LinkedIn: Jobbörse Bright wird für 120 Millionen Dollar übernommen
Von Gerhard Kenk, Crosswater Job Guide.
Das Business-Netzwerk LinkedIn greift tief in die Tasche und investiert 120 Millionen Dollar in die Übernahme der US-Jobbörse Bright. Der primäre Anreiz dieser Übernahme ist nicht das eigentliche Jobbörsen-Geschäfts, sondern die von Bright entwickelte Matching-Technologie und die Experten, die über dieses besondere Know-How verfügen.
27 Prozent des Kaufpreises wird bar bezahlt, der Rest in Aktien in Form eines Private Placement. LinkedIn geht davon aus, dass die Übernahme im ersten Quartal 2014 vollständig abgeschlossen wird, sofern die zuständigen Behörden keine Einwände erheben. Parker Barille, der zuständige LinkedIn-Manager, schreibt im Zusammenhang mit der Übernahme, dass mit der Bright-Akquisition insbesondere qualifizierte Experten der Big-Data-Matching-Technologie von LinkedIn übernommen werden.
LinkedIn ist mit rund 270 Millionen Mitgliedern eines der größten Business-Netzwerke und weltweiter Marktführer für Geschäftskontakte. im Geschäftsjahr 2013 verzeichnete LinkedIn einen Umsatz von 1,52 Milliarden Dollar und erwirtschaftete dabei einen Gewinn von 26 Millionen Dollar. Die bisher teuerste Firmenübernahme realisierte LinkedIn mit der Akquisition von Slideshare für knapp 119 Millionen Dollar. In Deutschland ist das Business-Netzwerk Xing, das mehrheitlich zur Burda Medien Gruppe gehört, Marktführer vor LinkedIn.
Deep Nishar, Senior Vice President, Products and User Experience formulierte die Übernahme so: „What LinkedIn does best is connect talent with opportunity at massive scale. By leveraging Bright’s data-driven matching technology, machine-learning algorithms and domain expertiser, we can accelerate our efforts and build out the Economic Graph“.
Natürlich findet der Gründer und CEO von Bright, Eduardo Vivas, ebenfalls nur Positives an der Übernahme: „We are excited to join LinkedIn because the company shares a similar vision and is equally obsessed about using data und algorithms to connect prospects and employers.“ Und mit einer Anleihe aus der Atomphysik vergleicht er die Job-Matching-Technologie so: „Finding a job should be easier than splitting an atom.“
Die optimistischen Pflicht-Äußerungen der Bright-Übernahme hinterließ an der Börse keinen nachhaltigen Eindruck, denn der LinkedIn-Aktienkurs fiel um 15% seines Kurswerts – ausschlaggebend waren die schwachen Geschäftsaussichten.
Die Wettbewerbs-Situation in Deutschland
Unter den Business-Netzwerken in Deutschland ist Xing die Nummer Eins – vor LinkedIn. Thomas Vollmoeller, CEO, teilte Mitte Januar mit, dass XING die Marke von 7 Millionen Mitgliedern in Deutschland, Österreich und der Schweiz überschritten hat. Rund 600.000 Mitglieder sind jeweils in Österreich und der Schweiz angemeldet. Weltweit haben sich 14,1 Mio. Nutzer registriert. XING verzeichnete darüber hinaus gemäß IVW im Dezember vergangenen Jahres 31,46 Millionen Visits – mehr als jemals zuvor. Davon entfällt ein Drittel auf die mobilen XING-Apps für das iPhone sowie Android-Geräte. Weltweit nutzen mehr als 14 Millionen die Xing-Plattform für Geschäft, Job und Karriere, davon über 7 Millionen im deutschsprachigen Raum. (LinkedIn kommt im Vergleich weltweit auf 270 Millionen Mitglieder). Das Unternehmen wurde 2003 in Hamburg gegründet, ist seit 2006 börsennotiert und seit September 2011 im TecDAX gelistet. Im Dezember 2010 hat XING die in München ansässige amiando AG übernommen, Europas führenden Anbieter von Online-Eventmanagement und -Ticketing. Mit dem Kauf von Kununu, der marktführenden Plattform für Arbeitgeberbewertungen im deutschsprachigen Raum, hat XING seine Position als Marktführer im Bereich Social Recruiting weiter gestärkt. In 2012 steigerte die Burda Mediengruppe ihre Beteiligung an Xing auf 59,2%
Die Matching-Technologie: Das Objekt der Begierde
LinkedIn ist nicht die erste und einzige Recruiting-Plattform, die die Bedeutung der Matching-Technologie für den eigenen Geschäftserfolg erkannt hat. Schon vor einiger Zeit hat die weltweit-agierende Karriere-Plattform Monster mit der Übernahme von 6Sense, dem Spezialisten für Semantische Technologie Schlagzeilen gemacht.
