Ergebnisorientiert Führen als Alternative zur Präsenzkultur
Mobil über das Smartphone kommunizieren oder Daten in der Cloud von überall abrufen – moderne Kommunikationsmittel werden auch im beruflichen Kontext immer häufiger genutzt und ermöglichen vielen Beschäftigten mehr Freiräume, über das Wann, Wo und Wie ihrer Arbeit zu entscheiden. Auch Personalleiter und Geschäftsführer sehen die Potenziale zur Flexibilisierung der Arbeitsorganisation durch den digitalen Wandel und prüfen, inwieweit ein Kulturwandel, weg von strikter Anwesenheitspflicht hin zu einer zeitlich und örtlich flexiblen Arbeitsorganisation, in ihrem Betrieb möglich ist.
Präsenzzeiten sind jedoch mehr als ein Relikt der „analogen Welt“. Arbeitszeiten sind Teil des Arbeitsvertrages und werden oftmals auch als Leistungsindikator verstanden. Möchte man flexiblere Arbeitsformen realisieren, braucht es moderne Formen der Mitarbeiterführung, die sich abseits des klassischen Arbeitsmodells „nine to five“ an den Arbeitsergebnissen orientieren. Bereits 2011 legten 42 Prozent der hiesigen Unternehmen Wert auf einen ergebnisorientierten Führungsstil (Hammermann, 2014). Um Arbeitszeitkontrolle durch Leistungsanreize zu ersetzen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Mitarbeiter und Führungskraft zu stärken, bedarf es eines einheitlichen Verständnisses über die zu erreichenden Ziele.
Laut einer Befragung von Personalverantwortlichen im IW-Personalpanel 2014 werden in 51 Prozent der Unternehmen zumindest für einen Teil der Belegschaft Ziele vereinbart und Mitarbeiter ergebnisorientiert vergütet. Mitarbeiter mit Führungsverantwortung werden selbst am häufigsten ergebnisorientiert geführt. In jedem dritten Unternehmen werden Ziele auch mit Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung vereinbart. Personalleiter und Geschäftsführer in Unternehmen, in denen es (noch) keine Zielvereinbarungsgespräche und ergebnisorientierte Vergütungsbestandteile gibt, bewerten die potenziellen Chancen deutlich zurückhaltender (siehe Abbildung) als Personalleiter, die bereits Erfahrung damit haben. Zielvereinbarungen werden dabei aus folgenden Gründen genutzt:
- Motivation und Produktivität der Mitarbeiter steigern: Unternehmen, die bereits Zielvereinbarungen zur Mitarbeiterführung einsetzen, sind zu 84 Prozent der Meinung, dass sich dadurch Mitarbeiter motivieren lassen und ihre Produktivität steigt. Den positiven Zusammenhang von Zielvereinbarungsgesprächen und der Zufriedenheit der Beschäftigten weisen auch andere wissenschaftliche Studien nach (vgl. Kampkötter, 2016).
- Leistungsförderliche und –gerechte Unternehmenskultur etablieren: Zudem erhoffen sich 79 Prozent der Unternehmen einen positiven Effekt auf die Unternehmenskultur in Form von mehr Leistungsgerechtigkeit. Erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile ermöglichen es Unternehmen zudem, ihre Mitarbeiter auch finanziell an den Erfolgen ihrer Arbeit teilhaben zu lassen. Hier zeigt sich mit 25 Prozentpunkten die deutlichste Abweichung zwischen den Personalleitern in Unternehmen mit und ohne derartige Anreizsysteme. Dies deutet darauf hin, dass finanzielle Anreize für einzelne Mitarbeiter die Unternehmenskultur auch negativ beeinflussen können – insbesondere wenn Kooperation und Teamarbeit gefragt sind (vgl. auch Kampkötter/Sliwka, 2016).
- Mitarbeiterführung nach Unternehmenszielen unterstützen: Zwei Drittel der Personalleiter nutzen in Unternehmen Zielvereinbarungen und eine ergebnisorientierte Vergütung als Steuerungselemente, um die Mitarbeiter besser anhand der Unternehmensziele führen zu können. Sind die Anreize richtig gesetzt, ist die Kontrolle des Arbeitseinsatzes weniger wichtig, da Mitarbeiter aus eigenem Antrieb im Sinne des Unternehmens (und damit auch in ihrem Sinne) handeln.
- Leistungsstarke Mitarbeiter gewinnen: 60 Prozent der Personalleiter kommunizieren ihr Anreizsystem auch nach außen hin und signalisieren damit, dass sich Leistung in ihrem Unternehmen lohnt. Damit lässt sich möglicherweise ein positiver Selektionseffekt erreichen, der sich im Wettbewerb um die besten Köpfe als Vorteil erweisen dürfte.
Personalleiter in Unternehmen ohne Zielvereinbarungen sehen deutlich häufiger Schwierigkeiten, Zielvereinbarungen und ergebnisorientierte Vergütung zu implementieren. Die Einschätzungen beider Gruppen liegen jedoch näher beieinander als dies bei den Chancen der Fall ist. Die am häufigsten genannte Hürde ist die mangelnde Messbarkeit der Zielerreichung. Ziele, die nicht objektiv messbar sind, müssen subjektiv durch den Vorgesetzten bewertet werden. Um subjektiven Verzerrungen vorzubeugen, nutzen Unternehmen beispielsweise vorgegebene Bewertungsraster oder lassen Mitarbeiter durch mehrere Vorgesetzte bewerten (Kampkötter/Sliwka, 2016).
Befürchtet wird auch, dass der Leistungswettbewerb die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern behindert oder dieser von der Belegschaft nicht akzeptiert wird. Mehr als jeder zweite Personalleiter führt dies als Gründe an, weshalb keine Zielvereinbarungen im Unternehmen genutzt werden. Die Kosten in Form von Bonuszahlungen lösen dagegen deutlich weniger Bedenken aus. Dies gilt vor allem für die Unternehmen, die dieses Instrument bereits nutzen.
Personalleiter, die bereits Erfahrung damit haben, schätzen die Potenziale des ergebnisorientierten Führungsstils, setzen sich aber auch kritisch mit möglichen Fallstricken auseinander, die einer erfolgreichen Implementierung im Weg stehen können. Ob Zielvereinbarungen und ergebnisorientierte Vergütung sich auszahlen, scheint vor allem eine Frage der Unternehmenskultur zu sein. Diese Erkenntnis mahnt einen vorsichtigen Kulturwandel in deutschen Unternehmen an, damit Mitarbeiter und Unternehmen auch langfristig von mehr Flexibilität profitieren können.
Quelle: IW Köln
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