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Schöne neue Flexibilität: Fast jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland würde gern weniger arbeiten

Dr. Hagen Lesch, Leiter Kompetenzfeld Tarifpolitik und Arbeitsbeziehungen

Das bringt Unternehmen allerdings zunehmend in Schwierigkeiten. Tarifvertragliche Arbeitszeitvereinbarungen müssen deshalb künftig flexibler gestaltet werden, kollektiv vorgeschriebene Rahmenregelungen sind nicht mehr zeitgemäß.

Mit einer neuen Regelung hat die IG Metall im vergangenen Jahr die Arbeitszeitplanungen der Unternehmen durcheinandergebracht: Ein Teil der Beschäftigten konnte sich zwischen mehr Geld und weniger Arbeit entscheiden. Rund 260.000 Beschäftigte wählten daraufhin mehr Freizeit, darunter besonders viele Eltern und Schichtarbeiter. Mit diesem Wunsch stehen die Mitarbeiter der Metall- und Elektroindustrie längst nicht allein da: So möchten 58 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten in Deutschland gerne weniger arbeiten. Besonders in der Industrie ist der Wunsch nach mehr Freizeit groß, aber auch im Handwerk, im öffentlichen Dienst und im Dienstleistungsbereich wünscht sich fast jeder Zweite, weniger zu arbeiten.

Unternehmen in der Zwickmühle

 

Das könnte viele Unternehmen in Schwierigkeiten bringen, zeigt nun eine neue IW-Studie. In der Metall- und Elektroindustrie waren zuletzt zwei von drei Unternehmen mit dem geregelten Arbeitszeitvolumen nicht zufrieden – im Westen, wo der Branchentarifvertrag eine Wochenarbeitszeit von 35 Stunden vorgibt, war die Unzufriedenheit sogar noch größer. Bei Unternehmen mit Haustarifverträgen lag die Unzufriedenheit hingegen nur bei einem Drittel. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Unternehmen mehr Flexibilität benötigen, um schnell auf Kundenwünsche reagieren zu können.

Wochenarbeitszeiten nicht zeitgemäß

Um individuelle Bedürfnisse und betriebliche Notwendigkeiten ausbalancieren zu können, muss die tarifliche Arbeitszeitpolitik mehr Freiräume für betriebliche Lösungen gewähren, sagt Studienautor und IW-Tarifexperte Hagen Lesch:

„Sinnvoll wären beispielsweise tarifliche Arbeitszeitkorridore. Innerhalb eines solchen Korridors könnten die Betriebsparteien dann individuelle Vereinbarungen treffen.“ Kollektiv vorgeschriebene Wochenarbeitszeiten werden von den Unternehmen oft als bürokratisch und nicht mehr zeitgemäß angesehen, so der Tarifexperte. „Gerade kleine und mittlere Betriebe müssen die Möglichkeit haben, ihre Arbeitszeiten praxisgerecht festzulegen“, sagt Lesch.

Das würde auch wieder die Akzeptanz von tarifvertraglichen Regelungen erhöhen.

 

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