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Intelligente Bots übernehmen den Kundendialog

Autor: Heinrich Welter (Vice President Sales und General Manager DACH bei Genesys Telecommunications Laboratories) / Redaktion marconomy

Der Kundendialog der Zukunft wird ein Dialog zwischen intelligenten Systemen sein. Dies ist die zentrale Aussage einer Studie zum Kundendialog 2025. Wie Unternehmen die Studienergebnisse für sich nutzen und neue Strategien umsetzen können.

Ein zentraler Treiber für die Entwicklung des Kundendialogs ist die Erwartungshaltung der Kunden. Die Autoren haben herausgefunden, dass Kunden künftig im Dialog mit Unternehmen maximale Individualisierung bei für sie minimalem Aufwand erwarten. Weiterhin wird das Kommunikationsverhalten stärker von individuellen und situativen Entscheidungen geprägt. Zudem erwarten Kunden ein hohes Maß an Individualität, Menschlichkeit, Einfachheit, Geschwindigkeit und Automatisierung. Das alles zeigt die Studie, die die Zukunftsforscher von 2b AHEAD gemeinsam mit IBM und Genesys mittels Expertenbefragungen durchgeführt haben.

Künstliche Intelligenz wohin das Auge blickt

Der Schlüssel zu den Bedürfnissen der Käufer sind Daten aus den Interaktionen mit Kunden. Doch geben Kunden ihre Daten nur frei, wenn sie dafür einen Mehrwert erhalten. Diesen Mehrwert generieren Unternehmen insbesondere durch den Einsatz künstlicher  Intelligenz (KI). Die intelligente Auswertung von neu gewonnenen Kundendaten schafft ein präziseres Verständnis der Kundenwünsche.
Zukünftig werden Unternehmen ihre Kundendaten in einem zentralen Wissenshub sammeln, mittels intelligenter Algorithmen auswerten und die Erkenntnisse in die Produktentwicklung einfließen lassen.

Auch auf Kundenseite wird laut der Studienautoren in Zukunft eine Vielzahl von Bots aktiv sein. Sie beschaffen eigenständig die  gewünschten Informationen, werten diese aus und beraten den Konsumenten bei der Entscheidungsfindung.

Dabei sind die Bots auf verschiedene Lebensbereiche spezialisiert.  So werden wir Experten-Bots für Mobilität, Gesundheit, Finanzen,  Soziales oder Datenschutz erleben. Diese Bots sind in der Lage miteinander zu interagieren, sodass es sich für den Kunden anfühlt, als würde er nur mit einem Bot kommunizieren. Die Zukunft des Kundendialogs liegt also im Dialog zwischen intelligenten Systemen.

Das Resümee der Studie: Gerade in der automatisierten Kundenkommunikation wird es nicht die eine künstliche Intelligenz geben, sondern wir werden viele verschiedene Expertensysteme für unterschiedliche Situationen erleben.

Anstatt also eine Superintelligenz für alle Bereiche zu schaffen, setzen Unternehmen spezialisierte KI-Systeme für jeweils bestimmte Aufgabenbereiche ein. Solche autonom handelnden Experten-Bots können in Zukunft miteinander kommunizieren, gemeinsam Probleme
lösen und Aufgaben erledigen. Dabei wird die Intelligenz des einzelnen Bots durch die Menge verschiedener KI-Systeme ergänzt.

So lassen sich die Erkenntnisse im Kundenservice umsetzen

Doch wie können Unternehmen diese Erkenntnisse für sich nutzen und ihre Kundenkommunikation zukunftssicher aufstellen? Zunächst gilt es, die bekannten Zielgruppen aufzubrechen und das Individuum in den Fokus zu stellen. KI-gestützte Big Data Analysen der  Kundenhistorie ermöglichen eine hyperpersonalisierte Ansprache. Dabei ist es wichtig, den Kunden entscheiden zu lassen, wann er über welchen Kanal kommunizieren will – ob über Chat, Telefon, E-Mail oder Video. Um dem Kunden maximale Freiheit bei der Wahl des Kommunikationskanals zu lassen, benötigen Unternehmen eine zentrale Plattform für den Kundendialog, die in der Lage ist, neue Kanäle über offene Schnittstellen (APIs) zu integrieren.

Der Einsatz verschiedener KI-Lösungen erfordert eine Moderation

Auch die Integration verschiedener KI-Systeme in eine zentrale Plattform für den Kundenservice ist ein wichtiger Aspekt, um gut für den Kundenservice der Zukunft aufgestellt zu sein. Eine solche KI-Moderationslösung greift im Idealfall auf das Knowledge-Management zurück, versteht die natürliche Sprache und weiß, welche Anfragen am besten durch einen Chatbot oder durch einen Mitarbeiter beantwortet werden können.

Die Software sollte darüber hinaus den Mitarbeitern Antworten auf Anfragen vorschlagen und auf Basis von Sentiment-Analysen Informationen über den Kunden bereitstellen. Künftig werden KI-Moderatoren Kunden auch proaktiv ansprechen, um Probleme frühzeitig zu lösen.

Das Hire and Fire-Prinzip

Künstliche Intelligenzen sind den Menschen manchmal gar nicht so unähnlich. Beide verfügen über jeweils unterschiedliche Talente. So wie verschiedene Mitarbeiter verschiedenen Hard- und Soft-Skills aufweisen, so haben auch verschiedene KIs unterschiedliche  Fähigkeiten. Im Kundenservice sorgt dann ein Skill-basiertes Routing der Kundenanfragen für die Weiterleitung an den richtigen Mitarbeiter, oder für die Wahl des richtigen Chatbots. Anschließend wird anhand der Interaktion und weiterer Parameter bewertet, wie der Chat gelaufen ist. Wurde die Interaktion insgesamt positiv bewertet, werden mehr Interaktionen zum Chatbot geroutet. Die Optimierung der Chatbots berücksichtigt auch, dass verschiedene KIs zwar inhaltlich das Gleiche leisten – beispielsweise eine Finanzberatung – aber eben für einen unterschiedlichen Personenkreis ausgelegt sind. Der einfache Einsatz und Austausch dieser Chatbots spielt eine zentrale Rolle für den optimalen Einsatz im Unternehmen und der Zufriedenheit der Kunden. „Hire and Fire“ ist hier die Devise. Der Status quo des Kundenservice vieler deutscher Unternehmen ist von dieser Vision allerdings weit entfernt. Häufig sind noch alte Infrastrukturen im Einsatz, die eine kanalübergreifende Kommunikation mit Kunden nicht unterstützen. Ein reibungsloser
Übergang von einem Kanal zum anderen ist jedoch Voraussetzung, um den Dialog für den Kunden so einfach wie möglich zu gestalten. Bis Bots die gesamte Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden übernehmen, bleibt also noch viel zu tun.

 

Dieser Bericht ist ein Auszug aus einem Whitepaper vom Vogel-Verlag „Zukünftige Auswirkung von Automatisierung und Chatbots“

Download hier.