Die Arbeitgebermarke macht keine Pause. Employer Branding in Zeiten von Corona.
Von Bernhard Schelenz
Wir leben in schweren Zeiten, daran wird sich auch kurz- und mittelfristig kaum etwas ändern. Jetzt muss sich die Arbeitgebermarke beweisen. Wie steht es um die Authentizität des Auftritts am Arbeitsmarkt, die relevanten Inhalte, die emotionale Kraft und die merkmalsstarke Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb? Nun müssen die Weichen dafür gestellt werden. Die Corona-Krise ist für Unternehmen eine Chance zur kritischen Bestandsaufnahme und zur Neujustierung. Wer die sensible Pflege des Arbeitgeberimages jetzt forciert anstatt sie einzufrieren, handelt vorausschauend und strategisch klug.
Die zentrale Frage lautet: Wie sollen Unternehmen während und nach der Corona-Pandemie mit ihrer Arbeitgebermarke umgehen? Ein trotziges „Weiter so“ ist sicher ebenso wenig angebracht, wie das „Aussetzen“ der Arbeitgebermarkenarbeit. Fest steht jedenfalls, dass mit und nach dem Shutdown die (Arbeits-)Welt eine andere ist als zuvor.
Arbeitgeber, denen beim Begriff „Home Office“ bislang ein säuerlicher Beigeschmack aufgestoßen ist, erkennen in der Krise, dass ohne die Bereitschaft zur Heimarbeit das eigene Business kaum aufrecht zu erhalten ist. Künftig werden eben diese Unternehmen „eine hohe Flexibilität der Arbeitsorganisation“ als eine bedeutsame Ausprägung der eigenen Arbeitgebermarke ausweisen.
Wer bislang unter dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement vor allem die Verteilung von Äpfeln und Massageangebote verstanden hat, wird nun überzeugt anerkennen, dass „Risikobewertung“ und „Resilienz“ keine modischen Erscheinungen aus dem Baukasten von HR sind. Man mag es kaum glauben, aber es gibt immer noch Arbeitgeber, die den Aspekt der Mitarbeitergesundheit nicht thematisieren – weder auf der Karrierewebsite noch in der Kommunikation rund um die Arbeitgebermarke.
Die Krise treibt insbesondere die Digitalisierung stark voran: So erleben Online-Meeting-Formate geradezu einen Boom; ohne sie könnte HR notwendige Einstellungsprozesse gar nicht erst realisieren. Aktuelle Umfragen zeigen, dass sich viele Bewerber eine zunehmende Digitalisierung für das Recruiting wünschen. Auch dies wird unzweifelhaft die Konstituierung der Arbeitgebermarke künftig in stärkerem Maße beeinflussen.
Vor etwa einem halben Jahr erschien die Gallup-Studie „Engagement-Index“, die zum wiederholten Male feststellt, dass in bundesdeutschen Unternehmen rund 85% der Belegschaft keine feste Bindung zum eigenen Arbeitgeber hat. In der Krise wurde jedoch vielerorts das Gegenteil bewiesen: Wenn solch eine schlechte Bindungsquote tatsächlich die Realität widerspiegeln würde, dann wäre die Aufrechterhaltung des Business in herausfordernden Phasen kaum möglich.
Krise als Chance, Arbeitgeberstärken zu beweisen
Gegenwärtig erscheinen in Tageszeitungen großformatige Anzeigen mit Botschaften wie diese: „Wir sagen Danke“, „Gemeinsam schaffen wir das“, „Miteinander stark sein“. Nach der Überwindung der Krise müssen sich diese Bekenntnisse seitens der Arbeitgeber in Form von dauerhaft wertschätzendem Verhalten und Handeln gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern messen lassen.
„Charakter zeigt sich in der Krise“, so hatte es Helmut Schmidt einmal artikuliert
– und man möchte fortfahren: In der Rückschau werden nicht alle Unternehmen diesen Charaktertest bestehen, weil sie als Arbeitgeber in der Zeit der Pandemie nicht angemessen gehandelt oder kommuniziert haben. Oder weil sie später wieder in alte Verhaltens- und Handlungsmuster zurückgefallen sind und beispielsweise die Rahmenbedingungen für das während der Krise breitflächig etablierte „Home Office“ nur unzureichend ausgestalten.
Auf was es jetzt am meisten ankommt: Arbeitgeber müssen Vertrauen stiften.
Wir haben es mit einem bis dato weitgehend unbekannten Virus zu tun, das die Welt aus den Angeln zu heben droht. Das erste, was dabei verloren geht, ist das Vertrauen. Daraus entsteht Angst. Darum suchen Menschen Halt und Orientierung, Beschäftigte streben nach Sicherheit und wollen Antworten auf zentrale Fragen: z. B. „Wie geht es weiter?“, „Wird wieder alles so, wie es einmal war?“, „Behalte ich meinen Job?“ oder „Was wird jetzt aus meiner Karriereplanung?“.
