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Facebook Jobs ist noch kein Selbstläufer

Gerhard Kenk

Von Gerhard Kenk, Crosswater Job Guide

Der Eintritt von Facebook als Recruiting-Plattform gewinnt in den einschlägigen HR-Blogs eine hohe Resonanz. Nun haben zwei Recruiting-Experten, Stefan Scheller (Persoblogger) und Wolfgang Brickwedde (Institut for Competitive Recruiting) die Funktionalität von Facebook Job näher untersucht und ihre Rückschlüsse daraus gezogen.

Ein Selbsttest von Stefan Scheller auf  Persoblogger („Jobs auf Facebook – Praxistest: Was kann die neue Social Media Stellenanzeige? „) beschreibt die Funktionalität sowohl aus der Sicht des Arbeitgebers / Recruiters als auch vom Standpunkt des Bewerbers. „Extrem Begrenzt“ – diesen Schluss zieht der Personalexperte im Rahmen seines Fazits:

Fazit zum Praxistest von Jobs auf Facebook

Stefan Scheller

Ein Anfang ist getan. Facebook nimmt sich der Jobsuche an. Dabei geht die Plattform analog ihrem Vorgehen bei Werbeanzeigen den Weg über strukturierte Daten und kann damit weitere wertvolle Informationen über ihre Nutzer generieren.

Die tatsächlichen Möglichkeiten sind allerdings noch extrem begrenzt. Insbesondere werden größere Unternehmen mit einem prozessual integrierten Bewerbermanagementsystem vermutlich nicht in größerem Umfang Stellenanzeigen zusätzlich auf Facebook schalten. Zumal das Datenschutz-Thema noch zu klären wäre. Allerdings bleibt zumindest alternativ die E-Mail-Kommunikation.

Kleinere oder Kleinstunternehmen, die weder über große Budgets, noch über ausgereifte Recruiting-Prozesse und Tools verfügen, können jedoch möglicherweise vom neuen Jobs auf Facebook profitieren. Vorausgesetzt, die Suche nach Jobs funktioniert korrekt und erwartet nicht, dass Unternehmen ihrer Stellenanzeige von vorn herein mit einer finanziellen Zuwendung den nötigen Push in Richtung Sichtbarkeit geben. Möglich wäre es allerdings, dass nur bezahlte Anzeigen tatsächlich in der allgemeinen Suche erscheinen und unbezahlte lediglich über die Unternehmensseite zugänglich sind.

Alles in allem dürfte Facebook mit den ersten Funktionen seinen Fuß in die Tür des Recruiting-Businessgesetzt haben. Den richtig großen Wurf, der die Szene komplett umgräbt und den Prozess der Personalbeschaffung disruptiv verändert, sehe ich allerdings noch nicht. Und ob die Nutzer Facebook tatsächlich den Status als Business-Netzwerk zugestehen, wird sich ebenfalls zeigen.

 

Wolfgang Brickwedde

Facebook Jobs – eher ein Disruptiönchen im Recruiting?

Wolfgang Brickwedde, Institut for Competitive Recruiting, hat die Funktionsweise von Facebook Jobs ebenfalls detailliert untersucht. Besonders der Aspekt der Reichweite, die eine Stellenanzeige generiert bzw. generieren muss, betrachtet er als kritischen Erfolgsfaktor.

Facebook Jobs nur etwas für pfiffige Azubis?

Das sieht alles sehr einfach und leicht aus und ist sicherlich auch für ungeübte Recruiter (aka Bäckermeister, Handwerkschefs etc.) machbar. Wie es Facebook mit den Dokumentationsvorschriften nach DSGVO hält, ist nicht zu erkennen. Eine Anbindung an bestehende Bewerbermanagementsysteme war auch nicht erkennbar. Das begrenzt die Einsatzmöglichkeiten doch recht stark.

Wie kann man Traffic für die Jobs generieren?

Wie man bei meinem Selbstversuch sieht, geschieht allein durch das Einstellen der Vakanz noch fast gar nichts. Eine parallel über die Multiposting-Lösung CandidateReach geschaltete Anzeige (Testangebot 2:1 für 390 €) generierte mehr als das 60-fache an Traffic.

D.h. als schaltender Arbeitgeber muß man was tun, um Aufmerksamkeit zu generieren und Reichweite zu bekommen. Dort liegt vermutlich auch das Geschäftsmodell von Facebook Jobs, da sich dafür natürlich der Facebook Werbeanzeigenmanager anbietet.

Für welche Art von Positionen lohnt sich Facebook Jobs?

Für die Nutzung von Facebook Jobs ist neben der Notwendigkeit der Reichweitengewinnung auch die Möglichkeit der Beurteilung der eingehenden Bewerbungen wichtig. Da die schaltenden Unternehmen hierzu keinen klassischen Lebenslauf erhalten, sondern „nur“ die Arbeitgeber-bezogenen Angaben aus dem Facebook Profil der Kandidaten, ist die Beurteilung abhängig von der Güte der dortigen Angaben. Vielleicht müssen einige Facebook Mitglieder vor einer Bewerbung erst noch einmal zurück zu Ihrem Profil und dort etwas Passendes eintragen.