Monster’s Power Resume Search, fueled by 6Sense semantic search technology, enables employers to find the best candidates quicker by analyzing resumes as a hiring manager would, by reading resumes and evaluating skills, while understanding the depths of an individual’s experience in seconds instead of hours. Semantic search technology goes far beyond traditional keyword search, saving time and increasing productivity, allowing recruiters to see resumes in less time with unprecedented hiring efficiency by providing faster access to better qualified candidates.
Den Marketing-Experten von Monster ist es gelungen, die schwierige Thematik der Semantischen Suche in eindrucksvolle Video-Sequenzen umzusetzen. Selten zuvor hat die gelangweilte Gleichgültigkeit im Geschäftsleben von der Notwendigkeit des Search & Match überzeugt: http://findbetter.monster.com/#/a-better-way
Die Entwicklungsgeschichte von Monsters 6Sense Search & Match Technology ist auch aus einem anderen Gesichtspunkt wegweisend für die Strategie führender HR-Recruiting-Portale. Im Jahr 2008 übernahm Monster den auf Applicant Tracking System spezialisierten Software-Entwickler Trovix und blätterte die damals stolze Summe von 73 Millionen US-Dollar auf den Tisch. Es vergingen weitere zwei Jahre, bis Monster 2010 das neue Produkt „Power Search Resume“ ankündigte – allerdings zunächst nur für den US-Markt. Weitere zwei Jahre vergingen, bis die Software auch anderen Sprachen angepasst war. Deutschland-Chef Bernd Kraft kündigte die Verfügbarkeit der neuen Lebenslaufdatenbank-Technology im Januar 2012 an.
Semantische Suche – besonders im Bereich der wichtigsten Weltsprachen – ist ein Geschenk der Software-Experten. Bis es soweit ist, gleicht die Anpassung an die Stolpersteine der menschlichen Sprache eher einem Gang durch die Schlangengrube: Was ist ein Content Maximizer, worin besteht der Unterschied zwischen einem Sandwich Artist und einer Kaltmamsell, ist ein Key Accounter ein Kundenbetreuer, Verkäufer oder nur zuständig für die Verwaltung der Zutrittsberechtigungen?
Jakub Zavrel, Gründer und CEO des in Amsterdam residierenden Software-Entwicklers textkernel, weist im Interview anlässlich des Job Board Summit Europe 2013 auf die Rolle der Technologie-Prozesse hin: „Zunächst wird durch die neue Entwicklung das alte Geschäftsmodell der Jobbörsen, das mit “Post and Pray” oft abwertend umschrieben wird, gefährdet. Der Arbeitgeber bezahlt für die digitale Publikation von Stellenanzeigen in der Erwartung eines angemessenen Bewerbungseingangs, aber Jobbörsen können und werden dieses Ergebnis nicht garantieren. Der Recruiter als Kunde der Jobbörsen wünscht ein Geschäftsmodell “Pay for Hire”, also einen konkreten Leistungsnachweis von geeigneten Kandidaten. Zur Lösung dieses Erwartungskonflikts ist es notwendig, dass die Technologie-Prozesse optimiert werden, um die gewünschten und geeigneten Kandidaten zu finden. Das Matching von Anforderungsprofilen der Arbeitgeber mit den beruflichen Profilen der Kandidaten wird immer wichtiger.“
Weiterführende Links:
LinkedIn-Slideshare-Präsentation zur Bright-Übernahme:
http://de.slideshare.net/linkedin/welcome-bright-to-the-linkedin-family
Post vom Patent-Anwalt: Monster.com erwartet weiteres Patent für Semantische Such-Technologie
Monster Suchtechnologie, die den Recruiter versteht
HR-Technologie im Spannungsfeld des modernen Recruitings
Fingerhakln: XING gegen LinkedIn.
(Hinweis: Beachten Sie in diesem Artikel die Slideshare-Präsentation „The Bull & Bear Case for LinkedIn“
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