederzeit wieder die Entscheidung treffen, den Job zu wechseln. Weitere 31% halten ihre Entscheidung auch im Nachhinein für überwiegend richtig. Gerade einmal 8% glauben, einen Fehler begangen zu haben oder bereuen ihren Entschluss. Das sind sehr eindeutige Zahlen, die in der Größenordnung nicht unbedingt zu erwarten waren.

 

Crosswater: Woran liegt diese positive Erfahrung begründet?

Nils Wagener: Jobwechsler finden bei neuen Arbeitgebern offenbar bessere Rahmenbedingungen vor als in ihrem alten Job. Anders gesagt: Die konkreten Erwartungen, die sie vorher an einen Jobwechsel knüpfen, werden anschließend vom neuen Arbeitgeber größtenteils erfüllt. 69% der Jobwechsler geben an, dass sie im neuen Job mehr verdienten, 55% registrieren ein besseres Verhältnis zu ihrem Vorgesetzten und 58% geben an, ein insgesamt ausgeglichener Mensch zu sein.

Und genau das erwarten sie auch im Vorfeld des Wechsels. Mehr als drei Viertel der Studienteilnehmer (77%) versprechen sich vorab ein höheres Gehalt. 61% erhoffen sich einen neuen Antrieb für ihre persönliche Entwicklung, die aus ihrer Sicht davor eher stagnierte. Und mehr als die Hälfte (53%) erwartet mehr Wertschätzung von ihren kommenden Vorgesetzten.

 

Crosswater: Das sind die Erwartungen. Was sind die konkreten Auslöser dafür den Job zu wechseln und was können Arbeitgeber tun, um ihre Mitarbeiter davon abzuhalten?

Nils Wagener: Ärger mit dem Vorgesetzten ist dementsprechend auch einer der wichtigsten Auslöser, den Job zu wechseln. Fast ein Drittel der Befragten geben an, dass eine Auseinandersetzung mit ihrem Vorgesetzten den Wunsch freigesetzt habe. Nur beruflicher Stress ist mit 35% ein noch häufiger genannter Grund. Arbeitgeber, die also in das Führungsverhalten ihres mittleren Managements investieren, schaffen beste Voraussetzungen für eine bessere Mitarbeiterbindung. Hier lohnt es sich übrigens auch die Nutzung von Frühwarnsystemen – etwa durch die Kontrolle von Bewertungen auf Portalen wie kununu oder Glassdoor. Das sind Portale, die noch zu oft als reine „Beschwerdeportale“ verkannt und zu wenig als Feedbackkanäle genutzt werden, um etwa Wechselwünsche gar nicht erst aufkommen zu lassen und so die Mitarbeiterbindung zu stärken.

 

Crosswater: Umgekehrt: Was können rekrutierende Unternehmen tun, um potentielle Kandidaten zu einem Wechsel zu bewegen?

Nils Wagener: Diese können umgekehrt genau diese Aspekte in den Fokus ihrer Recruitingmaßnahmen stellen. Wer also eine starke Führungskultur besitzt, sollte in Stellenanzeigen oder auf Karrierewebseiten darüber sprechen und sie vor allem gut umschreiben. Der Hinweis auf „flache Hierarchien“ oder ähnliche Floskeln ist da natürlich zu wenig. Zudem sollte der Wunsch nach mehr Gehalt beachtet werden. Bisher ist das Thema Gehalt ja nach wie vor ein Tabuthema, wenn es darum geht neue Mitarbeiter zu finden. Auf der anderen Seite ist es aber auch der größte Antrieb für einen Jobwechsel. Wer also überdurchschnittlich zahlt, sollte das auch thematisieren – in anderen Ländern ist das längst Gang und Gäbe.

 

Crosswater: Derzeit hören und lesen wir viel von einem Abschwung der Wirtschaft – weltweit. Das dürfte ja auch potentiellen Jobwechslern nicht verborgen blieben. Hat diese Aussicht aus Ihrer Sicht Einfluss auf den Entschluss einen Job zu wechseln?

Nils Wagener: Auch dazu liefert unsere Studie sehr interessante Zahlen: Demnach glauben 55% der Teilnehmer, dass die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland 2020 ansteigen wird und nur 12%, dass sie im kommenden Jahr weiter sinkt. Von den Skeptikern halten trotzdem zwei Drittel an ihrer Absicht, den Job zu wechseln, fest. Vor allem junge Arbeitnehmer zwischen 18-29 Jahren lassen sich von einem möglichen Abschwung auf dem Beschäftigtenmarkt nicht beunruhigen. 43% von ihnen gehen zwar auch von rückläufigen Zahlen aus, aber nur 20% überdenken deshalb ihren Wunsch den Arbeitgeber zu wechseln.

Das bedeutet allerdings nicht, dass wir es hier mit einer total risikofreudigen Kandidatengruppe zu tun haben. Denn 80% der Studienteilnehmer würden nur dann bei ihrem Arbeitgeber kündigen, wenn ein neuer Job bei einem anderen Unternehmen tatsächlich greifbar ist. Bei der jungen Arbeitsmarktgeneration liegt der entsprechende Anteil gar bei 84%. Das heißt: Ein Jobwechsel ist letztlich auch eine Frage der konkreten Alternative.

 

Crosswater: Letzte Frage: Wie und wo treiben die Kandidaten den Jobwechsel voran?

Nils Wagener: Acht von zehn aller Studienteilnehmer gehen bei ihrer Jobsuche über Online-Jobbörsen, was wenig überraschend ist, weil es allen üblichen Branchenerhebungen ungefähr entspricht. Nur 39% schauen allerdings aktiv auf Karrierewebseiten von Unternehmen. Bei jungen Kandidaten sind es etwas mehr als die Hälfte. Zudem auffällig: Der Anteil der passiv suchenden Menschen ist vergleichsweise gering: Nur 17% warten auf Anfragen der Unternehmen selbst und nur drei von zehn haben einen E-Mail Alert auf Jobportalen eingerichtet. Jobwechsler werden also durchaus selbst aktiv.

Crosswater: Vielen Dank Herr Wagener für dieses Gespräch.

 

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