Aufgrund der Begrenztheit der Möglichkeiten in den Arbeitgeber-bezogenen Angaben im Facebook Profil wird diese Lösung wohl eher für Vakanzen interessant sein, bei denen die Berufsbezeichnung bereits eine Qualitätsvermutung zuläßt, wie z.B. Kranken- und Gesundheitspfleger, Automechaniker etc.. Ausbildungberufe halt und im gewerblichen Helferbereich, wo man mit wenigen Zusatzfragen, z.B. nach Führerschein und Mobilität den Bewerberkreis eingrenzen kann.

Für welche Art von Arbeitgebern lohnt sich Facebook Jobs?

Arbeitgeber, die aus dem Handwerk oder auch Gewerbe sind, Mitarbeiter vielleicht sogar eher nur lokal oder regional suchen, kein Bewerbermanagementsystem haben, könnten Interesse an Facebook Jobs haben. Sie können sich einen digitalen Talentpool erschließen, der ihn sonst verschlossen bliebe und mit den (noch) üblichen Anzeigen in der örtlichen Presse auch immer weniger zu erreichen ist.

Dazu müßten sie sich etwas mit der Mechanik von Facebook Jobs beschäftigen und vermutlich auch mit dem Werbeanzeigenmanager, aber das scheint machbar oder vielleicht finden sie einen pfiffigen Azubi dafür?

Für Arbeitgeber, die hochqualifiziertes Personal suchen, ein Bewerbermanagementsystem haben und DSGVO konform arbeiten wollen und müssen, bietet sich Facebook Jobs (noch ) nicht an.

Welchen Einfluß hat Facebook Jobs auf den Jobbörsenmarkt?

Noch ist der Einfluß von Facebook Jobs zu vernachlässigen. Bei weltweit weniger als 4000 publizierten Vakanzen wundert man sich über die bisherige Strategie von Facebook für Facebook Jobs. Die Befürchtung, das Facebook einen Fehlstart hinlegt, ist nicht von der Hand zu weisen. Sobald Google Jobs kommt, kann sich über die erhöhte Reichweite, quasi Huckepack mit Google Jobs, das Spiel noch einmal ändern. Aber zunächst braucht es viele Arbeitgeber, die Jobs einstellen und Geld für die Reichweitengenerierung ausgeben, um Facebook Jobs für Facebook interessant zu machen. Zumindest gibt es kein Henne- und Ei-Problem: die potentiellen Bewerber sind in hoher Anzahl bereits da. Falls die sich jetzt aber umschauen und nach Jobs suchen und keine finde, dann bleibt diese Chance ungenutzt

Die klassischen Jobbörsen wie StepStone, Monster oder Jobware und die Jobsuchmaschinen wie kimeta oder Indeed werden Facebook Jobs sicherlich kritisch beäugen, können sich aber im Moment noch über die von Facebook gemachten Fehler freuen.

Wie wirkt Facebook Jobs bei einer Google Suche von Bewerbern?

Wie schon oben erwähnt, da die Stellenanzeigen gemäß schema.org aufbereitet werden, zieht sich auch Google die auf Facebook publizierten Stellen und spielt sie – zukünftig auch in Deutschland – über sein Jobbörsen-Feature Google Jobs an Jobsuchende aus. Das kann dann auch für den Bäcker an der Ecke oder gar für unbekannte KMU Reichweiten bringen, die sonst nur über Multi-Posting Tools wie CandidateReach möglich sind  Und da sowohl Google als auch Facebook mit standortbezogenen Daten arbeiten, wird nicht nur eine Jobsuche unmittelbar um den Wohnort möglich, auch die Ansicht des optimalen Wegs zur Arbeit übernehmen die Internet-Giganten. Das ist schon praktisch für Bewerber.

Globale Jobportale

Die Internet-Giganten Goole und Facebook befeuern mit ihren neuen Entwicklungen kräftig den Wettbewerb mit etablierten globalen Jobportalen wie Indeed.com oder Glassdoor. Aus Sicht von Persoblogger Stefan Scheller sind beim Glassdoor Roll-out in Deutschland zahlreiche Umsetzungsprobleme aufgetreten. In den USA hingegen hat Glassdoor – ähnlich wie Indeed.com – eine neuartige Stellenanzeige mit einem intelligenten Info-Rahmen implementiert, um Bewerber bei der Entscheidung pro / contra Arbeitgeber mit zusätzlichen Informationen wie Gehalt oder Arbeitgeberbeurteilungen eine Hilfestellung anzubieten. Problematischer ist der Ansatz, den Google for Jobs gewählt hat. Die wesentliche Neuerung verbirgt sich hinter dem Konzept „Link Tipp Container“, der die Suchergebnisse (ähnlich wie bei der Google Bildersuche) mit zusätzlichen Filtermöglichkeiten wie Unternehmensgröße, Lokation usw. ausstattet. Eine ausführliche Darstellung finden Sie in dem Artikel “ Wohin führt die Revolution der Stellenanzeigen? Innovationen von Google, Glassdoor und Indeed“ .

Die Links in der Zusammenfassung

Stefan Scheller, Persoblogger: Jobs auf Facebook – Praxistest: Was kann die neue Social Media Stellenanzeige?

Wolfgang Brickwedde, ICR: Facebook Jobs  Stellenanzeigen kostenfrei schalten im größten Social Network

Gerhard Kenk, Crosswater Job Guide: Wohin führt die Revolution der Stellenanzeigen? Innovationen von Google, Glassdoor und Indeed