Active Sourcing: LinkedIn Penetration Rate in Europa als Chancen-Indikator
Von Gerhard Kenk, Crosswater Job Guide
Anglerlatein, Statistik oder Monte-Carlo-Simulation: Was müssen Active Sourcers noch alles berücksichtigen?
Auf der Suche nach den vielbegehrten Fachkräften, deren Lebensläufe und Social Media Profile im digitalen Dornröschenschlaf dahinschlummern, müssen sich Recruiter zusehends mit neuen Arbeitstechniken und Methoden vertraut machen. Active Sourcing ist der Schlachtruf, Bool’sche Algebra ist das scharfe Schwert für Big Data und das Fernrohr ist für die Observation, in welcher Stärke die gegenerischen Heerscharen angetreten sind. OK, OK – etwas weniger martialisch geht’s auch.
Eine Grundsatzfrage im Active Sourcing ist immer die Frage nach der Gesamtmenge, der statistischen Basis einer Suche. Damit kann die Trefferzahl auf Plausibilität überprüft werden, diese steht natürlich immer im Verhältnis zur Gesamtmenge. Statistiker sprechen dann gerne von Relevanz. Die Studentsche t-Verteilung ist eine Verfeinerung des Statistik-Ansatzes, die ein Mitarbeiter der Guinness-Brauerei entwickelte. Weil sein Arbeitgeber jedoch einer Veröffentlichung dieser Berechnungsmethode nicht zustimmte, entschied sich William Sealy Gosset dazu, die Berechnungsmethode unter dem Pseudonym „Student“ zu veröffentlichen. So schlug 1908 die Geburtsstunde der „Student-T-Funktion“ – Geheimniskrämerei ohne Ende. Während William Sealy Gosset nur Statistik-Insidern bekannt sein dürfte, haben hingegen einige Zeitgenossen des digitalen Zeitalters eine unerwartet hohe Bekanntheit erreicht – WikiLeaks, Julian Assange oder Edward Snoden lassen grüßen. Und die Besitzer dieser klammheimlich beschafften Informationen sind „not amused“.
Doch zurück zum Active Sourcing.
Wie beurteilen Active Sourcer die Ergebnisse ihrer Suche?
Wolfgang Brickwedde, Institute for Competitive Recruiting (ICR) hat in seinem Praxis-Seminar Active Sourcing ein markantes Beispiel dargestellt. Demnach variieren die Ergebnislisten um einen Faktor 20+, je nach angewandter Suchmethodik. Bei der Suche nach „Ingenieur Elektrotechnik Darmstadt“ liefert die Suche mit Stich- bzw. Schlüsselwörtern 70 Treffer. Wird die Boolesche Logik für eine solche Suche eingesetzt, steigt die Trefferzahl signifikant auf 353 an. Die Semantische Suche hingegen erzeugt 1630 Treffer. Alles natürlich bei einer konstanten Grundmenge an Daten.
Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist die Kenntnis dieser Grundmenge. Ist das Wasserglas halb voll oder halb leer? Wieviel Wasser ist in einem Glas, einer Flasche oder in einem Kanister? Fragen über Fragen.
Wieviele Erwerbstätige erreicht LinkedIn?
Eine immer wiederkehrende Diskussion dreht sich um die Anzahl der Mitglieder der beiden Business-Netzwerke XING und LinkedIn. Ein direkter Vergleich der Mitgliederzahlen mag vielleicht Aufschluss über die jeweilige Stärke-/Schwäche-Position in den jeweiligen Ländern geben, doch ein Verhältnis zwischen den Mitgliederzahlen und der Anzahl der Erwerbstätigen eines Landes (Penetration-Rate) stellt die relative Größe in einen besseren, aussagekräftigeren Zusammenhang.
Penetration-Rate
Auffallend ist die geringe Penetrations-Rate von LinkedIn in Deutschland. Natürlich wissen alle, dass sich LinkedIn und XING in einem intensiven Wettbewerb um die Gunst der Mitglieder gegenüber stehen – Ausgang offen.
Wenn Recruiter Active Sourcing in verschiedenen Ländern Europas betreiben, ist es von Vorteil, die Penetrations-Rate von LinkedIn als Relevanz-Basis zu kennen. Die Gegenüberstellung der Mitglieder zu der Anzahl Erwerbstätigen ergibt die Penetrationsrate.
Die Zahlen im Einzelnen
Land | Erwerbstätige (in Mio.) |
LinkedIn Members (in Mios) |
Penetration Rate % |
Polen | 16,06 | 1,823 | 11 |
Deutschland | 40,14 | 4,773 | 12 |
Österreich | 4,26 | 0,698 | 16 |
Schweiz | 4,918 | 1,706 | 35 |
Italien | 22,55 | 8,973 | 40 |
Frankreich | 25,9 | 10,722 | 41 |
Spanien | 17,5 | 8,039 | 46 |
Portugal | 4,57 | 2,1 | 46 |
Belgien | 4,55 | 2,572 | 57 |
Großbritannien | 30,8 | 19,766 | 64 |
Dänemark | 2,75 | 1,879 | 68 |
Niederlande | 8,35 | 6,149 | 74 |
Quellen: LinkedInsider, Statista.de, Statistik Schweiz
Die Guiness Brauerei in Dublin hat ihre Traditionen gewahrt. Student-T für die Statistiker, ein Glas Guiness für Paare.