HR-Technologie im Spannungsfeld des modernen Recruitings
Von Gerhard Kenk, Crosswater Job Guide.
Opas Bewerbungsmappe ist schon lange out und längst zieht Kollege Computer die Strippen bei nahezu allen Prozessen des Recruitings. Während as Internet-basierte Recruiting zuerst den Niedergang der Print-Stellenanzeigen einläutete, tauchen am Horizont immer neue Portale im Word Wide Web auf. Jobbörsen, Karriereseiten der Arbeitgeber, Jobsuchmaschinen, Social & Business-Netzwerke wie Facebook, LinkedIn oder Xing spielen in der Welt des Recruiting eine nicht mehr weg zu denkende Rolle ein. Doch all dies ist nicht möglich ohne einen gut funktionierenden Maschinenraum, in dem wichtige Software-Prozesse im Hintergrund ihre Aufgaben durchführen – ohne Murren und Knurren. Matching Technologie, Semantische Suche, CV Parsing oder wie diese Programme alle heißen, ohne sie geht nichts im Recruiting.
Einer der HR-Technologie-Pioniere, der in diesem Bereich wichtige Innovationen hervorbrachte, ist Jakub Zavrel, Gründer und CEO des in Amsterdam domizilierten Software-Unternehmens Textkernel. Crosswater Job Guide sprach anlässlich der Job Board Europe Summit Konferenz in London mit Jakub Zavrel über die Vergangenheit und die Zukunftserwartungen der Software-Technologie im Recruiting.
Crosswater: Welches sind die wichtigsten Technologie-Fortschritte der letzten fünf Jahre?
Jakub Zavrel: Die wichtigste Rolle spielen Jobsuchmaschinen, die es ermöglichen, Tausende von Stellenanzeigen aus der Vielfalt der Jobbörsen-Datenbanken zu aggregieren und somit dem Bewerber eine übergreifende Sicht auf das aktuelle Angebot am Arbeitsmarkt und die damit verbundenen Karrierechancen zu ermöglichen.
Ebenfalls eine ganz wichtige Rolle in den letzten fünf Jahren hat die Entwicklung der Sozialen Netzwerke gespielt. Schon bald wurde die Rolle der Sozialen Netzwerke als reine persönliche Kommunikationsplattform im Freundes- und Bekanntenkreis ausgeweitet durch Informationen über Hobbies, Ausbildung oder berufliche Entwicklung – ein Datenparadies für Recruiter auf der Suche nach passenden Kandidaten.
Der Wechsel zum „mobile Recruiting“ ist in vollem Gang. Die technologischen Innovationen der Smart-Phone-Industrie, gekoppelt mit immer schnelleren Übermittlungsgeschwindigkeiten, machen das Handy zu einem idealen Werkzeug, wenn es beispielsweise um die „Jobsuche on the go“ geht. Allerdings genügt es den Anforderungen der Stellensuchenden nicht, wenn Arbeitgeber und Jobbörsen die Präsentation ihrer Stellenangebote einfach 1:1 vom Web-Browser auf das Handy verlagern, eine 1:1-Umsetzung auf einen wesentlich kleineren Bildschirm ist Gift für die User Experience.
Crosswater: Jobbörsen zählen schon lange zu den etablierten Playern des Recruiting-Markts, einige Kritiker zählen sie schon zu einer aussterbenden Spezies. Welche Bedrohungen gefährden die Rolle der klassischen Jobbörsen?
Jakub Zavrel: Zunächst wird durch die neue Entwicklung das alte Geschäftsmodell der Jobbörsen, das mit „Post and Pray“ oft abwertend umschrieben wird, gefährdet. Der Arbeitgeber bezahlt für die digitale Publikation von Stellenanzeigen in der Erwartung eines angemessenen Bewerbungseingangs, aber Jobbörsen können und werden dieses Ergebnis nicht garantieren. Der Recruiter als Kunde der Jobbörsen wünscht ein Geschäftsmodell „Pay for Hire“, also einen konkreten Leistungsnachweis von geeigneten Kandidaten. Zur Lösung dieses Erwartungskonflikts ist es notwendig, dass die Technologie-Prozesse optimiert werden, um die gewünschten und geeigneten Kandidaten zu finden. Das Matching von Anforderungsprofilen der Arbeitgeber mit den beruflichen Profilen der Kandidaten wird immer wichtiger.
Crosswater: Wie ist Ihre Einschätzung zu Active Sourcing als Alternative zum bisher gebräuchlichen Passive Sourcing?
Jakub Zavrel: Zunächst einmal glaube ich, dass eine ausgewogene Balance zwischen Active Sourcing und Passive Sourcing auch in der Zukunft bestehen bleibt. Beide Vorgehensweise haben ihre Existenzberechtigung, entscheidend dafür ist die Lage am Arbeitsmarkt: Falls eine Knappheit an geeigneten Kandidaten erkennbar ist, hat Active Sourcing wichtige Vorteile zu bieten.
Beim Active Sourcing sendet der Arbeitgeber die Message eines Stellenangebots ein eine qualifizierte Zielgruppe, die im Vorfeld durch die Experten des Active Sourcing Prozesses identifiziert wurden.
Beim Passive Sourcing hingegen erfolgt eine indifferenzierte Mitteilung an Stellensuchende über spezifische Karrierechancen bei einem Arbeitgeber, Streuverluste bei der Publikation von Stellenanzeigen sind vorprogrammiert und spätestens beim Bewerbungseingang müssen Arbeitgeber mit entsprechendem hohen Bearbeitungsaufwand die Spreu vom Weizen trennen – auf eigene Kosten.
Active Sourcing bietet also eine Vorab-Differenzierung der Kandidaten-Zielgruppe. So bildet die moderne HR-Technologie ein Kontinuum in diesen Prozessen.
Crosswater: Herr Zavrel, vielen Dank für dieses Gespräch.
Über Textkernel (www.textkernel.de )
Textkernel B.V., Amsterdam, ist eines der führenden europäischen innovativen Softwareunternehmen, das sich auf Informationsextraktion, Web Mining und semantisches Suchen & Matchen in der Human-Resources-Branche spezialisiert hat.
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