HR Edge: Virtual Reality wird eine Spielwiese für das Personalmarketing
von Helge Weinberg
Augmented und Virtual Reality werden in Zukunft eine wichtige Rolle im Personalmarketing spielen. Zu diesem Schluss kommen vier Experten, die Crosswater-Redaktionsmitglied Helge Weinberg im Anschluss an die HR-Edge am 10. September in Hamburg befragt hatte. Für viele Besucher der mit rund 140 Teilnehmern völlig ausgebuchten Veranstaltung war das Ausprobieren dieser neuen Techniken ein Highlight der Veranstaltung. Ebenfalls im Mittelpunkt stand die Candidate Experience, wo auch für die Zukunft erheblicher Handlungsbedarf für HR gesehen wird.
Gesprochen hatte Crosswater mit Joachim Diercks, Geschäftsführer der CYQUEST GmbH und Veranstalter der HR Edge; Susanne Hagen, Recruitment Marketing EMEA bei der Philips GmbH; Martin Maas, Employer Branding bei der Daimler AG und Inga Rottländer, PR Manager bei der StepStone Deutschland GmbH.
Crosswater Job Guide: Was waren für Sie die Highlights auf der HR Edge?
Joachim Diercks: Erstens die Ausprobierstationen: Ein ganzer Raum voll HR´ler, die das erste Mal im Leben eine Virtual Reality-Brille aufhatten. Das hat im wahrsten Sinne vielen die Augen geöffnet. Oder ein Testverfahren zur Messung unternehmenskultureller Merkmale, was von gut zwei Dritteln der Teilnehmer ausprobiert wurde. Zweitens: Der interaktive Charakter. Alle waren ständig in Bewegung. Man hat viel mehr unterschiedliche Eindrücke von dem Tag mitgenommen und ist mit viel mehr Personen ins Gespräch gekommen, als das normalerweise bei „Tagungen“ der Fall ist.
Susanne Hagen: Die Themen der ersten HR Edge waren alle hochaktuell und spannend. Am meisten fasziniert hat mich jedoch das Thema Virtual & Augmented Reality, das ja schon länger diskutiert wird – hier tut sich eine neue Spielwiese für das Employer Branding und Personalmarketing auf.
Martin Maas: Ein großes Highlight für mich war das Ausprobieren der verschiedenen Virtual Reality Brillen und die damit verbundenen guten Gespräche über mögliche Einsatzmöglichkeiten dieser Techniken für HR. Darüber hinaus fand ich den Themenmix auf der Veranstaltung in Summe sehr abwechslungsreich und auch der Aufbau der Veranstaltung mit den Spotlight-Sessions war sehr gelungen.
Inga Rottländer: Eines der wichtigsten Themen war aus meiner Sicht die Candidate Experience. Das Themenfeld hat eine riesige Bandbreite und stand sicherlich zu Recht bei vielen Spotlights im Mittelpunkt.
Crosswater Job Guide: Haben Sie auf der HR Edge neue Erkenntnisse gewonnen und welche?
Joachim Diercks: Kernerkenntnis: HR wacht aus seinem technologischen Winterschlaf so langsam auf. Man ist interessierter an technologischen Entwicklungen, hinterfragt diese zwar kritisch, hat aber nicht mehr die ewige Verweigerungshaltung. Klar, auf Formate wie die HR-Edge geht nur ein gewisses technologieaffineres Klientel, aber die Impulse, die davon ausgehen, strahlen aus.
Susanne Hagen: Na klar, die HR Edge war gespickt mit interessanten Zukunftsthemen – da nimmt wohl jeder Anregungen und Ideen mit. Ganz neu waren für mich zum Beispiel die 360 Grad Videos auf YouTube. Die Chancen für das Personalmarketing sind enorm. Ich bin gespannt, wie diese in den kommenden Monaten genutzt werden.
Martin Maas: Direkt neue Erkenntnisse waren es nicht, sondern vielmehr weitere Perspektiven auf Thesen und Themen rund um das Thema Candidate Experience und die damit verbundenen internen Stakeholder, die es zu berücksichtigen gilt. Der Vortrag von Peter M. Wald und Christoph Athanas hat dieses Thema sehr gut veranschaulicht.
Inga Rottländer: Ja, unter anderem wie Recruitainment den Recruitern Arbeit abnehmen und gleichzeitig zu einer besseren Kandidatenerfahrung im Bewerbungsprozess führen kann.
Crosswater Job Guide: Wo gibt es Handlungsbedarf in HR und welche Handlungsempfehlungen nehmen Sie von der HR Edge mit?
Joachim Diercks: Ich würde sagen a) mehr Mut, Dinge auszuprobieren, die noch nicht durch alle Wenns und Abers rundgeschliffen wurden und b) offener und unvoreingenommener gegenüber technischen Entwicklungen sein. Hier ist noch viel zu stark die Koalition aus Unwissenheit, Trägheit und Angst am Werk. Zum Beispiel haben auf der HR-Edge viele gemerkt, dass Virtual Reality gar keine Raketenwissenschaft sein muss. Das merkt man aber erst, wenn man es mal ausprobiert…
Susanne Hagen: Den aktuell größten Handlungsbedarf sehe ich ganz persönlich in der Candidate Experience. Diese so zu gestalten, dass die Arbeitgebermarke konsistent durch den Bewerbungsprozess und darüber hinaus spürbar bleibt, ist die Pflicht – aber noch eine Baustelle für viele Arbeitgeber.
Martin Maas: Es gilt für HR weiterhin, Licht in die Blackbox „Unternehmen“ zu bringen, die heute noch viele Bewerber vor sich haben, wenn sie sich über einen Arbeitgeber informieren beziehungsweise sich bei einem bewerben möchten. Auch wenn ich mich nicht gemeldet habe bei der Frage, wer denn von den Teilnehmern zahlenaffin sei, sollte sich HR in Summe dennoch zunehmend mit Zahlen rund um die eigenen Prozesse beschäftigen – dabei aber Innovationen im Blick behalten.
Inga Rottländer: Es ist nach wie vor ein Umdenken erforderlich, hin in Richtung Kandidatenorientierung, hin zum „Candidate First“-Prinzip. Das geht von der Ausschreibung einer Stelle über die Kommunikation einer Absage bis hin zum Onboarding und darüber hinaus. Das ist keine neue Erkenntnis, aber natürlich auch ein Prozess, der Zeit benötigt und daher längst nicht abgeschlossen ist.
HR Edge wird fortgesetzt
HR Edge sollte den Austausch über HR-Zukunftsthemen in einer After-Work-Atmosphäre ermöglichen. „Nicht nur die persönlichen Rückmeldungen vor Ort, sondern auch die Evaluation der Feedbackbögen zeigt eindeutig: Davon wollen die Leute gerne mehr“, erklärt Joachim Diercks. Die Frage nach einer Fortsetzung in 2016 beantwortet er mit einem klaren „ja“. Ein paar Kleinigkeiten würden im nächsten Jahr geändert werden, wie etwa „ein paar mehr Sitzmöglichkeiten schaffen“.
Über den Autor: Helge Weinberg ist Berater und Journalist aus Hamburg. Seine Agentur Strategie & Kommunikation ist spezialisiert auf Arbeitgeberkommunikation und Employer Branding. Über diese Themen schreibt er in seinem Blog (http://blog.helge-weinberg.de) sowie als Korrespondent Hamburg / Norddeutschland des „PR-Journals“ und Mitglied der Redaktion des Crosswater Job Guide.