Buckmann: Personalgewinnung mit Frechmut und Können ist Einstellungssache
Das Motivationsbuch für Personaler
von Helge Weinberg
Es gibt Bücher, die wollen aufrütteln. In HR sind solche Bücher selten. Eines stelle ich heute vor. Herausgeber ist Jörg Buckmann, Leiter Personalmanagement der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ), gefragter Referent auf Veranstaltungen und Blogger. Auf dem HR BarCamp 2013 in Berlin hinterließ er bleibende Spuren mit der Kreation allein eines Wortes: „Frechmut“.
Was folgte, waren rege Diskussionen in der Fachwelt zu dieser neuen Denkhaltung. In dem Buch „Einstellungssache: Personalgewinnung mit Frechmut und Können“ konkretisieren Buckmann und weitere Autoren, was unter frechmutigem Handeln zu verstehen ist. Vorab sei gesagt, dass die Leser mehr erwartet als die im Untertitel versprochenen „frischen Ideen für Personalmarketing und Employer Branding“.
Buckmann bestreitet die ersten 71 Seiten des Buches. In seinen Beiträgen reißt er Barrieren ein, vor allem die zu Marketing, PR und Vertrieb. Die Grundsätze dieser Disziplinen überträgt er auf die Arbeit von HR. Und er versucht nach Kräften, den Personalern neue Handlungswege aufzuzeigen.
Vom Produktmarketing könne HR einiges lernen, beispielsweise an die Zielgruppen zu denken, klare Botschaften zu kommunizieren, sich von anderen zu differenzieren. Buckmann kritisiert die Null-Risiko-Mentalität von HR, das Verstecken hinter den vorgeblich kleinen Budgets, „um nichts wagen zu müssen“. Er bringt viele Beispiele, wie es die VBZ anders als der Mainstream gemacht haben, wie etwas gewagt wurde.
Er fordert, dass Personalwerbung „erotischer werden“ soll, Emotionen wecken. Endlich sagt das einmal jemand so deutlich. Wir reden so oft über Employer Branding, vergessen in der Praxis aber gerne zwei wichtige Kriterien einer Marke: Differenzierung und vor allem Emotion.
Er plädiert dafür, Muster zu durchbrechen und nicht blind Best-Practices zu kopieren. Humor, Leidenschaft und Neugier gehören für ihn ebenso zur Arbeit von HR wie das Bekenntnis zu einem gesunden Egoismus. Egoismus im Sinne von sich selber präsentieren, „ins Schaufenster stellen“, die eigenen Ideen und Projekte aktiv vermarkten.
Im zweiten Teil des Buches schildern Autoren aus Beratungen und Unternehmen einzelne Aspekte des Personalmarketings. Können und Know-how zeigen, Ideen für eine frechmutige Personalgewinnung liefern sollen die Beiträge.
Was könnte die Leser, die „Frechmut-Azubis“ besonders interessieren? Stets sinnvoll finde ich es, anhand von Fallbeispielen Prozesse darzustellen.
Aber auch „how-to“-Beschreibungen von Standards, von State-of-the-Art halte ich für nützlich. Wenn diese Standards im Unternehmen nicht gegeben sind, dann hilft ein noch so kreatives frechmutiges Vorgehen nichts.
Gut gefallen haben mir die Ausführungen von Ralf Tometschek/Identitäter zum Employer Branding, auch wenn das Thema als solches reichlich bekannt ist. Er spielt anhand eines konkreten Beispiels den unternehmensinternen Prozess auf dem Weg zur Employer Brand durch.
Wenn ein how-to-Artikel wirklich ein Muss in diesem Buch ist, dann ist es der von Henner Knabenreich/knabenreich consult. Knabenreich komprimiert seine in vielen Blogbeiträgen geschilderten Ansichten über Karriere-Websites zu einer griffigen Handlungsanleitung.
Sei es Auffindbarkeit über Google oder Design und Navigation, sei es die Auswahl von Bildmaterial oder die Sprache auf Karriere-Websites, hier finden Leser ein Know-how, mit dessen Hilfe sie ihre frechmutigen Experimente im Web professionell verwirklichen können.
