#SOSUDE: Active Sourcing ist das Meisterhandwerk im Recruiting
Von Gerhard Kenk, Crosswater Job Guide
Im Zeitalter der industriellen Massenproduktion gilt das Meisterhandwerk als Gegenentwurf zum weltweit einheitlichen Geschmack in der Ernährung, der Mode oder der Musik. Einen ähnlichen Gegenentwurf im Recruiting ist das Active Sourcing. In dieser Recruiting-Alternative suchen Meisterhandwerker nach Kandidaten, die in engen, spezialisierten Arbeitsmärkten mit den klassischen Methoden des Passive Sourcing nicht zu erreichen sind. Angeln in der Blackbox ist die Kunst der Active Sourcer, das Handwerk ist die menschliche Intelligenz und der Einsatz der Bool’schen Logik bei der Suche in den unendlichen Weiten der Facebook-, Xing- oder LinkedIn-Profilen. Ende Mai 2017 traf sich die Elite der Active Sourcer zur ersten Konferenz, dem Sourcing Summit Deutschland oder kurz #SOSUDE, in der Alten Lokhalle in Mainz. Die zweitägige Konferenz vermittelte einen exzellenten Rundumblick auf die State-of-the-Art im Active Sourcing.
Active Sourcing ist ein Konzept des Personalwesens, das in der Personalbeschaffung eingesetzt wird. Active Sourcing steht für alle Maßnahmen der Identifizierung vielversprechender Mitarbeiter auf dem externen Arbeitsmarkt, bei denen das Unternehmen aktiv versucht, in persönlichen Kontakt mit potenziellen Bewerbern und Mitarbeitern zu treten und eine dauerhafte Beziehung zu den Bewerbern aufzubauen. Ziel ist es, die Bewerber so lange durch den persönlichen Kontakt zu binden, bis sie rekrutiert werden können. Die Bindung verhindert dabei das Abwandern der Talente während der Rekrutierungsphase zu Wettbewerbern. Demgegenüber stehen eher traditionelle, passiv ausgerichtete Methoden der Personalgewinnung bei denen Recruiter eher passiv auf eingesandte Bewerbungen warten. (Quelle: Wikipedia.de)
Das Event wurde von Phil Tusing (Destination Talent) initiert und mit lokaler Unterstützung von Barbara Braehmer (intercessio) organisiert, Jan Kirchner (Wollmilchsau) führte als lokaler Master-of-Ceremonies souverain durch die zweitägige Konferenz.
Glen Cathey, Global SVP Digital Strategy & Innovation, Digital Factory Randstad, vermittelte in seiner Keynote-Präsentation zum Auftakt der Konferenz einen Überblick über den aktuellen Stand des Active Sourcing.
Dabei betonte er die Bedeutung der semantischen Suche und der Occupation Ontology. Die Ontologie fristete in der Informatik für eine lange Zeit eher ein Schattendasein und die Diskussion um eine Metasprache zur Beschreibung von Daten war auf Spezialisten-Kreise beschränkt. Das Thema der Ontologie der Berufe und Fähigkeiten explodierte in der Medien-Aktualität, als Google diverse Produkte rund um die semantische Suche im Recruiting (u.a. Google Job API) ankündigte.
„The more data you have available, the more difficult is it to find specific people.“
(Glen Cathey)
Glen Cathey zeigte anhand von treffenden Beispielen, wie die feinen Unterschiede der Bool’schen Logik die Trefferliste entscheidend beeinflusst.
Recruiter stehen vor der Herausforderung, sich mit „billigen digitalen Werkzeugen“ (Jamais Cascio) auseinanderzusetzen und diese routinemässig – wie einst bei der Wunderwaffe namens EXCEL – in ihrer täglichen Sourcing Arbeit zu nutzen.
Eine besondere Erwähnung gilt für Textio.com. Textio ist eine maschinelle Lernplattform für Texte und Schreiberlinge unserer Zeit. Mit Hilfe von Textio können betriebsinterne Recruiting-Teams virtuell miteinander verknüpft werden. Recruiting Teams, welche ein Textio-Score von 90 Punkten oder höher erzielen, schaffen es auch, Kandidaten im Bewerberpool besser und schneller zu erreichen.
So erläutert Textio.com, wie der Textio-Score ermittelt wird.
The Textio Score is a number assigned to every document you author in Textio. It predicts how fast your job is going to fill relative to other similar jobs in your industry and market. The score is crucial to Textio Talent, and that’s why it appears at the top righthand corner of every document.
1. Your Textio Score measures how your job description will perform in today’s hiring market
Textio is constantly analyzing job posts and how they perform in today’s market. The Textio Score is a number from zero to 100 that compares the language used in your job post to about 100 million other job posts in the dataset — and growing! About 10 million new job listings and their results are added to Textio’s database each month.
2. Textio Scores change over time
Because language is constantly evolving, it’s possible and expected for your document’s Textio Score to change over time. Textio analyzes millions of listings in real time. Any time new statistical patterns emerge and change the way your job will perform in the market today, you may see your scores shift. That way, if you reuse an old job description as a template for a new one, you’ll know the score reflects how people will respond now.
3. The best job descriptions score 90 and above.
Not only do jobs with Textio Scores above 90 fill faster, they perform better in other ways as well. High-quality job posts scoring 90 or above in Textio are statistically shown to attract more qualified people from a broader population.
