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Entleitung: Die dunkle Seite des Personalmanagement

Rechtsanwalt Dr. Christoph Abeln. Der Autor arbeitet als Fachanwalt für Arbeitsrecht und vertritt unter anderem Führungskräfte der Commerzbank.

Von Gerhard Kenk, Crosswater Job Guide

Arbeitsrechtliche Tricks: Wie die Commerzbank Führungskräfte aus dem Job drängt

Die „Entleitung“ ist ein Entzug von Personalverantwortung und anderen Führungsaufgaben. Diese dunkle Seite des Personalmanagements wurde nun von Christoph Abeln in einem Gastkommentar im Manager Magazin in das grelle Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit gezerrt: „Wie die Commerzbank Führungskräfte aus dem Job drängt“. Doch die Brisanz des Artikels nimmt erst im letzten Satz des Artikels seinen erleuchtenden Lauf.

In dem unscheinbaren Satz heißt es: Die Commerzbank lehnte auf Nachfrage von manager-magazin.de eine Stellungnahme ab.

Das ist kein Dementi, das ist keine Bestätigung, das ist einfach nur Personalmanagement ohne Rückgrat – ohne Rücksicht auf die betroffenen Personen oder das Arbeitgeberimage.

Doch der Reihe nach: Was war passiert?

 

Dazu schreibt Dr. Christoph Abeln:

„In Krisensituationen stehen Führungskräfte besonders unter Druck. Mitunter versuchen Arbeitgeber, ihre leitenden Angestellten mit fragwürdigen Methoden zu zermürben und so langfristig loszuwerden. „Entleitung“ heißt eine beliebte Methode, die derzeit die Commerzbank einsetzt.

Seit einigen Wochen macht die Commerzbank ernst: Der angekündigte Abbau tausender Stellen hat begonnen, auch viele leitende Angestellte sind betroffen. Da diese jedoch häufig weniger leicht zu kündigen sind als andere, setzt die Bank ein derzeit bei vielen Arbeitgebern beliebtes arbeitsrechtliches Mittel ein, um die leitenden Angestellten aus ihrem Job zu bekommen: die so genannte Entleitung. Was harmlos klingt, kann böse Folgen haben. Es geht dabei um nichts Geringeres, als den Mitarbeitern die Leistungen zu kürzen und damit so zu frustrieren, dass sie langfristig von selber gehen.

Die Entleitung kommt oft als unschuldig wirkendes Schreiben daher, in dem der leitende Angestellte darüber informiert wird, dass er ab sofort kein leitender Angestellter mehr ist. Anschließend wird die Entmachtung mit warmen Worten relativiert. Betroffene Commerzbanker stoßen dabei auf Zeilen wie: „Der Aufgabenbereich ändert sich durch die Herausnahme der Funktion aus dem Kreis der Leitenden Angestellten nicht“ oder auch „Bei der Altersvorsorge ergeben sich durch eine Entleitung in der Regel keine Veränderungen“.

Selbst wer das Schreiben gründlich liest, könnte meinen, es ändere sich nur ein Titel oder eine interne Bezeichnung, während der Aufgaben- und Verantwortungsbereich unverändert bliebe. Doch das ist mitnichten der Fall. Im Gegenteil: Wer die „Pro-forma-Änderung“ nichtsahnend hinnimmt, tappt in die „Entleitungsfalle“. Nur dass er davon zunächst nichts spürt. Denn in den meisten Fällen wirkt sich die Entleitung nicht unmittelbar auf die Leistungen aus, die dem Arbeitnehmer zustehen – sie werden schleichend abgebaut.

Erst der Parkplatz, dann der Bonus

Erst verliert die degradierte Führungskraft nur ihren Parkplatz – denn der steht schließlich nur leitenden Angestellten zu. Dann wird der Bonus gekürzt. Und irgendwann muss auch noch ein Teil der Betriebsrente dran glauben. Eines Tages, so das Kalkül, wird der Mitarbeiter die Zeichen der Zeit schon erkennen und sich von selbst einen neuen Job suchen.