Sehr lesenswert ist auch der Beitrag von Matthias Mäder/Prospective zu Stellenanzeigen. Die von HR geliebten Textwüsten lassen sich durchaus aussagekräftig und bewerbergerecht (um)gestalten.
Mäder zeigt, worauf Recruiter achten müssen, vor allem bei Onlineanzeigen. Auch für ihn spielt Sprache eine Rolle. Durch Bild und Sprache lassen sich Nähe erzeugen – oder auch Distanz, was bisher für so manches Unternehmen wichtig erschien.
Mobile Recruiting: Dazu war auf dem HR BarCamp 2014 in Berlin eine gewisse Ernüchterung zu verzeichnen, da sich weder Bewerber noch Recruiter so richtig für diesen neuen Bewerbungsweg zu erwärmen scheinen.
Diese Diskussion kennt auch Frank Staffler/Deutsche Telekom. Er schreibt, dass „die mobile Schnellbewerbung bei traditionellen Entscheidern auf Grund des geringeren Informationsumfangs … weniger Anerkennung findet“. Sein Beitrag über mobile Karriereseiten, Apps und vor allem über die App „Jobs&More“ ist absolut lesenswert.
Fazit:
Als Motivationsbuch für HR hat „Einstellungssache: Personalgewinnung mit Frechmut und Können“ eine Alleinstellung. Jörg Buckmann geht es erkennbar nicht um die reine Lehre, sondern darum, dass sich in HR etwas bewegt. Er lebt die Experimentierfreude vor, den Mut zum Risiko, die Lust nach Neuem, die vor allem das Recruiting heute so dringend benötigt. Er nimmt Fehler in Kauf, denn die werden unweigerlich passieren. Alle, die in HR neue Wege gehen wollen, wird das Buch in dieser Entscheidung ermutigen. Wie kann ich als Recruiter eine kritische Geschäftsführung auf meine neue, frechmutige Seite bringen? Antworten dazu fallen etwas knapp aus. Hier hätte Jörg Buckmann noch ins Detail gehen können. Aber das war es schon mit der Kritik. Klare Empfehlung.
Jörg Buckmann (Hrsg.): Einstellungssache: Personalgewinnung mit Frechmut und Können: Frische Ideen für Personalmarketing und Employer Branding“, Verlag: Springer Gabler, Wiesbaden 2013, 271 Seiten, Preis: 34,99 Euro (Print-Edition), ISBN: 978-3-658-03699-7
Verfasser der Rezension:
Helge Weinberg ist Inhaber des Beratungsunternehmens Strategie & Kommunikation in Hamburg. Er ist spezialisiert auf Personalkommunikation / HR-PR. Den vielfältigen „Touchpoints“ in der Kommunikation mit Bewerbern im Personalmarketing und Recruiting gilt sein Interesse. Darüber schreibt er auch als Blogger (http://blog.helge-weinberg.de/) und als Fachjournalist.
3 Comments
[…] gibt Bücher, die wollen aufrütteln. In HR sind solche Bücher selten. Eines habe ich heute im Crosswater Job Guide vorgestellt. „Einstellungssache: Personalgewinnung mit Frechmut und Können“, schon der Titel […]
Eine schöne, auf den Punkt kommende Rezension. Vielen Dank dafür!
Wer nun auf den Geschmack gekommen ist und sich vom „Frechmut-Spirit“ anstecken lassen will, der sei herzlich zum „weltweit ersten klimaneutralen“ HR-Net(t)working-Event für frechmutige Personaler nach Wiesbaden eingeladen.
Ein Netzwerktreffen der etwas anderen Art… Mehr Infos unter http://amiando.com/pm2nullandfriends
[…] Besucher das Crosswater-Portal am gestrigen Montag, die meisten Leser interessierten sich für die Helge Weinbergs Buchrezension “Personalgewinnung mit Frechmut und Können” von Jörg Buckmann. Auf dem zweiten Platz […]