Soweit das Konzept von Textio.com. Wer sich die verfügbaren Funktionen und Analysen von Textio einmal näher anschaut, wird die Möglichkeiten des Textio-Scores nach Arbeitgebern entdecken. Bei dieser Durchschnittsbetrachtung wird der erzielte Textio-Score über alle publizierten Stellenanzeigen des Arbeitgebers ermittelt, es wird erläutert, wie dieser Score im Vergleich mit Wettbewerbern steht und ob eine eher maskuline oder feminine Ausdrucksweise in den Stellenanzeigen vorkommt.
Die nachstehende Tabelle vergleicht als Stichprobe den durchschnittlichen Textio-Score namhafter Arbeitgeber. Auffallend ist die relative große Streuung der Textio-Score-Werte. So erzielt Google mit 71 den höchsten Score, während Thyssenkrupp mit einem Score von 10 am Ende steht.
Arbeitgeber | Textio-Score |
71 | |
64 | |
63 | |
Henkel | 55 |
55 | |
Amazon | 51 |
Allianz | 49 |
Indeed.com | 48 |
ProSiebenSat1 | 47 |
Microsoft | 46 |
Siemens | 44 |
adidas group | 43 |
SAP | 43 |
ManpowerGroup | 41 |
RWE | 38 |
Nestlé | 38 |
Deutsche Bank | 37 |
Lufthansa | 37 |
BASF | 36 |
Deutsche Börse | 36 |
Munich Re | 36 |
Volkswagen | 36 |
IBM | 36 |
Merck | 35 |
Unilever | 35 |
Oracle | 35 |
Deutsche Telekom | 30 |
Bayer | 28 |
Commerzbank | 28 |
Randstad | 28 |
BMW | 27 |
Daimler | 27 |
Fresenius | 27 |
Beiersdorf | 26 |
Continental | 24 |
Thyssenkrupp | 10 |
„Keyword relevance has nothing to do with the qualification of the candidate“
(Glen Cathey)
Neben Textio.com bieten noch weitere Webseiten sinnvolle Unterstützung an:
- Textkernel
Textkernel ist Marktführer im Bereich semantischer Technologien, maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz für die HR Branche. Aufgrund langjähriger Erfahrung und spezifischer HR Branchen Kenntnissen, stellt Textkernel den idealen Partner dar.Textkernel bietet einen qualitativ hochwertigen und multilingualen CV & Job Parser, semantische Such-, Sourcing- und Matchinglösungen sowie eine Big Data Jobplattform zur Arbeitsmarktanalyse und Neukundengewinnung an. - Hiring Solved
Hiring Solved ist eine Personensuchmaschine, die Kandidaten-Profildaten aus vielen Bereichen des Webs sammelt und die wichtigsten relevanten informationen in einer Datenbank mit Kandidaten-Profilen abspeichert. - Volkscience
Volkscience (Volkscience == People Science) verfolgt als Start-up das Ziel, Informationen zu Kandidaten-Profilen zu sammeln und daraus ein Persönlichkeitsprofil abzuleiten.
Active Sourcing ohne Bool?
Cathey präsentierte ein Beispiel, wie mit einer bequem zu nutzenden Suchmaske schnell und einfach Search-Statements generiert werden und wie die einzelnen Suchbegriffe einfach auszuwählen und mit einer entsprechenden Verknüpfung ausgestattet werden. Dieses Beispiel basiert auf der semantischen Suche von Textkernel.
Der rote Faden
Eine zweite Herausforderung für Recruiter – und das zog sich wie ein roter Faden durch weitere Präsentationen auf der #SOSUDE – ist die Auswahl der digitalen Pools, in denen sich vermeintlich potenziell Wunschkandidaten tummeln. Es gehört zum Meisterhandwerk des Active Sourcers, diese Kandidaten-Pools zu kennen und die besonderen Eigenschaften der semantischen Suche anzuwenden. Unter den wichtigsten Pools sind Facebook, LinkedIn, Xing – und natürlich der große Ozean namens GOOGLE.
Vielfältige Werkzeuge für den Meisterhandwerksbetrieb
Für Active Sourcer steht die Bool’sche Logik zur Formulierung der Suchbedingungen zur Verfügung – aber dann ist es auch schon vorbei mit der romantischen Vorstellung des Schweizer Armee-Messers als Universal-Werkzeug.
Während LinkedIn, Xing oder Textkernel den Zugriff auf ihre proprietären Kandidaten-Profile monetarisieren und dem Recruiter maßgeschneiderte Online-Funktionen zur Datenanalyse zur Verfügung stellen, ist der Kandidaten-Pool in den unendlichen Weiten des Google-Ozeans kostenlos verfügbar.
Bei allen Big Data Konstellationen ist es unumgänglich, die Eigenheiten und Spezifika der Suchabfrage zu lernen und zu beherrschen. Denn je präziser die semantische Suche mit Hilfe der Bool’schen Logik formuliert ist, desto umfassender sind die dabei erzielten Treffer. Unabdingbar dabei ist es, einen iterativen Prozess einzuhalten und die Suchformeln so lange zu modifizieren, bis eine zufriedenstellende Trefferliste erreicht wird.
Dann beginnt die klassische Arbeit des Headhunters. Kandidaten kontaktieren, ein überzeugendes Jobangebot präsentieren und dabei eine möglichst hohe Responserate zu erzielen.
Weiterführende Links
#SOSUDE Sourcing Summit Germany 2017
#SOSUDE Sourcing Summit Germany 2018 Pre-Registration
Boolean BlackBelt-Sourcing/Recruiting
Edlington Strategic Sourcing Solutions
Institute for Competitive Recruiting
Intelligence Recruitment Software