Plädoyer für ein klares Rollenbild: Ein Berater ist ein Berater ist ein Berater.
Von Bernhard Schelenz, Schelenz GmbH, Kommunikationsberatung für Arbeitgeber
Designer sind keine Mediengestalter. Texter sind keine Journalisten. Und Berater sind keine Trainer. Trainer sind keine Berater.
Der Zwischenruf könnte auch lauten: Ein Trainer ist ein Trainer ist ein Trainer. Oder: Ein Coach ist ein Coach ist ein Coach. Doch diese Klarheit vermissen wir heute oft im HR-Business. Es ist auffällig, dass „Berater“ fallweise zum „Coach“ mutieren bzw. zum „Trainer“ – und umgekehrt. Hier werden munter Rollen gewechselt wie verschwitzte Oberhemden bzw. Blusen. Je nach Anlass wird mal dieser, mal jener Hut aufgesetzt – Hauptsache die Kasse stimmt.
Warum fällt es Personaldienstleistern so schwer, sich eindeutig festzulegen? Die einfache Antwort: Es geht ums Geld. Das eigene Verständnis richtet sich oft danach aus, wo die größeren Budget-Töpfe vermutet werden. An übersteigertem Selbstbewusstsein herrscht zudem allenthalben auch kein Mangel. So tragen einige „Kompetenzträger“ anscheinend das seltene Gen Ich-kann-alles in sich.
Das Eine hat i.d.R. aber wenig mit dem Anderen zu tun. Es gibt sehr wohl scharfe Trennlinien und klare Kanten. Deswegen ist es gar nicht kompliziert, seine Rolle und sein Profil zu definieren und beides dann eindeutig zu kommunizieren:
Ein Berater
… bietet Kunden Lösungskonzepte auf Grundlage von Analysen und eigener Erfahrungskompetenz an. Er ist meinungsgebender Experte, Ideengeber mit eigener Meinung.
Ein Trainer
… trainiert Teilnehmer in Seminaren und Workshops zu Methoden und Techniken und Handlungskompetenzen. Er ist Wissensvermittler, der die fachliche Kompetenz der Kunden erweitert.
Ein Coach
… unterstützt Kunden dabei, eigene Lösungen zu finden. Er bietet Hilfe zur Selbsthilfe. Als prozessorientierter Methodenexperte ist er verantwortlich für den Prozess. Der Kunde verantwortet das Ergebnis.
Dienstleister sollten ehrlich kommunizieren: „Ich bin ein Berater. Ich bin kein Coach und auch kein Trainer.“ Die Schnittkanten sind zwar eindeutig, dennoch wird versucht, diese zu verwischen. Statt zu sagen, wer man ist und was man besonders gut kann – und was man eben nicht kann. Das Eingeständnis, etwas nicht bzw. weniger gut zu können, verlangt zuerst Ehrlichkeit im Umgang mit sich selbst, dann Aufrichtigkeit gegenüber Kunden.
Designer sind keine Mediengestalter. Texter sind keine Journalisten. Und Berater sind keine Trainer. Trainer sind keine Berater. Und auch die Coaches sind eine eigene Spezies. Das Fabelwesen der eierlegenden Wollmichsau, das mit den Kompetenzmerkmalen aller drei o.g. Profile ausgestattet ist, existiert in der Realität kaum. „Ich kann alles, je nach Anlass.“ – das klingt nicht nur halbseiden, es ist unredlich im eigentlichen Wortsinn.
Man wird nicht „einfach so“ von einem Kompetenzprofil zum anderen transformiert, nur weil der Markt einem Profil im Moment günstiger gewogen scheint, oder weil gleichsam „über Nacht“ Zusatzqualifikationen erworben wurden. Kunden haben ein Anrecht auf klare Ansagen über tatsächlich vorhandene Kompetenzen und entsprechendes Erfahrungswissen. Wer sich scheut, ein klares und signalgebendes Etikett anzunehmen, der verschleiert am Ende seine Stärken – und seine Schwächen. Eine Positionierung nach der jeweils vorherrschenden Windrichtung ist sicher kein Beleg dafür, dass man selber auf klarem Kurs ist.
Unbestritten: Jeder kann sich seine eigenen Attribute zuschreiben, wie es eben gerade in den Kram passt. Auch deshalb feiern wir aktuell die große Unübersichtlichkeit und Beliebigkeit. In Zeiten von Transformation, Agilität, Disruption & Co. sollte man nicht noch mehr Chaos stiften. Wer Kunden bei der Rollenfindung unterstützen will, der muss zu allererst selbst Vorbild sein und das eigene Rollenbild eindeutig benennen und entsprechend agieren. So schwer ist das doch gar nicht.
Bernhard Schelenz, Berater
Schelenz GmbH, Kommunikationsberatung für Arbeitgeber
Großkarlbach, 24. April 2017