Twitter Jobs: Mit Hingabe, Hosianna und Hype
27.1.2001 (ghk) Eigentlich ist es schon verwunderlich, mit welcher Hingabe der Hype um Recruiting mit Twitter gepflegt wird. Fast alles, was im Web 2.0 – einem Super-Hype in sich selbst – nach Invention riecht, wird mit Hilfe des Guerilla-Marketings gnadenlos in unzähligen Blogs und redaktionellen Beiträgen selbst seriöser Zeitungen vermarktet. Und natürlich wird über jede dieser Komponente die verheißungsvolle Zwangsjacke namens „Recruiting“ gezurrt und festgebunden. Second Life und Recruiting? Personalmarketing und StudiVZ? Employer Branding und Facebook? Die Iterationen semantischer Kombinationen scheinen unendlich zu sein.
Wer jedoch die Probe aufs Exempel macht wird schnell feststellen, dass die Realität nicht immer dem Hype entspricht. So wurde kürzlich in der Blogsphäre die Jobsuche mit Twitter angepriesen, und welche Überraschung: Es gibt sogar schon eine spezialisierte Twitter-Job-Suchmaschine mit einem natürlich einprägsamen Namen: TwitJobSearch.
Einmal neugierig gemacht, folgte eine kleine Stichprobe auf dem Fuß: Die Suche nach „Cook Scotland“ bei TwitJobSearch sollte für Schottland-Fans unter den Köchen der Republik natürlich tolle Jobangebote für saisonale oder dauerhafte Stellen in der Gastronomie bieten. Die Treffer-Anzeige fiel dann etwas ernüchternder aus: Von insgesamt 9 Treffern bezogen sich 8 Fundstellen auf alles andere als Stellenangebote in der schottischen Gastronomie – lediglich ein Hinweis einer UK-Spezialjobbörse „cateringjobsuk“ rettete die Ehre der Betreiber der Twitter-Jobsuchmaschine. „Featured Job: Chef de Partie – Coylumbridge, Aviemore“ versprach die Trefferliste auf Rang 9.
Trotz Einsatz modernster Social Media Technologie hat es die publizierende Jobbörse geschafft, einen nachhaltigen Beweis schlampiger Textgestaltung bei einer Stellenanzeige abzuliefern:
COMMITMENT TO Every member of staff is expected to ensure that the
EXCELLANCE: hotel guests` comfort, satisfaction and well-being is catered for in a friendly, helpful, efficient and personalised manner at all times.
Was macht es denn aus, wenn Sätze unvollständig sind oder die „excellence“ als „excellance“ geschrieben wird? Bei einem Jahressalär von 15.500 Pfund plus Benefits ist doch klar – der Kandidat soll kochen und nicht texten können.
Wer sich aber bei der Stellensuche in Schottland zum Einstellungsinterview nach Aviemore aufmacht, sollte nicht zu sehr enttäuscht sein. Auch wenn kein Job als „Chef de Partie“ winkt, bietet die Gegend um Aviemore hervorragende landestypische Erzeugnisse in flüssiger Form, auch als Single Malt bezeichnet.
Und Liebhaber traditioneller Sportveranstaltungen kommen im Sommer auf ihre Kosten: Die schottischen Highland Games bieten einen abwechslungsreichen Spektakel: Dudelsack-Musik bis zum Abwinken oder der Schwertertanz graziler schottischer Tänzerinnen. Eher schwere Jungs können im Wettstreit „Tossing the Caber“ eine Art Geschicklichkeits- und Kraftwettbewerb im Weitwurf eines etwa 6 m langen Baumstammes – beweisen, wer Geschicklichtkeit besitzt und sich in den Mucki-Buden am besten vorbereitet hat.
Und so bleibt angesichts des unendlich intensiven Hypes um Recruiting mit Twitter ein kleiner Nachgeschmack: Auch die neue Internet-Technologie hat mit den alten Problemen der Treffergenauigkeit und der semantischen Interpretation von Begriffen zu kämpfen. Und wenn Jobbörsen oder Jobsuchmaschinen sich nicht um eine intelligente Verschlagwortung kümmern, bleibt nur eines übrig: Warten auf Godot oder Warten auf das Semantische Web 3.0.
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2 Comments
Ja, das sememantische web, die jungs von Liquidbrowser haben so was ähnliches schon im Programm. http://www.liquid-technologies.com/
Twitter als Employer Branding Kanal ja, als Recruiting Kanal wird es noch eine Weile dauern, wobei wir da auf dem Richtigen Weg sind.