In Phasen großer Verunsicherung bieten starke Marken eben diesen Halt und die notwendige Orientierung. Sowohl während der Krise als auch bei der anschließenden Verarbeitung zeigt sich, ob das notwendige Vertrauenskapital gegenüber Mitarbeitern und potenziellen Bewerbern bewahrt bzw. aufgebaut und weiterentwickelt werden kann. Starke Arbeitgebermarken sind die Basis für eine ausgeprägte Vertrauenskultur – das ist es, was wir jetzt brauchen, sonst gibt es keine Zukunft. Oder wie es die Deutsche Bank einmal als Slogan formuliert hatte: „Vertrauen ist der Anfang von Allem.“
„Human Relations“-Arbeit gewinnt an Bedeutung
Unternehmen, die in ihrer Belegschaft Ängste verspüren, müssen entschiedene Mutmacher sein. Hier sollte aktuell hinterfragt werden, ob die Arbeitgebermarke – insbesondere die EVP als Positionierungsroute – auch das wichtige Gen des Mutmachers ausreichend repräsentiert.
Spätestens in Zeiten, in denen Corona große Teile des Handelns bestimmt, muss sich HR im Sinne von „Human Relations“ als Beziehungsgestalter im Unternehmen beweisen. Denn nun gilt es, die mitunter vollmundigen Arbeitgeberversprechen durch konkrete Maßnahmen – inklusive einer aktiven Kommunikation – einzulösen.
Corona fordert uns heraus – als Unternehmen und als Arbeitgeber. Dabei dürfen wir nicht stehen bleiben. Wenn wir jetzt aufhören, zu rudern, treiben wir unweigerlich im Fluss zurück. Und man möchte – im Bild bleibend – noch ergänzen: Der Strom führt reichlich Wasser, und die Fließgeschwindigkeit ist enorm. Doch wer gerade jetzt dafür sorgt, dass es seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut geht, bindet diese langfristig ans Unternehmen und stärkt seine Arbeitgebermarke im externen Bewerbermarkt.
Arbeitgeber, die konstruktiv und agil mit schwierigen und sich rasch verändernden Rahmenbedingungen umgehen, werden in der Phase nach dem Shutdown deutlich schneller und besser ausgestattet im Arbeitsmarkt agieren können – insbesondere, wenn sich der altbekannte Fachkräftemangel wieder in vollem Umfang zeigt. Denn ist die Krise erst einmal beendet, müssen alle Kräfte mobilisiert werden, um den Aufschwung vollends auszuschöpfen. Wer dann „aus vollem Lauf“ lossprinten kann, ist klar im Vorteil.
„Tue Gutes und rede darüber!“
Viele Arbeitgeber machen in der Corona-Zeit einen tollen Job. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfahren jetzt konkret, was oft nur als Lippenbekenntnisse der Marketing- und Kommunikationsspezialisten gegolten hat: Gemeinsinn, Wertschätzung, Kultur, Teamorientierung und vieles andere mehr.
Die Erfolge der gemeinsamen Krisenbewältigung sowie die daraus resultierenden Erfahrungen muss die Arbeitgebermarken-kommunikation künftig aufnehmen. Hieraus lassen sich eindeutige Differenzierungsmerkmale im Wettstreit mit Mitbewerbern
auf dem Arbeitsmarkt ableiten. Das in dieser Hinsicht oftmals wenig aussagekräftige Arbeitgeber-Storytelling kann aus der eigenen „Corona-Story“ relevante Inhalte und authentische Empathie schöpfen, damit gelingt ein überzeugendes „Employer Telling“.
Arbeitgeber bekommen so einen wirksamen Hebel, um sich am Markt im besten Sinne zu profilieren – etwa in Form eines „Corona-Berichts“ als Personalbericht oder eines „Human Relations Reports“ mit dem Themenschwerpunkt Corona-Pandemie. Es soll erzählt werden, wie man als Unternehmen der Krise aktiv begegnet ist. Bewerber schätzen Transparenz und Authentizität; sie interessieren sich dafür, wie Arbeitgeber gerade in einer besonders herausfordernden Zeit mit ihren Beschäftigten umgegangen sind.
Krisenzeiten sind Kommunikationszeiten. Dabei liegt der Fokus verständlicherweise auf der internen Führungskräfte- und Mitarbeiterkommunikation, und das ist auch gut so. Mindestens ebenso wichtig ist es aber, sowohl die Qualität als auch die Präsenz der externen Arbeitgebermarke aufrechtzuerhalten und um die bewiesenen Stärken im Rahmen der Krisenbewältigung zu erweitern. Als Arbeitgeber in Bewegung zu bleiben, sichert die Erfolgsaussichten im „War for Talents“, der wegen Corona nicht enden und sicher bald wieder Fahrt aufnehmen wird. Wer jetzt stehen bleibt und „pausiert“, verschenkt am Ende nur wertvolle Zeit.
Autor:
Bernhard Schelenz, Geschäftsführer Schelenz GmbH – Kommunikationsberatung für Arbeitgeber. www.schelenz-gmbh.de
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