Die gute Nachricht für die betroffenen Führungskräfte ist: In vielen Fällen ist eine solche Entleitung rechtlich problematisch – und zwar für den Arbeitgeber. Der darf einem leitenden Angestellten nicht einfach Leistungen entziehen, solange sich an dessen Aufgaben nichts ändert. Genau das ist in vielen Fällen bei der Commerzbank jedoch der Fall: Die Bank entleitet Führungskräfte, deren Aufgabenbereich bleibt jedoch gleich. Deshalb spüren die Mitarbeiter die Auswirkungen in der täglichen Arbeit nicht – wohl aber beim Langzeiturlaub oder bei der Altersvorsorge, also bei ihren Leistungen.

Durch die Entleitungen werden Mitarbeiter dazu gezwungen, auf Konfrontationskurs zu ihrem Arbeitgeber zu gehen, wenn sie ihre Position nicht verschlechtern wollen. Häufig bekommen Führungskräfte die Entleitung in Form eines allgemein gehaltenen Schreibens mitgeteilt oder als lieblos wirkende Tabelle. In diesem Fall ist es ratsam, den Vorgesetzten anzusprechen und von ihm eine klare und vor allem schriftliche Stellungnahme zu den konkreten Folgen einzufordern: Was bedeutet dies für das Gehalt, für die Karriere – und wie gedenkt der Arbeitgeber, etwaige Verschlechterungen zu kompensieren? Im nächsten Schritt können Betroffene dann der Entleitung widersprechen. Die nächste Eskalationsstufe ist die Auseinandersetzung vor Gericht.“

(Lesen Sie hier den ganzen Bericht beim Manager Magazin)

 

Déjà-vu der Personalpolitik

Dabei hatte die Commerzbank intensive Erfahrungen im Umgang mit dem Entleiten von Vorstandsmitgliedern gesammelt. Und diese waren nicht ganz schmerzfrei. Als es darum ging, die Anzahl der Vorstandspositionen zu reduzieren, war Personalvorstand Ulrich Sieber involviert betroffen. Eine „Entleitung“ funktionierte nicht, Sieber ging vor das Arbeitsgericht. PERSONALintern 12/2015 berichtete:
Ulrich Sieber (Foto Commerzbank)

Sieber gegen Commerzbank: Es ist vorbei


Ulrich Sieber, 
Personalvorstand der Commerzbank AG (Frankfurt/Main) hat auch die letzte Etappe seines Klagemarathons gegen seine Abberufung als Personalvorstand (PERSONALintern 12/2015) gewonnen.

 

Die Bank und der Manager haben sich einvernehmlich geeinigt und den Vertrag (Laufzeit bis Mai 2017) nun endgültig aufgelöst.

 

 

 

Es kann auch anders gehen, wie Harald Schmid in seinem Artikel Trennungsmanagement ausführlich darlegt:

Trennungsmanagement ist mehr als nur ein Gespräch

Wer sich von einem Mitarbeiter trennen muss, der sollte dabei vor allem folgende Punkte im Fokus haben:

  • der Selbstwert des zu kündigenden Mitarbeiters bleibt gewahrt
  • die Trennung erfolgt ohne arbeitsrechtliche Risiken
  • die verbleibenden Mitarbeiter werden nicht unnötig demotiviert
  • und dadurch entsteht in Summe kein langfristiger Schaden für das Unternehmen

 

Die Trennung von Führungskräften ist keine leichte Aufgabe – und geht nicht ohne Medien-Echo und entsprechende Nebengeräusche über die Bühne. Wenn sich Führungskräfte in ihren Jobs eigentlich nichts zu  Schulde kommen ließen, ist die „Entleitung“ eigentlich ein zweischneidiges Schwert. Leichter fällt es dann in Fällen wie dem Rausschmiss von Uber CEO Kalanick oder dem Hollywood-Mogul Harvey Weinstein.

Diese Geschichten sind dann so recht nach dem Geschmack der Medien. Mit dem Hashtag #MeToo solidarisieren sich betroffene Frauen auf Facebook, Twitter & Co.

 

 

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